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5 prägende Filme von Peter Bogdanovich

Ein Beitrag von Christian Neffe

Am 6. Januar 2022 verstarb Peter Bogdanovich, einer der prägenden Gestalten des New-Hollywood-Kinos. Hier sind fünf seiner Filme, die man gesehen haben sollte.

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Peter Bogdanovich
Peter Bogdanovich

Der 1939 in New York geborene Peter Bogdanovich war vieles: Filmkritiker und -historiker, Produzent, Drehbuchautor, Schauspieler, Schnittmeister, Regisseur, Vorreiter und fester Bestandteil der New-Hollywood-Bewegung, Freund von Orson Welles, John Huston und weiteren Berühmtheiten des Kinos der Nachkriegszeit. An seine kommerzielle (und auch qualitative) Hochphase Anfang der 70er-Jahre konnte der Sohn eines aus Jugoslawien emigrierten Ehepaares in späteren Jahren zwar nicht mehr anschließen, doch besonders seine frühen Filme — vielfach Verbeugungen vor den tradierten Hollywood-Genres, allerdings ohne nostalgisch verklärte Brille — haben sich in die Filmgeschichte eingeschrieben.

Bogdanovich verstarb am 6. Januar 2022 im Alter von 82 Jahren in Los Angeles. Hier sind fünf seiner Filme, die man gesehen haben sollte.

 

Bewegliche Ziele (1968)

Nach ersten Erfahrungen an einem Filmset als Regieassistent von Roger Corman ermöglichte dieser Bogdanovich die Verwirklichung seines ersten Spielfilms: einem thematisch vielfältigen Thriller. Da ist einerseits Boris Karloff (in einer seiner letzten Rollen) als gealterter Schauspieler, der seinen Beruf an den Nagel hängen will — und andererseits Tim O’Kelly als äußerlich unauffälliger, aber innerlich brodelnder Waffennarr, der eines Tages beginnt, wahllos Menschen zu erschießen. Dabei verschlägt es Letzteren auch in eine Autokino, in dem Ersterer gerade im Zuge der Premiere seines letzten Filmes auftritt, und es kommt zur Konfrontation.

Bewegliche Ziele ist einerseits eine Hommage und Ehrerbietung gegenüber Frankenstein-Darsteller Boris Karloff, andererseits von einem realen Amoklauf inspiriert — ein altes, klassisches, fiktionales Monster trifft hier also einen neuen, realistischen und damit auf andere Weise schockierenden Typ Monstrum. Dazu noch eine (selbst)referenzielle Auseinandersetzung mit dem Medium Film respektive seiner Wirkung auf Menschen — siehe den Showdown im Autokino — sowie ein Abgesang auf die damals gerade abebbende Drive-in-theatre-Begeisterung. Noch vor Easy Rider warf Bewegliche Ziele seinen Schatten auf das New-Hollywood-Kino voraus.

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Die letzte Vorstellung (1971)

Apropos New Hollywood: Bogdanovichs 1971er Film Die letzte Vorstellung gilt als einer der großen Höhepunkte dieser Filmära. Erzählt wird von einer Gruppe von Jugendlichen, die in ihrem kleinen Nest namens Anarene, Texas, weitab der großen Kultur- und Lebenszentren Anfang der 50er-Jahre ein dröges Dasein fristen. Also müssen sie sich ihre Abenteuer selbst schaffen, durch Streiche, Sex und Gewalt — oder es im örtlichen Kino suchen. Als dessen Besitzer jedoch stirbt und das Lichtspielhaus schließt, wird die Perspektive immer düsterer.

Gedreht in Schwarzweiß (damals so gar nicht mehr en vogue, aber thematisch passend) sowie vielen damals noch unbekannten DarstellerInnen (etwa Jeff Bridges in einem seiner ersten Kinoauftritte) lieferte Bogdanovich ein eindrucksvolles, fast schon dokumentarisch anmutendes Porträt des dargestellten Milieus ab, blickte hinter die moralische Bigotterie und bewies ein unheimliches Talent für die Darstellung innerer Konflikte und Spannungen. „Es ist nicht nur der beste amerikanische Film in einem eher tristen Kinojahr, sondern die eindrucksvollste Arbeit eines jungen amerikanischen Regisseurs seit Citizen Kane“, resümierte damals Newsweek. Die letzte Vorstellung erhielt acht Oscar-Nominierungen und davon zwei Auszeichnungen.

