zurück zur Übersicht
Specials

Ein Grund zum Jubilieren - Das Buch „Ingrid Bergman - Ein Leben in Bildern“

Ein Beitrag von Andreas Köhnemann

Ein „Buch der Bilder“, das sich auf rund 500 Seiten einer Frau widmet, die – völlig zu Recht – als Inbegriff natürlicher Schönheit gilt, muss doch ein wunderbares Buch sein, oder? Ja, in der Tat: Das Blättern in der Foto-Biografie Ingrid Bergman – Ein Leben in Bildern ist ein Genuss, auch dank der klugen Zusammenstellung sowie der gelungenen Begleittexte.

Meinungen
Foto am Set von „Ich kämpfe um dich“ aus dem Jahre 1944: Bergman und Gregory Peck gönnen sich eine Eis-Pause
Foto am Set von Ich kämpfe um dich aus dem Jahre 1944: Bergman und Gregory Peck gönnen sich eine Eis-Pause.

Das von Bergmans Tochter Isabella Rossellini sowie dem Verleger Lothar Schirmer herausgegebene Buch, das 2013 erstmals erschien und zum 100. Geburtstag der schwedischen Schauspielerin (am 29. August 2015) in einer broschierten Jubiläumsausgabe veröffentlicht wurde, ist eine visuelle Hommage – sowohl an den vielgestaltigen Kino-Star als auch an den Menschen hinter dem Mythos. Es reicht von der Kindheit, Jugend und frühen Karriere in Bergmans Heimatland über den Durchbruch in Hollywood, die „skandalöse“ Verbindung mit dem italienischen Regisseur Roberto Rossellini bis hin zum beruflichen sowie privaten Neustart (nach der Trennung von Rossellini) und schließlich zum Abschied und Tod im Jahre 1982.

Ehe der mit 385 Fotografien ausgestattete Abbildungsteil beginnt, beschreibt Schirmer in seiner kurzen Danksagung, wie „ein ökonomisch vernünftiges Vorhaben (…) grandios an der ästhetischen Realität zerschellt(e)“ (S. 5): Als er gemeinsam mit Isabella Rossellini versucht habe, die Anzahl der Bilder zu reduzieren, sei es den beiden zwar geglückt, etwa ein Drittel der ursprünglich ausgewählten Bilder gegen bessere auszutauschen – eine Reduktion des Materials sei jedoch schlicht unmöglich gewesen. In Anbetracht des Ergebnisses ist diese Aussage absolut nachvollziehbar.

Im sehr schön und sehr persönlich verfassten Vorwort schildert Bergmans norwegische Kollegin Liv Ullmann (Jahrgang 1938) die spannungsreiche Stimmung, die während (und am Rande) der Dreharbeiten zu Ingmar Bergmans Mutter-Tochter-Drama Herbstsonate (1978) geherrscht habe. Ullmann erläutert den „eisernen Willen“ der Schauspielkünstlerin Ingrid Bergman – sowie die „unglaubliche Kraft“ der Privatperson, die trotz ihrer Krebserkrankung eine Entschlossenheit gezeigt habe, „weiterzumachen und so lange wie irgend möglich ein ganzes, volles, lebenswertes Leben zu leben“ (S. 14/15). Deutlich zu spüren ist diese Energie in dem 1972 von Filmhistoriker John Kobal (1940-1991) geführten Bergman-Interview, das sich dem Vorwort anschließt und hier erstmalig in deutscher Sprache vorliegt.

Das Cover von Ingrid Bergman – Ein Leben in Bildern; Copyright: Schirmer / Mosel Verlag

Das Eintauchen in den Bildteil (welcher sich aus Stücken aus der Ingrid Bergman Collection der Wesleyan University sowie etlichen weiteren öffentlichen und privaten Sammlungen zusammensetzt) beginnt mit fotografischen Aufnahmen aus Bergmans Kindheit. In dieser kam es früh zu einer Tragödie: Die aus Hamburg stammende Mutter starb noch vor dem dritten Geburtstag der Tochter, daher folgt hier auf das offizielle Familienfoto zu dritt (um 1917) direkt das Trauerbild (circa 1918), auf welchem der junge Witwer Justus Bergman und die Halbwaise Ingrid das Porträt der Verstorbenen in Händen halten. Ingrids Vater betrieb seinerzeit ein Fotoatelier in Stockholm – und ließ seine Tochter oft vor seiner Kamera posieren. Nach dem Tod des Vaters im Jahre 1929 setzte die Jugendliche die „Selbstbefragung und Identitätsprüfung mit der Kamera“ (S. 48) durch zahlreiche Selbstporträts fort.

