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Brendan Fraser - Vom Action-Clown zum Oscar-Gewinner

Ein Beitrag von Markus Fiedler

Er besitzt den amerikanischen und den kanadischen Pass, spricht fließend Französisch und gehört seit mehr als 30 Jahren zu den bekannten Gesichtern von Hollywood. Dennoch ist Brendan Fraser nie über den Ruf als lustiger Actionstar hinausgekommen – bis er einen Oscar gewann.

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Brendan Fraser, rechts in "The Whale"
Brendan Fraser, rechts in "The Whale"

Mit 1,90 Metern Körpergröße, einem strahlenden Zahnpastalächeln und einem durchtrainierten, muskulösen Körper war der junge Brendan Fraser eigentlich prädestiniert dafür, entweder in Actionfilmen seinen Mann zu stehen oder in Komödien den trotteligen Muskelprotz zu geben. Fraser entscheid sich früh dazu, lieber in Komödien zu spielen, und wurde mit Filmen wie „Steinzeit Junior“ oder „Airheads“ schnell zum bekannten Gesicht in Hollywood – und zur sicheren Bank für etwas unterbelichtete, aber grundsympathische Charaktere. Der in Indianapolis geborene Schauspieler nahm bereits zu Beginn seiner Karriere auch immer wieder Angebote in anspruchsvolleren Filmen an, in denen er allerdings oft kaum wahrgenommen wurde. So war er 1998 in einer wichtigen Rolle im oscarprämierten „Gods and Monsters“ zu sehen, der von den letzten Tagen des von Hollywood verstoßenen Horrorregisseur James Whale erzählte. Dort spielte Fraser an der Seite von Ian McKellan und ließ bereits erkennen, dass er zu mehr in der Lage war, als nur gut auszusehen.

 

Klassischer Abenteurer

Dennoch erfolgte sein großer internationaler Durchbruch nur ein Jahr später in einer Paraderolle für gutaussehende, muskulöse Typen: in Die Mumie, an der Seite von Rachel Weisz. Doch hier gelang es Fraser, nicht einfach nur den Helden zu geben, sondern auch eine Menge seines Comedy-Talents zu zeigen, was großartig mit der ohnehin nicht allzu ernsten Intention des Films zusammenpasste. Die Mumie wurde mit mehr als 400 Millionen Dollar Einspielergebnis zu Frasers größtem kommerziellen Erfolg und zog zwei Fortsetzungen nach sich, die allerdings die Qualität des ersten Films nicht mehr erreichten und mir Weisz nach Teil zwei auch die Hauptdarstellerin verloren. Fraser standen aber nun viele Türen offen. Der bereits vor Die Mumie gedrehte Eve und der letzte Gentleman, in dem Fraser wieder einen romantischen und leicht trotteligen Helden spielte, festigte sein Image als sympathischer Saubermann, der in romantischen Komödien und Abenteuerfilmen gut einzusetzen war. Was er in der Komödie Teuflisch an der Seite von Liz Hurley in gleich mehreren Rollen auch unter Beweis stellte.

Doch Fraser gab seine Ambitionen, auch in ernsten, schwereren Filmen mitzuspielen und sich dort zu beweisen, nie auf. 2004 nahm er eine Rolle in L.A. Crash an und überzeugte dort als junger Staatsanwalt, der mit dem alltäglichen Rassismus in Kontakt kommt. Doch es gelang Fraser nicht, als Charakterdarsteller im Gedächtnis der Casting-Agenten und Regisseure zu bleiben und so landete er doch wieder bei Projekten wie Die Reise zum Mittelpunkt der Erde (2008), bei dessen Fortsetzung er nicht mehr dabei war. Fraser kämpfte zu dieser Zeit mit anderen Problemen.