Verfügbar bei CHILI zur Leihe und zum Kauf.

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Is‘ was, Doc? (1972)

1972 folgte sogleich Bogdanovichs nächster Streich: die Screwball-Komödien-Hommage Is‘ was, Doc? Darin geht es um den Musikwissenschaftler Howard Bannister (Ryan O’Neal), der auf ein Forschungsstipendium hofft — und zugleich damit zu kämpfen hat, sich von seiner spießigen und überkorrekten Verlobten (Madeline Kahn) zu lösen. Den Anstoß dazu gibt eine Begegnung mit der Studentin Judy (Barbra Streisand), in die sich Howard sofort verguckt. Schließlich kommt es zur Konfrontation in einem Hotel — und der Verwechslung von vier Taschen mit Geheimdokumenten, Gestein, Diamanten und Kleidung. Howard und Judy nehmen sie an sich, und es beginnt eine wilde Verfolgungsjagd durch San Francisco, immer schön bergab auf den steilen Straßen.

Eingängige, schrullige Charaktere, spielfreudige DarstellerInnen, das hohe Tempo und ein wilder, noch immer brüllend komischer Humor machen Is‘ was, Doc? zu einer großen und verdammt unterhaltsamen Verbeugung vor dem US-Comedy-Kino der 30er und 40er, die diverse Klassiker zitiert und persifliert.

Verfügbar bei Amazon Video, iTunes, MagentaTV, CHILI sowie im Sky Store und Microsoft Store zur Leihe und zum Kauf.

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Paper Moon (1973)

Neues Jahr, neues Genre: In Paper Moon geht es um den Trickbetrüger Moses Pray (Ryan O’Neal), der sein Geld damit verdient, Witwen Bibeln zu verkaufen, die angeblich von ihren verstorbenen Gatten geordert wurden. Nun wird Moses überredet, die junge Addie Loggins (O’Neals Tochter Tatum), das Kind einer kürzlich Verstorbenen, zu Verwandten zu fahren — und schon bald machen beide gemeinsame Geschäfte. Unklar bleibt, ob Moses Addies Vater ist.

Ein Roadmovie also, das während der Großen Depression 1935 spielt, erneut in Schwarzweiß und mit thematischem Fokus auf Familie und soziale Probleme wie Armut. Abermals bediente sich Bogdanovich einer historisch bedeutsamen Episode der USA, ohne jedoch in Nostalgie zu verfallen. Ähnlich also wie schon in Die letzte Vorstellung, nur diesmal etwas mehr auf Unterhaltung getrimmt. Tatum O’Neal gewann für ihr Leinwanddebüt einen Oscar.

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The other Side of the Wind (2018)

Wem die komplizierte Entstehungsgeschichte von The other Side of the Wind nicht bekannt ist, hier ein kleiner Überblick: Orson Welles drehte dieses Werk von 1970 bis 76, konnte es aber nicht fertigstellen, das Material (mehr als 1000 Rollen) lag jahrzehntelang in einem Pariser Lagerhaus, bis Netflix 2017 die Rechte erwarb. Bogdanovich überwachte dann zusammen mit Frank Marshall den finalen Schnitt, 2018 erschien der lang verschollene Film endlich.

Darin spielt John Huston den gealterten Regisseur Jake Hannaford, der zu einer letzten großen Geburtstagsparty vor seinem Suizid geladen hat. Keine klassische Dramaturgie, stattdessen ein Stimmen- und Stimmungsgewirr im Mockumentary-Stil, das von Hannafords Regiefreund Brooks Otterlake (Bogdanovich) aus dem Off kommentiert wird. Ein Film, der überfordert, Experimentelles wagt und auf bitterschwarze satirische Weise mit Hollywood ins Gericht geht.

Exklusiv verfügbar bei Netflix

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Ebenfalls sehenswert…

ist die Reihe „Peter Bogdanovich Recommends“, eine Serie von knapp 60 vier- bis fünfminütigen Videos, die Bogdanovich in den 80ern zusammen mit Louise Stratten erstellte: Kurzessays zu Filmklassikern, hauptsächlich aus den USA, aber auch darüber hinaus, sowie DarstellerInnen und Genres. 

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