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Filmgeschichte(n)

Roe vs. Wade - Ein Network rudert zurück

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

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Roe vs. Wade - TV-Spielfilm 1989
Roe vs. Wade - TV-Spielfilm 1989

Vor 30 Jahren sorgte die Ausstrahlung eines Fernsehfilms auf dem US-amerikanischen TV-Kanal NBC für Aufruhr. Roe vs. Wade von Gregory Hoblit fiktionalisierte den gleichnamigen Rechtstreit aus dem Jahr 1973, der Abtreibungen in den USA legalisiert hatte. Holly Hunter spielt die Texanerin Ellen, die ungewollt schwanger wird. Nur sind Abtreibungen in Texas zu dieser Zeit illegal. Da hört die verzweifelte Ellen von den Plänen der Anwältin Sarah Weddington (Amy Madigan) das Gesetz zu verändern. 

Videokassettencover von "Roe vs. Wade"; Paramount
Videokassettencover von „Roe vs. Wade“; Paramount

Im Vorfeld der Ausstrahlung von Roe vs. Wade auf NBC hatten konservative und religiöse Anti-Abtreibungs-Organisationen zum Werbeboykott aufgerufen, woraufhin zahlreiche Sponsoren des Films sich tatsächlich zurückzogen — darunter etwa der Konsumgüterkonzern Procter & Gamble Co. Eine der wenigen Firmen, die in den Werbeunterbrechungen des Films ihre Spots wie geplant sendeten, war die US-amerikanische Kaffeemarke Maxwell House Coffee. Dabei war bereits im Vorfeld des Drehs das Manuskript geschlagene 17 mal umgeschrieben worden, weil die hauseigenen Zensoren des Networks befürchteten, der Film könne zu sehr pro choice ausfallen.

NBC hielt das Thema deswegen für besonders brisant und programmierte noch in der selben Woche eine entsprechende Livesendung. So berichtete die New York Times in ihren TV Notes vom 15. Mai 1989: „After the local news programs tonight at 11:30 P.M., NBC News will present a live program about the political, social and religious issues raised by Roe v. Wade, the 1973 Supreme Court decision legalizing abortion.“ Unter der Moderation des NBC-Nightly-News-Moderators Tom Brokaw sollten darin unter anderem Repräsentanten beider Seiten eine Diskussion führen. Dazu kamen Kurzreportagen von Abtreibungskliniken und ein aufgezeichneter Auftritt von Norma McCorvey, sie sich im Nachklang von Roe vs. Wade als damalige Klägerin zu erkennen gegeben hatte.

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Im Nachhinein stellte sich jedoch heraus, dass doch weniger Zuschauer als gedacht eingeschaltet hatten. Einem Bericht der Los Angeles Times zufolge sahen nur etwa 15,4 Millionen Haushalte zu. Und noch überraschender: Ein Großteil der eingehenden Anrufe äußerte sich positiv über Roe vs. Wade: „Die Leute sind viel schneller dabei sich zu beschweren, das ist also eine Überraschung“, zitierte die LA Times den Pressesprecher Curt Block. 

Im deutschen Fernsehen wurde der Film unter dem Titel Eine Frau Klagt An ausgestrahlt und von seiner ursprünglich 100-minütigen Laufzeit heruntergekürzt auf 91 Minuten. Wie im Übrigen deutsche Filme seit der Weimarer Republik sich mit dem Thema Abtreibung und ungewollte Schwangerschaft auseinandersetzen, darüber haben wir kürzlich in einem ausführlichen Text im Rahmen unserer Reihe Film:Sex über im Film dargestellte Sexualität und Zensur geschrieben.

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