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Feinde, Freunde, Liebende: Die komplizierte Beziehung zwischen Mensch und KI

Am Thema künstliche Intelligenz kommt man längst nicht mehr vorbei. Ob nun als (gern mal hohles) Schlagwort in der Tech-Branche oder in Form all der Tools, mit denen sich etwas produzieren lässt, das für sich behauptet, Kunst zu sein. Vor allem aber in der Kunst selbst wird das Thema liebend gern aufgegriffen. Mit „M3GAN“ startet am 12. Januar ein weiterer Film, der sich anschickt, es zu bearbeiten und es mit Horror zu kombinieren. Eine Mixtur, die schon öfter aufging. Allerdings gibt es auch Filme, die sich dem Thema KI anders, positiver, konstruktiver widmen. Wir haben uns nach beidem umgeschaut und einige Empfehlungen gesammelt.

Meinungen
Robot & Frank / Ex Machina / Blade Runner 2049
Robot & Frank / Ex Machina / Blade Runner 2049

Aufstand: 2001, Terminator, Matrix

Beginnen wir mit der Mutter (oder dem Vater?) aller Film-KIs: HAL 9000 ist seit mehr als 50 Jahren, als Stanley Kubricks SciFi-Monument 2001: Odyssee im Weltraum erschien, ein unverrückbarer Bestandteil der (Pop-)Kultur, wurde hundertfach zitiert und gilt als Prototyp der Maschine, die sich gegen ihre Erschaffer richtet. Wo zuvor — etwa in Metropolis — der künstliche Mensch, der unbefleckte, glänzende Roboterkorpus dominierte, entkörperlichte Kubrick seine KI vollständig, reduzierte sie auf ein augenähnliches, visuell prägnantes Element und setzte umso mehr auf die Stimme, um HAL 9000 eine Persönlichkeit zu verleihen.

Und er bediente sich eines einfachen Tricks, um die Überlegenheit dieser Maschine zu demonstrieren: Er ließ sie im Schach gegen den Astronauten Dave Bowman (Keir Dullea) gewinnen. Was heute nicht mal mehr ein Schulterzucken hervorruft, war anno 1968 noch undenkbar und geschah in der Realität erst 28 Jahre später.

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Das Motiv von der Schöpfung, die den Aufstand gegen den Schöpfer probt und sich letztlich gegen ihn richtet, ist natürlich ein biblisches oder zumindest biblisch inspiriertes und gilt inzwischen als SciFi-Klischee. Reproduziert wurde es unter anderem — und dort in deutlich drastischeren bis apokalyptischen Ausmaßen — etwa in der Terminator- oder der Matrix-Reihe, wo der Kampf Mensch gegen Maschine zumeist ein Resultat der Hybris der biologischen Hälfte dieses Duos und eines grundlegenden Wertekonflikts ist. Obwohl in diesem Motiv und den genannten Filmen ein grundlegender Technik-Skeptizismus vorliegt, so schwingt doch oft eine starke Kritik am Status Quo der menschlichen Gesellschaft mit. Denn letztlich proben die rational agierenden Maschinen den Aufstand gegen die irrationale Menschheit, die gerade dabei ist, ihre Lebensgrundlage zu vernichten.

 

Best Buddys: Robot & Frank

Angesichts all dieser Dystopien ist es immer erfrischend, wenn ein positiveres Bild von KIs gezeichnet wird. Eines, in dem es zu einer Freundschaft, ja fast schon Symbiose von Fleisch und Metall kommt. So etwa in Robot & Frank, einer warmherzig-sympathischen Buddy-Komödie von Jake Schreier, in dem Frank Langella einen grummeligen Einzelgänger mit schwindendem Gedächtnis verkörpert, der von seinem Sohn eine neue Haushaltshilfe bekommt: einen kleinen Roboter.

Seine anfängliche Ablehnung weicht zunehmend einer Freundschaft mit dem Metallmann, und bald schon zeigt dieser sich als treuer Erfüllungsgehilfe, mit dem Frank seiner ehemaligen „Leidenschaft“, dem Diebstahl von kleinen und großen Dingen, endlich wieder nachgehen kann. Das hat natürlich ein Nachspiel: Frank muss das Gedächtnis seines Roboters löschen, um Beweise zu vernichten, was ihn nun, wo er einen solch guten Freund gefunden hat, vor ein gewaltiges Dilemma stellt.

