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Specials

Auch als Schauspieler ikonisch: 5 Filme mit David Bowie

David Bowie — ein Name wie ein Monument. Er war der „Andy Warhol der Popmusik“ (Deutschlandfunk), über den nun der Dokumentarfilm „Moonage Daydream“ erscheint. Aber auch als Schauspieler war er über weit mehr als 40 Jahre aktiv. Die Redaktion empfiehlt fünf Filme mit ikonischen Bowie-Rollen.

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David Bowie in Prestige / Twin Peaks / Die Reise ins Labyrinth
David Bowie in Prestige / Twin Peaks / Die Reise ins Labyrinth

Der Mann, der vom Himmel fiel von Nicolas Roeg

Thomas Jerome Newton, das Alien, das auf die Erde kam, um Wasser für seinen sterbenden Heimatplaneten zu holen, ist unbestreitbar die wichtigste schauspielerische Rolle für David Bowie selbst gewesen.

Nicolas Roeg hatte den zum damaligen Zeitpunkt zutiefst von seiner massiven Kokainsucht gezeichneten Bowie in einer Dokumentation über dessen Diamond Dogs-Tour gesehen und als perfekt für die Rolle empfunden. Bowie selbst sah das ähnlich, und äußerte in einem Interview, dass er für diesen Film eigentlich gar nicht wirklich schauspielern musste, sondern lediglich so agierte, wie er sich privat in Gegenwart anderer Menschen fühlte.

Die Zuschauenden sehen unsere Welt durch die Augen des Aliens und sehen diese, unterstützt vom nahezu experimentellen Schnitt des Films, als bizarres Zerrbild. Bowies androgynes Äußeres, seine besondere Art zu sprechen und allein sein Blick transportieren diese „Andersartigkeit“, ohne diese jemals absurd erscheinen zu lassen und verkörpern die tiefe Tragik seiner Figur.

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Der Mann, der vom Himmel fiel ist dabei ein zutiefst komplexer Film, der sich mit philosophischen Fragen nach dem Menschsein beschäftigt, sich aber auch als groteske Wirtschaftskritik verstehen lässt. Um den Film vollends verstehen zu können, sind mehrfache Sichtungen unbedingt notwendig.

Nach dem Erscheinen des Films 1976 beschäftigte sich Bowie auf seinen nachfolgenden Alben Station to Station und Low mit deutlich experimentellerer Musik als jemals zuvor. Jeweils ein verfremdetes Film-Still aus Der Mann, der vom Himmel fiel ziert die Alben-Cover. Ein mehr als deutlicher Hinweis darauf, wie sehr ihn die Arbeit mit Nicolas Roeg auch in seinem eigenen Schaffen geprägt hat.

Zum Leihen und Kaufen u.a. bei iTunes verfügbar.

Sophia Derda

Begierde von Tony Scott

Inzwischen gilt die Figur des Vampirs schon lange als unverschämt cool, etwa dank Neil Jordans Interview mit einem Vampir (1994), Po-Chih Leongs Die Weisheit der Krokodile (1998) oder Jim Jarmuschs Only Lovers Left Alive (2013). Doch bereits im Jahre 1983 holte Tony Scott die Blutsauger in seinem Spielfilm-Regiedebüt Begierde aus ihren Gruselschlössern, in der höchst attraktiven Gestalt von Catherine Deneuve und David Bowie. Die beiden verkörpern darin das New Yorker Paar Miriam und John Blaylock, das unsterblich ist und sich von menschlichem Blut ernährt. Doch dann zeigen sich bei John plötzlich Anzeichen des rapiden Alterns.

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Mit seiner kühlen Eleganz passt Bowie perfekt in diesen Kosmos aus New-Wave-Clubs, urbanem Chaos, Verführung, Lust und Gefahr. Seine Figur John verliert in ihrer Panik vor dem raschen Alterungsprozess sämtliche Hemmungen – und Bowie spielt dies mit voller Wucht. Zuvor knistert es so heftig zwischen ihm und seiner Leinwandpartnerin Deneuve, dass jede Sekunde davon eine Freude ist. Wie sehr sich Bowie dem Method Acting verpflichtet sah, lässt sich daran erkennen, dass er angeblich stundenlang schrie, ehe er als schnell gealterte Version seiner Rolle vor die Kamera trat, um glaubhaft mit heiserer Stimme sprechen zu können.

Zum Leihen und Kaufen u.a. bei iTunes verfügbar.

Andreas Köhnemann

Die Reise ins Labyrinth von Jim Henson

Ja, der Jim Henson führte hier Regie; der Jim Henson, der mit seiner lebe- und liebevollen Puppentricktechnik Maßstäbe setzte. Und das merkt man diesem Fantasy-Streifen auch sofort an, der im Grunde eine Mischung aus Der Zauberer von Oz und Alice im Wunderland ist: Die 15-jährige Sarah (Jennifer Connelly) verliert ihren kleinen Bruder an den bösen Koboldkönig (David Bowie), muss ein magisches Labyrinth durchqueren, um ihn zu retten, und findet auf diesem Weg drei hilfsbereite Freunde.

