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Filmgeschichte(n)

"Komiker sind ernste Leute!" - 130 Jahre Felix Bressart

Ein Beitrag von Christian Neffe

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Felix Bressart neben James Stewart in "Rendezvous nach Ladenschluß" von Ernst Lubitsch
Felix Bressart neben James Stewart in "Rendezvous nach Ladenschluß" von Ernst Lubitsch

„Das Geheimnis der Komik beruht auf tiefster Menschen- und Lebenskenntnis. Wie aber sollte jemand, der die Schwächen der Menschen und die Tücken des Lebens von Grund auf studiert und kennengelernt hat, nicht ernst und ein wenig verschlossen werde?“ So beginnt ein Artikel namens „Komiker sind ernste Leute!“ der Illustrierten Filmpost vom 18. November 1932 über Felix Bressart, einen der, wie es weiter heißt, „geschätztesten Komiker des deutschen Films“. Als der Artikel erscheint, ist Bressarts erster Auftritt vor einer Kamera gerade einmal vier Jahre her, trotzdem hat er bereits an 21 Spielfilmen mitgewirkt. Bis zum Ende seiner heute nicht mehr gerade bekannten Karriere im Jahre 1949 sollten es 65 werden. Anlässlich seines 130. Geburtstags blicken wir auf seinen bewegten Werdegang zurück.

Geboren wurde Bressart in Ostpreußen, heute Kaliningrader Gebiet, am 2. März 1982 (wobei einige Quellen auch das Jahr 1985 nennen, andere gar 1987). Nach dem Abitur arbeitete er zunächst als Geschäftsmann, doch der Wusch, es mit dem Schauspiel zu versuchen, „beherrschte ihn, seit er sich erinnern kann“, wie es im obigen Artikel weiter heißt. Nach acht Monaten Schauspielausbildung bei Maria Moissi in Berlin, die ihn vom ernsten „zum heiteren Fach“ hinüberlenkte, erhielt er 1915 sein erstes Engagement in Würzburg, doch dieses Glück währte nicht lang: Bressart wurde an die Front einberufen, verbrachte dort drei Jahre und fand anschließend nur mühsam auf die Theaterbühnen zurück. Der Durchbruch gelang ihm 1930 in Berlin mit Das Geld auf der Straße. Nochmal die Filmpost: „Mit einem Schlag war er einer der namhaftesten und beliebtesten Komiker der deutschen Bühnen.“

Dieser Erfolg übertrug sich parallel dazu auf Bressarts Filmkarriere, die 1928 mit einer einzelnen kleinen Rolle begann und schließlich 1930 Fahrt aufnahm. Am bekanntesten dürfte seine Rolle als Gerichtsvollzieher in Die drei von der Tankstelle sein, populär aber auch waren seine Auftritte in Drei Tage Mittelarrest und Der Schrecken der Garnison - Militärkomödien, an denen er später aber nicht mehr mitwirkte, um nicht an der „verheerenden Seuche der Militärfilme“ teilzuhaben.

Wo andere innerhalb des Komödienkontextes die aufgeweckten, lebensfrohen und zu Scherzen aufgelegten Kerle verkörperten, warf Bressart sich in die gegenteiligen Rollen: die Pedanten, die Schüchternen, die Ungeschickten und Verschlossenen. „Seine Tapsigkeit im Leben und vielleicht auch im Film war von einer gewissen Tragik umwittert. Doch das Publikum fand ihn einfach komisch — es lachte nicht so sehr über das, was Felix Bressart auf der Leinwand zustieß, als dass es ihn auslachte mit der Rohheit von Kindern, die Menschen, die stottern, komisch finden“, ist unter anderem über ihn zu lesen.

Mit der Machtergreifung der Nazis wurde diese Tragik umso größer. Bressart, der jüdischer Herkunft war, ging den Weg vieler deutscher Filmschaffender: Emigration. Zunächst in die Schweiz, schließlich nach Österreich, in die Niederlande, nach Frankreich und 1938: die USA. Von diesem zweiten Karriereknick erholte sich Bressart schneller, allem voran dank seiner Rolle in Ernst Lubitschs Ninotschka (1939) an der Seite von Greta Garbo. Er verkörperte darin einen von drei Sowjets, die nach Paris geschickt werden, um die Juwelen der Zarenfamilie zu verkaufen — der Film entwickelte sich zum massiven Erfolg, auch für Bressart, der nebenher zum Doktor der Medizin promovierte und als Heilpraktiker arbeitete. Ein jähes und viel zu frühes Ende nahm seine Karriere 1949, als Bressart mit nur 57 Jahren an Leukämie starb.

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Ein Krieg an der Front, ein Krieg im Exil: Bressart kannte die „Schwächen der Menschen und die Tücken des Lebens“ ganz genau, und so liest sich der Artikel aus dem Jahre 1932 fast schon prophetisch, wenn der Autor feststellt, dass nur so jemand die Komik wahrlich verstehe. Bressart jedenfalls, so stellt der Autor weiter fest, sei im Vorbeigehen auf der Straße nicht zu erkennen, weil er im realen Leben so anders, so viel ernster wirke. Das liege „einzig und allein am Ausdruck des Gesichts, am Bild der leuchtend blauen Augen, der jetzt und von Geist erfüllt ist, während Felix Bressart ihn im Film sozusagen auszublenden und in einen ratlosen, unwissenden und ein wenig belämmerten zu verwandeln pflegt“. Jener Ausdruck zeigte sich auch in seinen Hollywood-Rollen, etwa in Rendezvous nach Ladenschluß (1940), Comrad X (1940) oder Sein oder Nichtsein (1942) und bis in die späten 40er hinein. Wäre sein Abschied nicht so früh gekommen, Bressart wäre womöglich eines der bis heute bekanntesten, prägenden Gesichter von Hollywoods goldenem Zeitalter geworden.

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