Es dauerte lange 40 Jahre, von 1971 bis 2012, bis diese Geschichte sich von Milo Dors Buch auf die Leinwand bewegte: Als erst zweiter Film des jungen Regisseurs Hüseyin Tabak, der vorher mit Deine Schönheit ist nichts wert eine sensationelle Abschlussarbeit an der Filmakademie Wien gemacht hatte. Auch dieser Film erzählt von einem Außenseiter, dem zehnjährigen Mika, einem „Querkopf“, wie seine Mutter sagt, der sein Essen pünktlich jeden Tag zur gleichen Uhrzeit braucht, überhaupt einen Alltag mit klaren Strukturen und Ritualen. Das sorgsam geschaffene Gefüge des leicht autistischen Jungen wird ziemlich über den Haufen geworfen, als er auf dem Nachbarbalkon seines Mietshauses auf einmal ein Rennpferd sieht. Wie ist das dahin gekommen?

Das Rennpferd Bucephalus (Der schwarze Hengst lässt schön grüßen) hat es Mika angetan, der sich in der Nähe des Tiers gut aufgehoben fühlt – und deshalb, findet er, darf sein Besitzer Sascha es keinesfalls zum Schlachter bringen. Wenn der nur nicht so riesige Geldprobleme hätte … Das Pferd auf dem Balkon, von Tabak vollständig in die Gegenwart des Jahres 2012 transferiert, trägt seine größte Überraschung zwar schon im Titel, spart aber dann auch nicht mit Windungen und Wendungen in der Handlung. Am Ende findet sich vieles, und das Gefüge der Menschen rund um Mika und seine Mutter setzt sich neu zusammen, gelegentlich hat man gar das Gefühl, dass Mika nun die Nähe anderer leichter ertragen kann: Ein wenig märchenhaft wird es also schon, ohne je ins Kitschige zu driften, aber das passt für einen Film, der nie so recht aufklären möchte, wie das Pferd, bitteschön, eigentlich auf den Balkon kam.

FSK 0, empfohlen ab 7 Jahren

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