zurück zur Übersicht
Specials

Jahresrückblick: #BlackLivesMatter

Ein Beitrag von Redaktion

Nachdem die weltweiten Proteste abflauen und die schwarzen Quadrate aus Instagram verschwinden, geht die Arbeit weiter: Wir haben zahlreiche Ressourcen zusammengetragen, die über die Arbeit Schwarzer Filmemacher*Innen und den Rassismus in der Filmgeschichtsschreibung informieren.

Meinungen
Da 5 Bloods / What You Gonna Do When The World's On Fire? / Horror Noire
Da 5 Bloods / What You Gonna Do When The World's On Fire? / Horror Noire

Nach dem gewaltsam durch einen Polizisten verursachten Tod von George Floyd brach sich im Mai diesen Jahres viel endlos angestaute Wut Bahn, auf der ganzen Welt fanden Demonstrationen statt und das #BlackLivesMatter-Movement übernahm das Internet. Einer der Nebenschauplätze war die Social-Media-Platform Instagram, wo schwarze Quadrate die Feeds fluteten — und den Hashtag #BlackLivesMatter, der eigentlich dafür genutzt wird zu informieren und Aktionen zu organisieren. Eine praxisnahe Lektion darin, wie reine Symbolpolitik trotz aller guter Absichten gelegentlich droht die handfeste politische und soziale Arbeit von Aktivist*Innen beiseite zu wischen.

Auch wenn inzwischen wieder andere Themen die Berichterstattung beherrschen: Die Arbeit hört nicht auf. Es gilt, weiter Ressourcen zu sammeln, sich weiterzubilden, wach zu bleiben, wenn nötig den Mund aufzumachen. Filme können uns zumindest ansatzweise die Perspektiven derer aufzeigen, die täglich von rassistischen Anfeindungen betroffen sind und uns so — hoffentlich — für das Problem sensibilisieren. Deswegen haben wir hier 9 Filme zusammengetragen, die einen guten Anfang bilden.

 

5 weitere Film-Tipps zum Thema:

  • Filmstill zu Da 5 Bloods (2020) von Spike Lee
    Da 5 Bloods (2020) von Spike Lee

    Da 5 Bloods von Spike Lee

    In dem Kriegsdrama kehren vier afroamerikanische Veteranen auf der Suche nach den Überresten ihres Gruppenführers und einem Schatz nach Vietnam zurück.

    Aus unserer Kritik: „Zentrales Thema von Da 5 Bloods ist die Schuld, die der Vergangenheit Amerikas und seiner Einwohner entwächst: Schwarze Soldaten kämpften und starben im Sezessionskrieg für das Versprechen auf Freiheit, Landbesitz und Nutztiere (daher auch der Name von Lees Produktionsfirma 40 Acres and a Mule Filmworks) – nichts davon bekamen sie. Schwarze Soldaten kämpften und starben im Zweiten Weltkrieg – und wurden weiterhin strukturell diskriminiert.“

  • Filmstill zu Horror Noire: A History of Black Horror (2019) von Xavier Burgin
    Horror Noire: A History of Black Horror (2019) von Xavier Burgin

    Horror Noire: A History of Horror von Xavier Burgin

    Xavier Burgins Dokumentarfilm zeichnet die wechselvolle Geschichte schwarzer Repräsentation im Horrorfilm nach, von den frühen Hollywood-Horrorfilmen, über die Blacksploitation-Filme bis zu aktuellen Werken.

    Aus unserer Kritik: „Zu den Stärken von Horror Noire zählt, dass er sich den besprochenen Filmen stets kritisch nähert. Die Blaxploitation-Welle der 1970er Jahre mag kultige Bilder und Figuren hervorgebracht haben, war aber – wie die Bezeichnung Blaxploitation schon nahelegt – auch eine Ausbeutung vermeintlich schwarzer Themen, um mit möglichst geringem Aufwand schnelles Geld zu machen.“

  • Bild zu What You Gonna Do When the World's on Fire? von Roberto Minervini
    What You Gonna Do When the World's on Fire? von Roberto Minervini - Filmbild 1

    What You Gonna Do When The World’s On Fire? von Roberto Minervini

    Im Sommer 2017, als eine Reihe von durch Polizisten verursachte Todesfälle die USA erschüttern, ist Robert Minervini in einer kleinen afroamerikanisch geprägten Gemeinde im Süden unterwegs und beobachtet die Menschen bei ihrem alltäglichen Kampf.