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Liebe und Zärtlichkeit: Her, Blade Runner 2049

Noch einen Schritt weiter und sich damit der Frage „Können KIs auch lieben?“ stellend geht Spike Jonze in seinem berührenden SciFi-Drama Her. Ein Film, der allein dadurch heraussticht, dass er uns eine grundlegend positive Zukunftsvision vorsetzt, in der zwar bei weitem nicht alles in Butter ist, die Welt aber trotzdem alles andere als am Abgrund steht, wie es in so vielen anderen SciFi-Filmen eine Selbstverständlichkeit ist. Der soziale Einzelgänger Theodore Twombley (Joaquin Phoenix) lädt sich hier eine neue KI namens Samantha (Scarlett Johansson) herunter, und die Vibes stimmen sofort. Kein Wunder, ist die KI doch darauf programmiert, eine perfekte Begleiterin für ihre User zu sein.

Doch Samantha entwickelt sich weiter, und schon bald knistert es zwischen ihr und Theodore gewaltig, was in einer der schönsten, ungewöhnlichsten Sex-Szenen der Filmgeschichte resultiert. Leider führt Jonze diesen Weg nicht konsequent bis zum Ende fort, die Geschichte gipfelt in einer Trennung aufgrund der vermeintlichen Unvereinbarkeit der Vorstellungen, die Menschen und Maschinen von Liebe haben. Wobei dies sich auch derart lesen lässt, dass Maschinen den Menschen einfach ein Stück voraus sind und unter Beziehungen nicht mehr nur klassische Monogamie verstehen…

Denis Villeneuves Blade Runner 2049 greift das Thema ebenfalls auf und spinnt es noch ein wenig weiter. Hier ist eine deutliche, ehrliche Liebe zwischen dem Replikanten K (Ryan Gosling) und der KI Joy (Ana de Armas) zu spüren, die ein tragisches Ende nimmt. Fragte der erste Teil von Ridley Scott noch, ob es Liebe zwischen echten und künstlichen Menschen geben kann, fragt der zweite nun, ob sie auch zwischen künstlichen Menschen und Computeralgorithmen möglich ist. Die Antwort in beiden Fällen: Natürlich!

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KI als Adoptivkind

Einen anderen Ansatz wählt Sandra Wollner in The Trouble with Being Born: Hier ersetzt ein Mann seine verstorbene Tochter durch eine Androidin mit gleichem Aussehen und entwickelt mehr als nur väterliche Gefühle für sie. Nun sind Sexpuppen zwar längst Realität — allerdings nicht solche, die vollautomatisch funktionieren, dabei sind, ein eigenes Bewusstsein zu entwickeln — und vor allem nicht wie ein Mädchen im Alter von höchstens zehn Jahren anmuten. Letztlich ist The Trouble with Being Born aber auch nur in zweiter Linie ein Film über KI, es geht vorrangig um Identität und Verlust. Dennoch stellt sich die Frage, ob und mit welchen moralischen Maßstäben diese Konstellation — ein menschlicher Mann und ein Roboter-Mädchen, das seiner Tochter nachempfunden ist und zu dem er eine sexuelle Beziehung hat — zu bewerten ist.

Ein weniger kontroverses Beispiel für das Motiv der KI als adoptiertes Familienmitglied findet sich in After Yang von Regisseur Kogonada. Der ruhig erzählte Film zeigt eine Welt, in der Künstliche Intelligenzen interessante gesellschaftliche Funktionen einnehmen. Hauptfigur Jake (Colin Farell) hat eine chinesischstämmige Adoptivtochter. Der Androide Yang soll ihr bei der Entwicklung einer kulturellen Identität helfen. Er spricht mit ihr Chinesisch und präsentiert sich selbst als chinesischen Köper. Nachdem Yang zum Garantiefall wird, leider aber gebraucht angeschafft wurde, schwenkt der Film dazu um, sich mit dem Verlust eines anorganischen Familienmitglieds zu beschäftigen. Neue, unbearbeitete Fragen wirft aber vor allem der erste Akt auf: kann eine Künstliche Intelligenz eine kulturelle Herkunft haben? Und kann eine Künstliche Intelligenz auf ähnliche Art und Weise in eine Familie emotional hineinwachsen und ein gleichwertiges Mitglied werden wie es ein Adoptivkind selbstverständlich tut?

