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Streaming-Tipp für Kinder: Moritz in der Litfaßsäule

Ein Beitrag von Rochus Wolff

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Moritz in der Litfaßsäule

Moritz Zack ist anders als sein Nachname es suggeriert: Nicht nur für seine Eltern, die ewig in Eile sind, ist er ewig zu langsam. Beim Aufstehen, beim Frühstück, auf dem Weg zur Schule. Natürlich kommt er immer zu spät, in den Klassenarbeiten bekommt er nur die Hälfte der Aufgaben fertig und sein Lehrer wird mit dem Plan nicht fertig.

Stattdessen lässt er lieber seine Gedanken wandern, schaut Fröschen und Libellen zu. Man solle seine Zeit sich einteilen und zu nutzen wissen, sagt sein Vater – dabei nimmt er sich kaum Zeit für ihn. Auch Moritz’ Mutter hat doppelt und dreifach zu tun: Arbeitet in der Schuhfabrik, lernt im Fernstudium und kümmert sich daheim um alles, wenn der Vater an sein Arbeitszimmer das „Bitte nicht stören“-Schild aufhängt.

Alle sind fleißig, nur Moritz träumt: Für einen DEFA-Film ist Moritz in der Litfaßsäule – ein Klassiker nach dem Buch von Christa Kožik – doch sehr deutlich eine Anekdote wider die Planerfüllung, pardon: Arbeitsmoral. Aber in den 1980er Jahren war da schon vieles möglich. Und Rolf Losansky zeigt die beschauliche Kleinstadt auch als einigermaßen vom wahren Leben entrückt: Es geht friedlich zu, der Polizeihund ist ein durch Haarwuchsmittel sehr zottelig gewordener Schäferhund und in der Litfaßsäule mitten auf dem Marktplatz lebt eine sprechende Katze mit leuchtend grünen Augen.

Zu der zieht Moritz ein, als er wegläuft und sich verstecken muss. Nur der Plakatkleber und Straßenfeger kennt sein Versteck, und vielleicht noch Kitty, die Seiltänzerin aus dem Zirkus, wie Moritz vielleicht neun Jahre alt. Wie eine Erscheinung schreitet sie einmal zwischen zwei Zirkuswagen in der Luft hin und her, da ist Moritz schon das erste Mal ein wenig verliebt. Und die ganze Stadt sucht nach ihm, inklusive Suchplakat an der, an seiner Litfaßsäule: „Besondere Kennzeichen: sehr langsam“.
Es gibt natürlich ein gutes Ende in dieser sehr geruhsamen kleinen Geschichte, mit der Katze und schließlich auch dem Straßenfeger denkt Moritz über die Welt nach und über die Menschen darin, bevor er sich irgendwann seinem nachts durch die Stadt suchenden Vater offenbart: „Ich habe nachgedacht, und dabei bin ich älter geworden.“

FSK 0, empfohlen ab 6 Jahren

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