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Specials

Das sind die Berlinale-Gewinner 2021

Ein Beitrag von Christian Neffe

Am Freitag wurden die GewinnerInnen der 71. Berlinale gekürt. Wir haben die Liste der PreisträgerInnen noch einmal kompakt zusammengefasst und verraten, wie sie unsere RezensentInnen fanden.

Meinungen
Goldener Bär und Silberne Bären - Berlinale
Goldener Bär und Silberne Bären - Berlinale

Wettbewerb

  • Goldener Bär — Bester Film: Bad Luck Banging or Loony Porn von Radu Jude

    Aus unserer Kritik: „Einen ‚Entwurf für einen populären Film‘ nennt Radu Jude selbst diesen räudigen Bastard von einem Film — und trifft damit genau das Lebensgefühl vieler Menschen zu Zeiten einer Pandemie: Es ist gerade nicht die Zeit für das über alles erhabene Meisterwerk. (…) Und wenn diese Welt gerade in ihre Bestandteile zerfällt, dann sind Improvisation und Wut auf die bestehenden Verhältnisse sicherlich nicht die schlechtesten Begleiter in dem anstehenden Überlebenskampf.“ (Joachim Kurz)
     
    „Bad Luck Banging or Looney Porn“ (c) microFilm

     
  • Silberner Bär — Großer Preis der Jury: Wheel of Fortune and Fantasy von Ryusuke Hamaguchi

    Aus unserer Kritik: „Es ist weniger das offen Gesagte und Gezeigte, das an Hamguchis Film interessiert, denn das glaubt man (…) bereits zu kennen. Vielmehr drückt er mit dem Ausgesparten, den unterbrochenen Annäherungen und der vermiedenen Konfrontationen eine tiefe Sehnsucht nach Nähe und Verständnis seiner Protagonisten aus, die in einem Netz aus Konventionen gefangen zu sein scheinen.“ (Teresa Vena)
     
  • Silberner Bär – Preis der Jury: Herr Bachmann und seine Klasse von Maria Speth

    Inhalt: Wo ist ein Mensch zu Hause? In der wechselvollen Geschichte der hessischen Stadt Stadtallendorf haben Fremde sowohl Ausgrenzung als auch Integration erfahren. Heute hilft dort der engagierte und empathische Lehrer Dieter Bachmann seinen Schüler*innen, sich zumindest so zu fühlen als wären sie zu Hause.
     
  • Silberner Bär — Beste Regie: Dénes Nagy für Natural Light

    Aus unserer Kritik: In einer einnehmenden Atmosphäre zeigt er, was der Krieg vom Menschen übrig lässt. Dann, wenn er sie in einen Status versetzt, in dem jede Ideologie lächerlich erscheint, jede Überzeugung durch Überlebenswillen ersetzt wurde. Damit gelingt es dem Film, der auf einem kleinen Ausschnitt des gleichnamigen 600-Seiten starken Romans von Pál Závada basiert, ein nachhaltigeres Gefühl zu hinterlassen als es eine plakativere Rhetorik je könnte.“ (Arabella Wintermayr)
     
  • Silberner Bär — Beste Darstellerin: Maren Eggert in Ich bin dein Mensch

    Aus unserer Kritik: „Klugerweise in der Gegenwart angesiedelt, ist in jeder Einstellung dieses Films sowohl Leichtigkeit als auch Ernsthaftigkeit zu erkennen – und genau das steckt bereits in der Überlegung, was passieren würde, wenn man wirklich den perfekten Partner hat. Jemanden, der jeden Wunsch erkennt und erfüllt, der jedes Bedürfnis stillt, ehe man es ausgesprochen hat.“ (Sonja Hartl)
     
    „Ich bin dein Mensch“ (c) Letterbox Filmproduktion

     
  • Silberner Bär — Beste Nebendarstellerin: Lilla Kizlinger in Forest — I See You Everywhere

    Inhalt: Sieben fugenartig komponierte Miniaturen, hypnotisch und erratisch, scheinbar harmlos zu Beginn, dann zunehmend intensiver. Am Ende kulminieren sie zu einem Psycho-Kaleidoskop.
     
  • Silberner Bär — Bestes Drehbuch: Hong Sangsoo für Introduction

    Aus unserer Kritik:Introduction hat zweifellos einige schöne Momente voller Zärtlichkeit und Komik — und doch fällt der Film gegenüber vielen anderen Werken des Südkoreaners erheblich ab. So recht mag sich die Geschichte nicht zusammenfügen, die Episoden wirken seltsam unverbunden und erinnern derart unverblümt an andere aus vorherigen Filmen, dass das Ganze wie notdürftig von einer wenig überzeugenden Geschichte zusammengehalten wird.“ (Joachim Kurz)
     
  • Silberner Bär — Herausragende Künstlerische Leistung: Yibrán Asuad für die Montage von A Cop Movie