 

Private Schieflage

2007 wurde bekannt, dass die langjährige Ehe mit seiner Gattin Afton Smith zerrüttet war und das Paar sich scheiden lassen würde. Vor Gericht wurde Fraser zu Zahlungen von etwa 900.000 Dollar pro Jahr an Smith und die drei gemeinsamen Kinder verurteilt. Die Zahlungen fielen ihm allerdings mit ausbleibenden Angeboten für Rollen immer schwerer, sodass er – erfolglos – geringere Zahlungen beantragte. Dazu kamen langwierige und schmerzhafte Operationen und Rehas, da er sich bei Filmstunts immer wieder Verletzungen zugezogen hatte, die mittlerweile Probleme bereiteten. Fraser hat ein teilweise künstliches Knie, musste sich einem Eingriff an der Wirbelsäule unterziehen und – für Schauspieler besonders schlimm – einer OP an den Stimmbändern. 2018 war für ihn der Tiefpunkt. Er wurde nach eigenen Angaben von Philip Berk, dem Präsidenten der Hollywood Foreign Press Association, die die Golden Globes vergibt, sexuell belästigt, seine Mutter starb, und er stand vor dem finanziellen Ruin. Fraser wurde depressiv, begab sich in Behandlung.

In dieser Zeit bekam seine Karriere, die nie gänzlich versiegt war, aber zumindest schwer atmete, neuen Schwung. Als Teil der Doom Patrol konnte er in der DC-Superheldenserie wieder auf sich aufmerksam machen, und Steven Soderbergh besetzte ihn in seinem Thriller No Sudden Move neben Kollegen wie Don Cheadle, Jon Hamm oder Ray Liotta. Es schien für den inzwischen über 50-Jährigen wieder bergauf zu gehen.

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Das große Geschenk kam allerdings erst 2022, als Darren Aronofsky Fraser für die Hauptrolle in seiner Verfilmung The Whale nach dem gleichnamigen Theaterstück besetzte. Zwar musste Fraser sich täglich vier Stunden in die Maske begeben, um den fettleibigen Charlie zu spielen, diese Zeit dürfte der Schauspieler im Nachhinein aber sehr gerne investiert haben. Denn seine Darstellung im Film, der durchaus seine Schwächen hat, ist brillant. Alles, was den Schauspieler Brendan Fraser auszeichnete, seine Sanftmut, seine Güte, sein Humor und sein ansteckender Optimismus, die er in vielen seiner Filme zeigte, verschmelzen in The Whale zu einem unwiderstehlichen Konglomerat und machen den Film zu einem großartigen Erlebnis für Freunde der Schauspielkunst. 

 

Ein Wal von einer Rolle

Zwar bewies Aronofsky als Regisseur nicht immer ein gutes Händchen, vieles in seinem Film wirkt überinszeniert und zu sehr auf Emotion getrimmt, um wirklich beim Publikum anzukommen. Aber seine Auswahl bei den Schauspielern ist makellos. Denn neben Fraser machen auch die oscarnominierte Hong Chau und die aus Stranger Things bekannte Sadie Sink The Whale schauspielerisch zu einem Glanzstück. Was dieses Trio trotz mitunter meterdicken Schichten aus schluchzenden Geigen an wahrer und tiefer Emotion auf die Leinwand bringt, ist einfach verdammt gut. Und dürfte für Fraser möglicherweise Türen in Hollywood geöffnet haben, die ihm bislang verschlossen blieben.

Wie sehr diese Wendung den sanften Riesen in seinem Leben anrührte, war bei seinem Oscar-Gewinn als Bester männlicher Hauptdarsteller deutlich zu sehen. Neben den Auszeichnungen für Jamie Lee Curtis, Michelle Yeoh und Ke Huy Quan war Frasers Rede der emotionale Höhepunkt des Abends und dürfte Filmfans noch lange in Erinnerung bleiben. Dass sich Quan und Fraser aus alten Zeiten kannten, beide im selben Jahr wie ein Phönix aus der Asche auf Hollywoods große Bühne zurückkehrten und das ausgelassen feierten, gehört zu den Momenten im Filmjahr 2023, die sich besonders gut anfühlen.

Doch wie geht es weiter mit Brendan Fraser? Ist der Oscar-Gewinn wirklich die Initialzündung, nicht nur für eine Rückkehr in große Blockbuster-Filme, sondern auch als anerkannter Charakterdarsteller? Es ist noch zu früh, darüber ein Urteil zu fällen. Immerhin drehte Fraser bereits mit Martin Scorsese: In dessen neuestem Mammutwerk Killers of the Flower Moon übernimmt er eine größere Rolle. Und die Komödie Brothers, in der er neben Kollegen wie Josh Brolin, Peter Dinklage und Glenn Close spielt, ist bereits abgedreht. 

Meinungen

Niko · 27.04.2023

Klingt nach der klassischen Heldenreise, Up and down, und wieder up. Freut mich für ihn.