Das Wirtschaftswunder gehört zu den Wiederauferstehungsmythen, die den Deutschen seit Jahrzehnten die Erinnerung an die Mitte des 20. Jahrhunderts erträglicher machen. Aber entgegen vieler Annahmen entstand der damalige Aufschwung nicht aus eigener Kraft. Er war vielmehr das Werk des Marshall-Plans, von den USA 1947 beschlossen um die Ökonomie in Westeuropa schnell aufzubauen und so die Ausbreitung des Kommunismus zu verhindern.

Also sollten nicht nur fünf Milliarden US-Dollar fließen. Sondern auch die Grundsätze der freien Marktwirtschaft und des demokratischen Prinzips in den Köpfen verankert werden. Und welches Medium eignet sich besser für ideologische Nachhilfestunden als der Film? So drehten teils namhafte Regisseure wie Geza von Rádvanyi oder Humphrey Jennings zahlreiche Kurzfilme, die aktuell im Programm Die Filme des Marshall-Plans: Werbung für den Aufschwung West vom Berliner Zeughauskino online verfügbar gemacht werden.

Als trockene Lehrstunde muss man sich das Ganze glücklicherweise nicht vorstellen. Wenn die Filme doch mit einer klaren Intention und Botschaft versehen sind, so inspirierte die kurze Form doch einige Filmemacher zu besonderer Poesie oder spannenden Formexperimenten. Der Kurzfilm City Out Of Darkness von Max Diekhout etwa feiert den Wiederaufbau der Westberliner Stromwerke und die Szenen der dunklen Stadt, die langsam wieder erstrahlt, würden glatt als Film noir durchgehen. Oder der französische Eine Rettungsgeschichte von Jaques Asseo, der aus dem Marshall-Plan eine beschwingte Zeichentrickfabel macht. Oder The Good Life von Humphrey Jennings und Graham Wallace, der eine Bilanz über den Gesundheitszustand im Nachkriegseuropa aufstellt und dabei Impfkampagnen in griechischen Dörfern ebenso zeigt wie das enge Zusammenleben in römischen Neubauten. Eine faszinierende Zeitkapsel.

Die Filme der Reihe Die Filme des Marshall-Plans: Werbung für den Aufschwung West sind bis auf weiteres auf der Website des Zeughauskino zum Streamen verfügbar.