Auf Bilder von der Hochzeit mit dem Zahnarzt Petter Lindström (1937) folgen Filmstills aus Bergmans ersten Leinwand-Erfolgen in Schweden. Nach einem Aufenthalt in Berlin (wo sie 1938 Die vier Gesellen drehte) sowie der Geburt ihrer Tochter Pia fing für die begabte Schwedin 1939 das Abenteuer Hollywood an. Das Buch wartet in diesem Abschnitt mit vielen Set-Aufnahmen und Szenenfotos auf, die den aufstrebenden Star an der Seite von Kollegen wie Spencer Tracy (Arzt und Dämon), Humphrey Bogart (Casablanca), Gary Cooper (Wem die Stunde schlägt), Gregory Peck (Ich kämpfe um dich) oder Cary Grant (Berüchtigt) zeigen – sowie neben dem Schriftsteller Ernest Hemingway, dem Surrealisten Salvador Dalí oder dem Regiemeister Alfred Hitchcock.

Eine radikale Wende vollzog sich in Bergmans Leben bekanntermaßen, als die Arbeits- und bald auch Privatbeziehung mit dem neorealistischen Filmemacher Roberto Rossellini (1906-1977) begann: Beim Dreh zum Melodram Stromboli (1950) auf der gleichnamigen italienischen Vulkaninsel verliebten sich der Regisseur und seine Hauptdarstellerin ineinander – was in den konservativen Kreisen Hollywoods heftig skandalisiert wurde, da sowohl Bergman als auch Rossellini anderweitig verheiratet waren. Im Februar 1950 brachte Bergman den gemeinsamen Sohn Robertino zur Welt; im Juni 1952 wurden die Zwillinge Isotta und Isabella geboren. Für das vorliegende Buch hat Roberto Rossellini jun. Fotos aus den privaten Alben der Familie zur Verfügung gestellt.


Bergman und Roberto Rossellini auf einer Wochenendfahrt ins südliche Italien; Copyright: Ingrid Bergman Collection, Wesleyan University / courtesy Schirmer / Mosel Verlag

Nicht minder sehenswert sind schließlich die Bilder im Kapitel Neue Karriere – Neues Glück (1958-1965) sowie im Abschlusskapitel. Bergman lernte nach der Trennung von Rossellini den Theateragenten Lars Schmidt kennen. Mit Cary Grant – ihrem Co-Star aus Berüchtigt – stand sie in London für die Screwball Comedy Indiskret (1958) vor der Kamera; neben diversen Bühnenauftritten folgten unter anderem noch die Filme Die Herberge zur sechsten Glückseligkeit (1958), Die Kaktusblüte (1969) und die Agatha-Christie-Adaption Mord im Orient-Express (1974), für die Bergman ihren dritten Oscar erhielt.

Auf den letzten Seiten von Ingrid Bergman – Ein Leben in Bildern findet sich das letzte offizielle Porträt Bergmans von 1982 sowie eine Fotografie, die den Felsen von Danholmen zeigt, vor dem Bergmans Asche ins Meer gestreut wurde und auf dem ihr Namenszug sowie ihre Lebensdaten eingemeißelt sind. Den Abschluss bildet eine Aufnahme, die Bergmans Unsterblichkeit veranschaulicht: Auf einem großen Monitor im japanischen Shinjuku-Viertel verleiht sie dem urbanen Treiben einen glamourösen Glanz.

Ingrid Bergman – Ein Leben in Bildern, herausgegeben von Isabella Rossellini und Lothar Schirmer, Schirmer / Mosel Verlag München, 528 Seiten, € 49.80, ISBN 978-3-8296-0702-5.

Meinungen