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Gestreamt: Denis Villeneuve

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

Endlich ist Dune da! Anlässlich des Kinostarts am 16. September widmen wir uns einer Privatretrospektive von Denis Villeneuves Karriere. Denn von seinen frühen Kurzfilmen bis hin zu Blade Runner 2049 ist das meiste von ihm im Stream verfügbar.

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Arrival/Sicario/Blade Runner 2049
Arrival/Sicario/Blade Runner 2049

Eigentlich sollten wir uns gerade mental auf den Kinostart von Dune vorbereiten. Aber nix da — der Film wurde auf Oktober 2021 verschoben. Die Pandemie ist schuld. Immerhin ist aber ein Großteil der übrigen Filme von Denis Villeneuve online verfügbar und wir nutzen die Zeit, um uns noch einmal seine früheren Arbeiten, seinen Stil und seine Themen zu vergegenwärtigen.

Gage Skidmore - CC BY-SA 3.0
Gage Skidmore — CC BY-SA 3.0

Denis Villeneuve wurde 1967 in einem Dorf in der kanadischen Provinz Québec geboren. Schon als Kind entwickelte er eine Vorliebe für Science-Fiction-Comics und drehte seine ersten Kurzfilme noch während der Schulzeit. Seine Karriere begann nach einem Filmstudium in Montréal als Assistent bei Dokumentarfilmprojekten. Villeneuve drehte zahlreiche Kurzfilme und Musikvideos und gab schließlich 1998 sein Spielfilmdebüt mit Der 32. August auf Erden. Trotz einiger Preise war er mit seinen frühen Werken jedoch nicht vollends zufrieden und zog sich für einige Jahre vom Filmemachen zurück.

Gute 20 Jahre später gilt Denis Villeneuve als einer der maßgeblichsten Auteurs unserer Zeit. Als einer der wenigen Regisseure erhält er stattliche Budgets für Filme, die als Mischung aus Genre und Arthouse nicht gerade die ganz großen Dollars einspielen und hat sich eine internationale Fanbase erarbeitet. Science-Fiction und Melodrama, Thriller, Fantasy — Villeneuve ist in allen Genres zuhause und obwohl seine Filme hochgradig stilisiert sind, fällt es so gelegentlich schwer seinen Stil exakt zu definieren.

Gemein ist Villeneuves Filmen aber ohne Zweifel, dass in ihrem Mittelpunkt Einzelgänger stehen, die auf der Suche sind: Nach sich selbst oder einem anderen Menschen, nach Antworten auf drängende Fragen. Auf ihrem Weg fällt es ihnen (häufig zurecht) schwer anderen zu vertrauen, und selbst ihre Umwelt scheint es ihnen schwer zu machen. Villeneuves Filme sind häufig dunkel, meist herrscht unwirtliches Wetter. Er spielt mit tiefen Schatten, mit hart umrissenen Silhouetten und Unschärfen. Mit dem ständigen Verweis auf die Gewalt und Ungerechtigkeit, die sich gerade höchstwahrscheinlich außerhalb unseres Blickfeldes abspielt, hält er sein Publikum bei der Stange und flößt ihm ein zutiefst existenzielles Unwohlsein ein. Dagegen helfen auch die eleganten Kamerafahrten und Drone-Shots nicht. Erlösung ist meist nicht zu erwarten — nur Akzeptanz ob der Dinge, die man selbst nicht zu ändern vermag.

 

Denis Villeneuves Filme im Stream:

 

Terre des Hommes (1991)

Einen seiner ersten professionellen Kurzfilme drehte Denis Villeneuve 1990 für das Projekt „La course Europe-Asie“ von Radio-Canada: Eine essayistisch-experimentelle Erforschung des Alltagslebens einer Familie von Yak-Hütern in Tibet. Der lange online nicht verfügbare Kurzfilm wurde erst kürzlich von Fans wieder ausgegraben, die feststellten, dass Villeneuve darin das Stück „Trip to Arrakis“ von Toto verwendet, das auch in David Lynchs Dune zu hören ist.

