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Streaming-Tipp des Tages: Freiheit

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

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Freiheit (2017) - Trailer (deutsch)

Freiheit beginnt mit einem absoluten Tabubruch — filmisch, sowohl als auch gesellschaftlich: Eine Mutter (Johanna Wokalek) hat ihren Mann, die zwei Kinder, das geordnete Mittelstandsleben in Berlin ohne Vorwarnung verlassen, reist anonym durch Wien und Bratislava. Daheim gilt sie als vermisst.

Von Anfang an zieht sich das Motiv des Turmbaus zu Babel durch den zweiten Spielfilm von Jan Speckenbach (Die Vermissten): Das große gescheiterte Projekt schlechthin, trotz bester Absichten. Und wie sich in Freiheit die verschiedenen Handlungsstränge fortwährend umeinander schlängeln — Nora unterwegs, ihre Familie improvisierend in Berlin, der Fall eines Schwarzen, der ins Koma geprügelt wurde, eine glücklich verheiratete Mutter zweier Kinder, die hauptberuflich Live-Sex auf einer Bühne performt — hinterlässt zunehmend den Eindruck, dass auch unsere individuelle (und damit: gesellschaftliche) Suche nach Freiheit zum Scheitern verurteilt ist.

Jan Speckenbach nähert sich diesem Problem ohne jede Psychologie. Viel eher erinnert Freiheit zuweilen an Experimentalfilme, mit seinen Traumsequenzen und Überblendungen, dem Sprachwirrwarr ohne Untertitel, der fließenden Montage à la stream of consciousness. Dabei steht die ganze Zeit die Frage im Raum: Was genau soll Freiheit eigentlich sein? Und wenn wir sie uns nehmen — dann auf wessen Kosten?

Freiheit ist derzeit im Abo von Amazon Prime Video verfügbar. Außerdem zum Leihen und Kaufen auf Chili.

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