Bowie schlägt sich hier in der Rolle des heimtückischen Antagonisten, des bösen Zauberers bestens, sowohl in seiner physischen Präsenz als auch in seiner unnachahmlich fies-charismatischen Ausstrahlung. Ein schönes Bonmot: Er produzierte auch große Teile des Soundtracks bzw. steuerte mehrere Songs bei. Doch am ehesten punktet Die Reise ins Labyrinth bei Set- und Charakter-Design: verspielte Kulissen, dutzende liebevoll gestaltete Puppen, (fast) alles handgemacht – sodass der Charme dieser Welt bis heute erhalten bleibt. Auch für ein älteres Publikum.

Verfügbar bei allen gängigen VoD-Anbietern.

Christian Neffe

Twin Peaks: Fire Walk With Me von David Lynch

Wenn jemand erzählt, er würde Twin Peaks lieben, dann kann man davon ausgehen, dass sie oder er die erste Staffel der Serie meint. Die zweite Staffel, bei der sich Regisseur David Lynch schon zurückgezogen hat, verliert in der Tat deutlich an Qualität. Die dritte Staffel, ausschließlich von Lynch selbst inszeniert, spannt den Bogen zurück zum Prequel Fire Walk With Me – also auch schwierig. Mit diesem Film hat der exzentrische Filmemacher nicht wenigen vor den Kopf gestoßen. Er mit den Jahren hat der Film an ansehen gewonnen. Es ist, wenn man so will, Lynchs einziger echter Horrorfilm; ein psychologischer Albtraum voller erschreckender Szenen und durchzogen von einer Dunkelheit, bei der sich viele nach dem Humor der Serie gesehnt haben. Eigentlich ist auch alles bereits klar, der Mord an Laura Palmer ist aufgeklärt. Insofern stößt Lynch in die Welt der Dämonen vor, zeigt Fragmente einer Geisterwelt, die dann in Twin Peaks: The Return meisterhaft aufgegriffen und in eine absurd-witzige Grausamkeit überführt werden.

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Und dann ist da noch David Bowie als Phillip Jeffries. Selbst wenn Fire Walk With Me ein schlechter Film wäre – was er nicht ist, ganz im Gegenteil –, so müsste man David Lynch auf ewig für diese eine Szene dankbar sein, in der Bowie einen völlig exaltierten FBI-Agenten spielt, der plötzlich und wie aus dunkelsten Himmeln im Hauptquartier auftaucht. Zuvor war er während eines Auftrags in Argentinien einfach von der Bildfläche verschwunden. Die Montage ist durchzogen von Albtraumbildern aus der Black Lodge, dem Ort des Bösen: dämonische Fratzen, seltsame Erscheinungen.

Ist dieser Mann ein Besessener? Es ist anzunehmen. Ist er gleichzeitig eine Warnung oder der Überbringer schlechter Nachrichten? Womöglich. Nur wird man aus den Sätzen, die Bowie hier sprechen muss, nicht schlau. Zumindest nicht sofort. Typisch Lynch, wird man sagen. Doch setzt der Regisseur den Ton des Films damit perfekt: Da steht er, dieser schlaksige Mann, mit einer Aura, die ohnehin zwischen den Welten geistert, und reißt alle Aufmerksamkeit an sich: Bowie kidnappt die Bilder. Allein schon deshalb, weil er sich mit seinem beigen Leinenanzug und dem bunten Hemd abhebt von der typischen FBI-Uniform. Bowie als der ganz andere, als das beunruhigende Moment eines beunruhigenden Films. Und plötzlich ist er wieder verschwunden. Zack! Großartig.

U.a. bei Sky verfügbar.

Sebastian Seidler 

Prestige — Meister der Magie von Christopher Nolan

Es ist einer dieser Auftritte, über den ich bei jeder neuen Sichtung feststelle, dass ich ihn schon fast vergessen hätte: David Bowie als Nicola Tesla in Prestige. Nicht weil das keine tragende Rolle ist oder – Bewahre! — Bowie eine schlechte Performance hinlegt – im Gegenteil. Aber doch eine, die zwischen all den anderen großen Namen, mit ihrem späten Auftritt erst zur Hälfte des Films und im Angesicht der Twist-Flut am Ende nicht den größten Eindruck hinterlässt.

Tesla lebt und forscht hier von der Welt abgeschottet am Potenzial des elektrischen Stroms – und etwas Übernatürliches entdeckt, das sich nun der Illusionist Robert Angier (Hugh Jackman) zunutze machen will, und Bowie füllt diese Rolle mit einer gehörigen Portion Mythos aus. Allein schon sein Auftritt wie ein Geist, der sich aus dem Strom heraus manifestiert, gefolgt von den bedeutungsschweren vorgetragenen Mono- und Dialogen über die Fortschrittsangst der Menschen, über Obsession, über deren Kosten bis zur Bewahrung des Mysteriums seiner Klon-Maschine – all das sorgt für eine gewaltige Überhöhung der Figur, die das fast stoische Schauspiel aber wieder einfängt.

Bei aller Fiktionalisierung setzen Bowie und Nolan damit dem bedeutendsten Erfinder des 19. und 20. Jahrhunderts ein würdevolles filmisches Denkmal — etwas, das bislang viel zu selten geschehen ist (siehe der mittelmäßige Tesla von 2019). Da ist ein wenig Überhöhung durchaus angemessen.

Verfügbar in der Flatrate von Amazon Prime Video sowie bei allen gängigen VoD-Anbietern zur Leihe.

Christian Neffe

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