Verfügbar auf: YouTube

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REW FFWD (1994)

1994 drehte Denis Villeneuve für das National Film Board of Canada einen Kurzfilm über einen jungen Fotografen, der für einen Auftrag nach Jamaika geschickt wird und dort einen Kulturschock erlebt. Eingebettet ist das Ganze jedoch in eine Rahmenhandlung, die unsere Erinnerungen, Verdrängungen und Traumata reflektiert. Die Linse letztlich, durch die wir die Welt in unserer ganz eigenen Verzerrung wahrnehmen.

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Cosmos (1996)

Mit Cosmos entstand 1996 ein Anthologiefilm, der sich aus sechs Kurzfilmen von aufstrebenden Regisseuren aus Québec zusammensetzte. Das verbindende Element ist Cosmos (Igor Ovadis), ein griechischer Einwanderer, der in Montréal als Taxifahrer arbeitet und dabei auf die verschiedensten Typen stößt: Ein junger Mann, der auf das Ergebnis seines HIV-Tests wartet, ein Serienmörder, der sein nächstes Verbrechen plant, eine Anwältin mit neuen Brustimplantaten. Das Kapitel von Denis Villeneuve trägt den Titel Le Technétium und erzählt von einem nervösen Filmregisseur auf dem Weg zu einem Fernsehinterview.

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Next Floor (2008)

Während die Produktion von Denis Villeneuves Film Polytechnique (der derzeit leider online nicht verfügbar ist) eine Pause einlegen musste, realisierte der Regisseur den Kurzfilm Next Floor, in dem elf Menschen an einem luxuriösen Bankett teilnehmen. Doch das Ganze wirkt wie direkt einem Alptraum entsprungen, wie semi-zivilisierte Völlerei, abstoßend. Canal+ zeichnete den Kurzfilm im Programm des Festivals in Cannes 2008 aus, er sei ein exzellenter Kommentar auf den menschlichen Konsumerismus.

Verfügbar auf: Zum Kaufen auf Amazon und iTunes

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Die Frau, die singt — Incendies (2010)

Das Drama in Villeneuves Oeuvre: Zwei Geschwister folgen dem letzten Willen ihrer Mutter und begeben sich in deren Heimat im Nahen Osten, um dort zwei Briefe zu übergeben. Sie treffen völlig unvorbereitet auf neue Familienmitglieder, auf eine Dorfgemeinschaft im scheinbar ewig währenden Kriegszustand, aber auch auf bedingungslose Liebe und die Wurzeln ihrer eigenen Identität. Für den Oscar als Bester Fremdsprachiger Film reichte es für Die Frau, die singt — Incendies am Ende doch nicht ganz, die Wucht, mit der das Drama aber Fragen nach dem Schicksal, nach Schuld und Vergebung stellt, lassen einen trotzdem nicht mehr so schnell los.

Verfügbar auf: Im Abo von Mubi; Zum Leihen und Kaufen auf iTunes, Pantaflix und Chili

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Rated R for Nudity (2011)

Ein weiterer Kurzfilm im Auftrag des National Film Board of Canada: In Rated R for Nudity ließ Denis Villeneuve 2011 seinen inneren Experimentalfilmemacher heraus und meditierte mithilfe der Montage und fetter Zwischentitel über das Thema der Massenhypnose. Buchstäblich zwischen den Zeilen entpuppt sich das Ganze aber auch als eine Feier der hypnotischen Kraft des Kinos — von Ingmar Bergman bis Steven Spielberg.

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Enemy (2013)

Innerhalb nur eines Jahres, 2013 nämlich, brachte Denis Villeneuve gleich zwei intensive Thriller mit Jake Gyllenhaal heraus, die alle gern verwechseln und mit denen er sich für das große Hollywoodkino qualifizierte. In Enemy spielt Gyllenhaal einen Geschichtslehrer namens Adam Bell, der von seinem Leben gelangweilt ist, bis er einen Film sieht, in dem der Hauptdarsteller haargenau so aussieht wie er. Als eine atmosphärische Mischung aus Stanley Kubrick, David Lynch und David Cronenberg wird der Film gern beschrieben: vor der Kulisse der leblosen Betonwüste Toronto entspinnt sich ein spannendes Spiel um Identitäten, um Symbole und die eigene Zerrissenheit, das definitiv mehr daran interessiert ist Fragen zu stellen als sie zu beantworten.