    Aus unserer Kritik: „Alonso Ruizpalacios macht nicht den Fehler, seine Protagonist:innen oder die Polizei zu romantisieren. Aber mit seiner Inszenierung (…) gelingt es ihm, das Bild der gesichtslosen korrupten Behörde zu durchbrechen und von den Menschen in dieser Behörde zu erzählen, ohne das System von Schuld freizusprechen.“ (Sonja Hartl)

 
Encounters

  • Bester Film: We von Alice Diop

    Inhalt: Die Schnellbahnstrecke RER B verläuft von Nord nach Süd quer durch Paris und seine Außenbezirke. Auf ihrer Reise in die Vorstädte zeigt uns die Dokumentarfilmerin Alice Diop Gesichter und Geschichten verschiedener Menschen, die diese Orte ausmachen.
     
  • Spezialpreis der Jury: Taste von Lê Bảo

    Inhalt: Die Slums von Ho-Chi-Minh-Stadt, kahle, abweisende Räume, in die kaum Sonnenlicht dringt. Ein nigerianischer Immigrant geht durch seinen Tag. Als sein Vertrag bei einem Fußballverein aufgelöst wird, zieht der Mann bei vier vietnamesischen Frauen mittleren Alters ein. Gemeinsam lassen sie sich in eine Art Urzustand zurückfallen, bestehend aus Saubermachen, Kochen, Essen, Schlafen und Sex.
     
  • Beste Regie: Das Mädchen und die Spinne von Ramon Zürcher und Silvan Zürcher

    Aus unserer Kritik: Mit genauem Blick auch für kleine und kleinste Details, für Blicke und kleine Gesten vermisst der Film seine winzige Welt und erstellt eine Kartographie der Untiefen und Bruchlinien der Menschen, die diese Welt bevölkern, die hier ein- und ausgehen, ankommen und wieder verschwinden oder die vielleicht niemals wirklich da waren. (Joachim Kurz)
     
    „Das Mädchen und die Spinne“ (c) Beauvoir Film
  • Beste Regie: Denis Côté für Social Hygiene

    Aus unserer Kritik: „Social Hygiene
    changiert zwischen dem Befreiungsakt von sozialen Zwängen und dessen Folgen hin und her. Es ist unmöglich, die ProtagonistInnen nicht zu hassen und sie gleichsam zu einhundert Prozent zu verstehen.“ (Beatrice Behn)

 
Generation

  • Großer Preis der Internationalen Jury — KPlus: Sommerflirren von Han Shuai

    Inhalt: Wie einen Seismographen schickt die Regisseurin Han Shuai ihre stille Protagonistin durch ihren Debütfilm. Mehr Beobachterin als Beteiligte, wie eingesperrt in vielen Großaufnahmen, registriert die 13-jährige Guo all die Erschütterungen, die das Arbeiter*innenmilieu um sie herum zerbröckeln lassen. Als sie miterleben muss, wie ihr Freund ertrinkt, weiß das Mädchen nicht wohin mit der Trauer, der Schuld — und ihrer Sehnsucht.
     
  • Großer Preis der Internationalen Jury — 14Plus: The Fam von Fred Baillif

    Inhalt: Sieben Mädchen leben zusammen unter einem Dach. Sie haben einander nicht ausgesucht, wie in einer Familie. Sie kommen aus schwierigen Verhältnissen, hier im Heim finden die Mädchen eine neue Familie, eine Gemeinschaft, wie sie sie bisher nicht kannten.

 
Kurzfilm

  • Goldener Bär — Bester Kurzfilm: My Uncle Tudor von Olga Lucovnicova

    Inhalt: In intimen Nahaufnahmen fängt die Kamera ein Idyll ein, das wie aus der Zeit gefallen wirkt. Die alten Tanten erzählen von früher und auch Onkel Tudor beantwortet die Fragen der Filmemacherin. Nach und nach konfrontiert sie ihn mit ihrem Trauma, das er zu verantworten hat.
     
  • Silberner Bär Preis der Jury — Kurzfilm: Day Is Done von Zhang Dalei

    Inhalt: Eine Familie auf seltenem Besuch beim Großvater. Während der eine eindöst und der andere im Fotoalbum blättert, plätschert der Tag dahin. Die Melancholie des Abschieds liegt in der Luft. Irgendwann kommt die Zeit, wieder abzufahren.
     
  • Berlin Short Film Candidate For The European Film Awards: Easter Eggs von Nicolas Keppens

    Inhalt: Jason träumt von einem eigenen Mountainbike: Wenn es ihm gelänge, die prächtigen Papageien zu finden, die neulich aus ihrem Käfig im Chinarestaurant entflogen sind, könnte er sie für viel Geld verkaufen und sich seinen Traum erfüllen. Sein Freund Kevin wird ihm sicherlich dabei helfen. Doch Kevin weiß nicht, wohin mit seiner Wut.

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