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Lasst die Brötchen tanzen! - Eine kleine Charlie-Chaplin-Hommage

Ein Beitrag von Andreas Köhnemann

Charles Spencer Chaplin jr., besser bekannt als Charlie Chaplin, geboren am 16. April 1889 in Großbritannien, starb vor nunmehr 45 Jahren am 25. Dezember 1977 in der Schweiz. Er war Schauspieler, Regisseur, Drehbuchautor, Produzent, Cutter, Komponist – kurz gesagt: ein Allround-Künstler des Kinos.

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Charlie Chaplin
Charlie Chaplin

Ob als tollpatschiger Trunkenbold, liebevoller Vagabund, gestresster Fließbandarbeiter oder größenwahnsinniger Herrscher: Chaplin brachte die Leute zum Lachen, Weinen, Nachdenken – und vermag sie auch heute noch dazu zu bringen. Während seiner 54-jährigen Kinokarriere drehte er mehr als 80 Filme; über 60 davon schon vor seinem 30. Geburtstag.

Chaplins Eltern trennten sich, als er noch ein Kleinkind war; gemeinsam mit seinem älteren Halbbruder (und späteren Manager) Sydney wuchs er bei der Mutter in London in ärmlichen Verhältnissen auf. Als Hannah Chaplin, geborene Hill, ihrem Beruf als Music-Hall-Performerin nicht mehr nachgehen konnte, folgten immer wieder Heimaufenthalte. Das Schicksal Chaplins wendete sich jedoch zum Besseren, als er erste Jobs beim Varieté und beim Theater bekam. Rasch avancierte er in seiner Heimat zum Bühnenstar – bis er während einer Tournee durch die Vereinigten Staaten ein Angebot aus Kalifornien bekam und so bei der Filmproduktionsgesellschaft Keystone Studios landete.

Hier trat der Komiker in zahlreichen Stummfilmkomödien auf und entwickelte seine legendäre Tramp-Rolle: mit Zweifingerbart und Melone, einer zu kleinen Jacke, zu weiten Hose und zu großen, ausgelatschten Schuhen spielte er sich in die Herzen des Publikums. Zudem eignete er sich in kurzer Zeit das kinematografische Handwerk an, um die vollständige künstlerische Kontrolle über seine Arbeit zu haben. Mehrmals wechselte er die Filmgesellschaft und konnte dabei stets günstigere Bedingungen für sich erzielen. Zu den Slapstick-Comedy-Meisterstücken dieser Zeit zählt beispielsweise Ein Uhr nachts (One A.M., 1916), in welchem Chaplin virtuos-akrobatisch den Bezechten gab, der mit Autotüren, Aquariengläsern, rutschigen Teppichen, Drehtischen und Klappbetten zu kämpfen hat.

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In seinem ersten Langfilm The Kid (1921) kombinierte Chaplin das Komische mit sozialdramatischen Elementen: Ein mittelloser Mann findet ein ausgesetztes Kind und zieht es auf. Zusammen mit dem bemerkenswerten Jungschauspieler Jackie Coogan schuf er sowohl lustige als auch hochemotionale Momente.

Bereits im Jahre 1919 hatte Chaplin mit Douglas Fairbanks, Mary Pickford und D. W. Griffith United Artists gegründet. Im Verleih dieses Unternehmens entstand eine Reihe von Filmen, die zu großen Klassikern des Lichtspiels werden sollten. So etwa die Tragikomödie Goldrausch (The Gold Rush, 1925), in welcher sich Chaplins Tramp-Figur Ende des 19. Jahrhunderts nach Alaska auf die Suche nach Gold begibt. Die (im Studio nachgebaute) eisige Bergwelt ist eine ungewohnte Kulisse für ein Abenteuer des Tramps: Er wird mit Kälte, Hunger und sogar mit einem Grizzlybären konfrontiert. Neben Chaplins Einlage als übergroßes Brathuhn und der irrwitzigen Sequenz, in der eine Hütte vom Sturm über den Rand einer Klippe geweht wird, haben sich insbesondere zwei Passagen ins kollektive Gedächtnis eingeschrieben: zum einen das genüssliche Verspeisen eines gekochten Schuhs – und zum anderen der wunderbare Brötchentanz.

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Auch in Lichter der Großstadt (City Lights, 1931) finden sich unvergessliche Chaplin-Momente – zum Beispiel der chaotische Boxkampf oder das Spaghetti-Essen, das durch eine Luftschlange erheblich erschwert wird. Der Film erzählt davon, wie sich der Tramp in ein blindes Blumenmädchen verliebt, das ihn für einen Millionär hält.

Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise veranlassten Chaplin dazu, in Moderne Zeiten (Modern Times, 1936) den Wahnsinn der Industrialisierung zu visualisieren. Als Fabrikarbeiter am unaufhörlich laufenden Fließband sowie als Versuchskaninchen für eine neuartige Maschine zeigte sich der Schauspielkünstler in Hochform.

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Chaplin sang in Moderne Zeiten ein herrliches Nonsens-Lied – in Der große Diktator (The Great Dictator, 1940) fing er schließlich an zu sprechen und hielt gleich zwei große Reden: einmal in fiktionaler Sprache als Adolf-Hitler-Parodie „Adenoid Hynkel“, und einmal als jüdischer Barbier, der zu Toleranz aufruft.

Da Chaplin der Nähe zum Kommunismus verdächtigt wurde, verweigerte man ihm 1952 nach einem Kurzaufenthalt in England die Wiedereinreise in die Vereinigten Staaten. Er zog mit seiner Familie in die Schweiz und setzte seine Arbeit als Schauspieler und Regisseur mit zwei weiteren Filmen in England fort; überdies komponierte er neue Musik zu seinen alten Filmen. 1972 kehrte Chaplin noch einmal in die USA zurück, um für sein Lebenswerk den Ehrenoscar (sowie einen zwölfminütigen Applaus) entgegenzunehmen.

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20 Jahre später kam es zu einer weiteren Würdigung Chaplins als Person und Künstler: Das Biopic Chaplin (1992) von Richard Attenborough basiert auf dem Buch Chaplin: Sein Leben, seine Kunst von David Robinson sowie auf der 1964 veröffentlichten Autobiografie Chaplins. Robert Downey jr. interpretierte die Filmikone; Chaplins Tochter Geraldine (die als erstes von acht Kindern aus Chaplins vierter und letzter Ehe mit Oona O’Neill hervorgegangen war) verkörperte ihre eigene Großmutter Hannah. Das Werk zeigt Chaplins Kindheit und Jugend, seine Karrierestationen, sein turbulentes Liebesleben sowie seine Haltung zum Weltgeschehen.

An einer Stelle in Chaplin sagt der Protagonist den schönen Satz, er sei kein Kommunist, sondern Humanist. In seinen Filmen wagte es der Komiker als Underdog-Figur immer wieder, sich mit (vermeintlichen) Autoritätspersonen anzulegen. Am besten trifft es womöglich der britische Schriftsteller John Boynton Priestley, der Chaplin einmal als „a genial and gentle anarchist“ beschrieb. Ein Hoch auf die sanfte Anarchie!

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