Verfügbar auf: Im Abo von Freenet Video, Rekuten TV und im Arthouse-CNMA-Channel auf Amazon; bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe und zum Kauf.

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Prisoners (2013)

In Prisoners verkörpert Gyllenhaal einen Detective, der im Fall einer Kindesentführung ermittelt. Dem Vater des verschwundenen Mädchens (Hugh Jackman) läuft das aber ganz und gar nicht schnell genug. Trotz der zweieinhalbstündigen Laufzeit erfreut sich Prisoners einer beneidenswerten Spannungskurve. Zum Einen mag das an den perfekten Bildern von Kameramann Roger Deakins liegen. Zum Anderen liegt es daran, wie gekonnt Villeneuve moralische Konflikte skizziert und seine Figuren so nah an den Abgrund führt, bis wir Zuschauer gar nicht anders können, als uns mit unseren eigenen Verlustängsten zu konfrontieren, unser potentielles Tun zu hinterfragen.

Verfügbar auf: Im Abo von Netflix und Amazon Prime Video; bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe und zum Kauf.

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Sicario (2015)

Kate Mercer (großartig: Emily Blunt) kommt neu in eine Task Force, die im Grenzgebiet zwischen den USA und Mexiko einem Drogenbaron nachspürt. Im Korruptionssumpf ist es schwer den Überblick zu behalten, denn schnell ist klar: Mindestens einer der Kollegen hat sich schmieren lassen. Mit Sicario legte Denis Villeneuve 2015 eine ziemlich harte, ja aggressive Gangart ein. Von Anfang an fühlt es sich an, als seien seine Figuren im Krieg. Erzählt aus der unzuverlässigen Perspektive des Neuzugangs im Team kommen aber auch die melodramatischen Töne nicht zu kurz: Villeneuve befasst sich mit Moral, mit der Frage welche Mittel in einem aussichtslos scheinenden Kampf gerechtfertigt sind.

Verfügbar auf: Im Abo von Joyn und Amazon Prime Video; bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe und zum Kauf.

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Arrival (2016)

In der Verfilmung einer Kurzgeschichte des bekannten Autoren Ted Chiang spielt Amy Adams eine Linguistin, die gemeinsam mit einem Physiker (Jeremy Renner) vom Militär gebeten wird Kontakt mit Außerirdischen aufzunehmen, die plötzlich überall auf der Welt in riesigen linsenförmigen Raumschiffen über dem Boden schweben. Lange Zeit ist nicht klar, ob es sich bei den Wesen um Freunde oder um Invasoren handelt. Denis Villeneuve nimmt das so ähnlich schon häufig gesehene Science-Fiction-Szenario in Arrival zum Ausgangspunkt, um über den Zusammenhang von Sprache und Denken zu kontemplieren. In seiner eleganten Inszenierung verknüpft er dabei geschickt das große Ganze mit einem berührenden Einzelschicksal.

Verfügbar auf: Im Abo von Joyn; bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe und zum Kauf.

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Blade Runner 2049 (2017)

In Blade Runner 2049 versuchen die letzten auf der Erde verbliebenen Menschen verzweifelt ihren Status als Krone der Schöpfung zu behaupten. Denis Villeneuve entwirft in seiner Fortsetzung des Science-Fiction-Klassikers von Ridley Scott die dystopische Variante des melting pots und denkt konsequent die von Scott entwickelte Welt weiter: Die Stadtteile gleichen Müllkippen, obsolete Firmen wie Atari oder Pan Am werden im großen Stil beworben und an allen Ecken prangen mexikanische Schriftzüge, chinesische, koreanische, arabische, russische Schriftzeichen in grellen Neonfarben. Aber die Macht konzentriert sich nach wie vor bei den Weißen, die sich Wesen nach ihrem Ebenbild erschaffen. Eines davon ist K (Ryan Gosling), ein auf absolute Folgsamkeit hin programmierter Replikant im Dienste des LAPD, der potentiell rebellische Replikanten früherer Generationen aufspüren und ausschalten soll. Der umwerfende Gigantismus von Villeneuve und Kameramann Roger Deakins lässt schon vermuten, was uns früher oder später auch in Dune erwartet.

Verfügbar auf: Im Abo von Netflix, Joyn und Amazon Prime Video; bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe und zum Kauf.

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