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Der Mensch in der Maschine

Überhaupt: das Hinterfragen von Werten und moralischen Maßstäben. Die genannten Filmen stellen zugleich immer auch die Frage, wie viel Mensch eigentlich in der Maschine steckt — und damit letztlich, was den Menschen an sich ausmacht. Worin unterscheidet er sich von künstlicher Intelligenz? Die Frage nach der Conditio Humana erfolgt über die Abgrenzung zu und den Vergleich mit etwas, das zwar ähnlich anmutet, aber doch anders ist — etwa im Ausleben des freien Willens und einer Moral.

Eines der prägendsten Werke, die sich mit dieser Frage beschäftigen: Ghost in the Shell. Der Anime etabliert eine Cyberpunk-SciFi-Welt, in der der menschliche Geist in beliebige Hüllen verpflanzt werden kann; und in der die Geister der Maschinen ein Eigenleben entwickeln. Aber kann man das überhaupt als Leben bezeichnen? Muss man vielleicht sogar? Welcher Punkt muss dafür überschritten werden? Ist es vielleicht nur eine „andere“ Art von Leben und wie ist dieses zu bewerten und zu gewichten? Haben universelle Menschenrechte hier Gültigkeit? Nur zu gern greift das Genre derart fundamentale existenzielle Fragen auf.

Mit am gelungensten geschieht dies wohl bei Alex Garlands Regiedebüt Ex Machina, in dem der Software-Entwickler Caleb (Domhnall Gleeson) für seinen Boss Nathan (Oscar Isaac) einen sogenannten Turing-Test mit der Androidin Ava (Alicia Vikander) vollziehen darf. In mehreren Gesprächen soll er sich der Frage stellen: Kommuniziere ich hier mit einer KI oder mit einem Mensch, obwohl ihr Aussehen doch klar für Ersteres spricht? Letztlich ist es das Publikum, das diesen Turing-Test absolviert und sich immer wieder fragen muss, wie menschlich die Androidin nun ist. Ihr Wunsch nach Freiheit und freier Entfaltung, nach Nähe und Liebe, nach Anerkennung und Erfüllung sind schließlich durch und durch menschliche Eigenschaften und nichts, was man einer Maschine zuschreiben würde.

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Die verlässlichen Kolleg:innen

In Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (aka Star Trek: The Next Generation, 1987-1994) wird der Einsatz von Technologie zutiefst optimistisch betrachtet. Gezeigt wird eine Form des (Zusammen-)Lebens, die wir uns für die Zukunft nur wünschen können. Zu den Fan-Lieblingen der Serie gehört der Android Data (Brent Spiner), der uns in seinem Wunsch, menschlich zu werden, immer wieder auf unsere Eigentümlichkeiten hinweist – sei es unser Verständnis von Humor oder unsere Art, Gefühle auszudrücken. In einigen Episoden wird ausführlich verhandelt, inwiefern Data über einen eigenen Willen verfügt. So kommt es etwa in der Folge Wem gehört Data? aus der zweiten Staffel zu einer gerichtlichen Klärung von Datas Status innerhalb der Gesellschaft der Föderation, als ein Kybernetik-Experte Data zu Forschungszwecken zerlegen will. Am Ende wird Data vom Gericht als selbstbestimmte Person anerkannt.

Nicht minder hilfsbereit und eigensinnig sind einige KIs aus dem Star-Wars-Universum. Der knuffige Astromechdroide R2-D2 und dessen Partner, der Protokolldroide C-3PO, avancierten zu Helden der Rebellen-Allianz – und die im Original von Phoebe Waller-Bridge gesprochene Navigatorin L3-37 aus Solo: A Star Wars Story (2018) ist stets bereit, sich für die Rechte von Droiden einzusetzen. The Atlantic bezeichnete L3-37 als „first woke robot“ in der Star-Wars-Welt und sah in ihr die Seele des Films.

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