    Aus unserer Kritik: „Minervini kommt den Geschehnissen unglaublich nah. So nah, dass man sich fragt, wie viel Zeit er dort verbracht haben muss, um – gerade als weißer Regisseur – derartiges Vertrauen zu gewinnen. Gänzlich verzichtet er auf Totalen, auf Kommentare, Texttafeln und ähnliche Einordnungen. Stattdessen Nahaufnahmen, Halbnahen, Details, hinschauen und zuhören…“

  • I Am Not Your Negro von Raoul Peck
    I Am Not Your Negro von Raoul Peck

    I Am Not Your Negro von Raoul Peck

    Eine Montage aus James Baldwins unvollendetem Buch Remember this House und medialen Bildern, die Rassismus, Identität, Geschichte, kollektive Leugnung und Scham erforscht.

    Aus unserer Kritik: „Es ist das große Anliegen dieses Films, zu zeigen, dass es immer mehr als eine Geschichte gibt, aber schwarze Geschichtsschreibung im Mainstream keinen Platz hat. Stattdessen dominiert die Geschichte der Sieger, der Mächtigen, die immer die Weißen sind. Alles andere wird als Fußnote behandelt. Aber diese Geschichten sind genauso wichtig, sie müssen bekannt sein. Dabei erweisen sich Baldwins Analysen der 1960er Jahre noch heute als ungemein aktuell…“

  • "The Watermelon Woman" von Cheryl Dunye
    "The Watermelon Woman" von Cheryl Dunye

    „The Watermelon Woman“ von Cheryl Dunye

    Die Regisseurin selbst spielt in ihrer queeren RomCom eine Filmemacherin, die versucht eine Doku über eine Schwarze Schauspielerin der 1930er Jahre zu drehen, die unter dem Namen „Watermelon Woman“ bekannt war. Derweil beginnt sie eine Affäre mit einer weißen Frau.

    The Watermelon Woman ist nicht nur ein instant classic, weil er als erster Spielfilm einer lesbischen Schwarzen Frau gilt. Cheryl Dunye setzt darin auch all den Schwarzen Schauspielerinnen ein Denkmal, die in Hollywood auf die typischen „Mammy“-Rollen festgelegt waren und sie oft spielten, ohne dafür im Abspann einen Credit zu erhalten. Über die heute kaum Archivmaterial erhalten ist, aus dem wir ihre Geschichten erfahren könnten.“

 

Auch die Filmgeschichtsschreibung hat ein Rassismusproblem: Seit den Stummfilmzeiten wird das Schwarze Kino zumeist ignoriert oder in Nischen gepackt. Unsere Gastautorin Caritia Abell hat uns deswegen mit auf eine Reise genommen, um ein Kino der New Black Excellence kennenzulernen.

Und in Deutschland? Kurz nach dem rechtsextremen Anschlag von Hanau analysierte unsere Kolumnistin Olga Galicka, wie auch die deutsche Film- und Medienlandschaft zu der Tragödie beigetragen hat. Die traurige Wahrheit: „Blickt man auf die Liste deutscher Film- und Fernsehneuerscheinungen 2019 und 2020, so muss man lange nach Darstellungen (post-)migrantischer Erfahrung suchen. Und was man findet, arbeitet vielmehr daran, Orte wie Shisha-Bars oder migrantendominierte Viertel in deutschen Städten als Fremdkapital einzustufen, anstatt sie Teil unserer Gesellschaft sein zu lassen.“

Noch ein Kinnhaken, den uns das Jahr verpasst hat: Am 28. August ist unerwartet Chadwick Boseman an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben. Er hatte spätestens in seiner Rolle des King T’Challa in Black Panther Weltruhm erlangt. Wir verabschiedeten uns mit einem Nachruf und rufen: Wakanda Forever!

Chadwick Boseman als "Black Panther"; Marvel Studios
Chadwick Boseman als „Black Panther“; Marvel Studios

In unserer Textereihe Gestreamt haben wir uns in diesem Jahr systematisch durch das komplette Schaffen zahlreicher Filmemacher*innen gewühlt, deren komplette Filmographie online steht. Pro Ausgabe sammeln wir alle im Stream verfügbaren Filme, geben eine kurze inhaltliche Zusammenfassung und ordnen sie ins Gesamtwerk ihrer Schöpfer*Innen ein. Eine wunderbare Gelegenheit, um Retrospektiven auf dem heimischen Sofa zu veranstalten — beispielsweise zum Schaffen von Altmeister Spike Lee, zur Box-Office-Göttin Ava DuVernay oder Geheimtipp Amma Asante.

Meinungen