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Filmgeschichte(n)

Captain Kirk sprach Esperanto

Ein Beitrag von Christian Neffe

Heute ist Esperanto-Tag, an dem die Plansprache für die Weltgemeinschaft gefeiert wird. Für uns ein Anlass, einen Text aus unserem Archiv zu heben, der sich dem zweiten in dieser Sprache gedrehten Film widmet.

Meinungen
William Shatner und Allyson Ames in "Inkubo" (OT: "Incubus")
William Shatner und Allyson Ames in "Inkubo" (OT: "Incubus")

Ĉu vi parolas Esperanton? Die Antwort auf diese Fragen lautet höchstwahrscheinlich Nein, gibt es nach aktuellen Schätzungen weltweit doch lediglich eine halbe bis zwei Millionen Menschen, die der Kunstsprache Esperanto mächtig sind. Viel größer dürfte diese Zahl auch 1966 nicht gewesen sein, als mit Inkubo (OT: Incubus) der zweite Film erschien, dessen Dialoge vollständig in der 1887 entwickelten Plansprache geschrieben waren. Allein das macht den Film bereits zu einem cineastischen Sonderling. Seine Entstehungsgeschichte hat allerdings noch mehr Kuriositäten zu bieten.

Egal wie man prinzipiell zum Konzept von Plansprachen steht: Das Ansinnen des Esperanto-Erfinders — des polnischen Augenarztes Ludwik Lejzer Zamenhof, geboren am 15. Dezember 1859 — war seinerzeit ein durchaus nobles. Die neue Sprache sollte die Kommunikation zwischen Menschen verschiedenster Nationalitäten grundlegend erleichtern, Zusammenhalt fördern sowie Gettoisierung und Rassismus entgegenwirken. Als sich der Regisseur Leslie Stevens Mitte der 60er entschied, seinen nächsten Film Inkubo auf Esperanto zu inszenieren, war die Absicht dahinter jedoch nicht, einen Beitrag für den Weltfrieden zu leisten. Die vergleichsweise simplen (um nicht zu sagen: naiven) Gründe umriss Produzent Anthony M. Taylor in einem (sehr lesenswerten) Interview einige Jahre später so:

„Basically we wanted Incubus in a foreign language because it ‚put us in a different place‘, and we thought that it might help in getting into art houses, the one place where subtitles were. We were doing it for the uniqueness of it.“ — Anthony M. Taylor

So entstand eine Mischung aus Arthouse- und B-Horror-Movie, gedreht für einen niedrigen sechsstelligen Betrag und inhaltlich angesiedelt in einem Dorf namens Tuum, in das sich immer wieder Fremde begeben, um eine magische Quelle aufzusuchen. Succubi bewohnen der Ort, locken die Besucher in den Tod und opfern deren Seelen dem Gott der Finsternis. Der Soldat Marc (William Shatner, noch bevor er seine Rolle als James T. Kirk in Star Trek antrat) sucht in Tuum Heilung für eine Kampfwunde, verfällt jedoch den Verführungen des Succubus Kia. Es entspinnt sich verwirrender ein Plot rund um Liebe, Verrat, Rache, Religion und Dämonen.

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Wo die Verwendung von Esperanto nun Inkubo aus der Masse damaliger B-Movies herausheben sollte, sah dies in der Praxis so aus, dass die Darsteller lediglich einen zehntägigen Sprach-Crashkurs erhielten. Während der Dreharbeiten war zudem niemand mit Esperanto-Spracherfahrung vor Ort, um das Gesagte zu korrigieren. So kam es folglich auch, dass der Film bei seiner Premiere in San Francisco, zu der laut Taylor 50 bis 100 Esperanto-Sprecher anwesend waren, für schallendes Gelächter sorgte: „Anytime they thought things where not pronounced correctly, they screamed and laughed and carried on like maniacs and no one else could understand why.“

Unschwer auszumalen, dass der Gebrauch von Esperanto sowohl den nationalen als auch den internationalen Vertrieb des Films massiv erschwerte. Einen etwas größeren Anklang fand Inkubo zwar in Frankreich, doch geriet das Werk alsbald in Vergessenheit. So sehr sogar, dass Taylor, als er seinen Film 1993 auf Videokassette veröffentlichen wollte, zunächst keine Kopien des Streifens fand. Fündig wurde er erst einige Jahre später in der Cinémathèque Française, wo eine beschädigte Fassung lagerte. Taylor restaurierte sie, und so konnte Inkubo 2001 endlich auf DVD erscheinen.

Dass das Beschaffen einer Kopie so schwer war, lag einerseits daran, dass die meisten von ihnen bei einem Brand zerstört wurden — und dass es andererseits William Shatner nach eigener Aussage auf sich genommen hatte, die übrigen zu zerstören. Vorgeblicher Hintergrund dieses Vorhabens: Der Hauptdarsteller erhielt wenige Monate nach Abschluss der Dreharbeiten eine Drohung von mutmaßlichen Esperantisten:

I was sitting in the make up chair at Star Trek, when a rock came crashing through the trailer window. […] I noticed a note attached to the projectile. Reading it, I was greeted with the words „YOUR NEXT SHATNER! THE ESPERANTISTS!“ — William Shatner

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Zudem kam es zu mehreren mysteriösen Vorfällen unter einigen Beteiligten des Films. So beging Ann Atmar, eine der Succubi-Darstellerinnen, nach Abschluss der Dreharbeiten Suizid. Einige Monate zuvor hatte ein weiterer Darsteller namens Milos Milos die Ehefrau des Komikers Mickey Rooney, Barbara Ann Thomason, ermordet und sich anschließend in Rooneys Bett selbst getötet. 1968 wurde die Tochter einer weiteren Darstellerin, Eloise Hardt, entführt und ermordet - im Verdacht stand damals ein Mitglied der Manson-Familie. Shatner dazu: „They [die Esperantisten] decided to curse Incubus, and anyone who laid eyes on the film.“

Interessierte können sich Inkubo in ganzer Länge auf Youtube zu Gemüte führen. Wer nicht auf die Untertitel angewiesen sein möchte, dem bietet das Programm Duolingo einen einfachen und kostenlosen Sprachkurs in Esperanto. Laut William Shatner gibt es jedoch eine andere Kunstsprache, die man bevorzugen sollte:

As time has gone by, I’ve learned that fluent Klingon speakers are a bit more of a handful. — William Shatner

Meinungen

Utho Maier · 31.01.2020

Sehr informativ, was da alles an Information zu diesem alten Schinken zusammengetragen wurde.
Leider ein kleiner Fehler ist enthalten, vielleicht nur ein Flüchtigkeitsfehler?
"... dessen Dialoge vollständig in der 1877 entwickelten Plansprache geschrieben waren."
Da machen Sie das Esperanto 10 Jahre älter, als es tatsächlich ist - vielleicht kann man das ja noch korrigieren?
Salutas amike, Utho