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Streaming-Tipp für Kinder: Herr der Diebe

Ein Beitrag von Rochus Wolff

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Herr der Diebe

Auf keinen Fall wird Prosper seinen kleinen Bruder Bo zurücklassen – er macht sich aus dem Waisenhaus davon, um den Sechsjährigen bei Tante und Onkel zurückzulassen, deren Nachname Hartlieb schon sehr deutlich anzeigt, was ihn dort erwartet. Das ältere Kind, Teenager, war ihnen jedenfalls nicht mehr formbar genug. Und so reißen die beiden nun aus – nach Venedig, von dem ihre alleinerziehende Mutter immer so viel geschwärmt hatte. Bevor sie dort aber hungrig in einem feuchten Hauseingang übernachten, nimmt sie dann doch der 15-jährige Scipio auf, der selbsternannte „Herr der Diebe“: stets mit Maske unterwegs, in einem verlassenen Kino wohnt seine Bande von Waisenkindern.

Die beiden Brüder finden so schnell ein Zuhause, geben sich mit dem Hehler Barbarossa ab, weichen einem Privatdetektiv aus, der ihnen auf den Fersen ist – und werden schließlich mit Scipios Bande für einen großen Raubzug engagiert. Endlich genug Essen für alle, eine ordentliche Zahnbehandlung für den wilden Riccio? Natürlich sagen sie nicht nein.

Herr der Diebe war die erste große Verfilmung eines Romans von Cornelia Funke, man möchte fast sagen: ein erster Versuch, ihre fantastischen Ideen auch fürs Kino zu erzählen. Regisseur Richard Claus (der mit Daniel Musgrave auch das Drehbuch geschrieben hat) macht das vielleicht ein wenig konventionell, inszeniert die Geschichte vor allem als Abenteuerfilm mit schnellen Blicken durch die engen Gassen Venedigs, mit Bootsfahrten und verfallenden Gemäuern. So bleibt die Geschichte aber auch für das jüngere Publikum gut nachvollziehbar.

Ein wenig leidet unter der Action die Figurentiefe, es wird sehr viel nur angedeutet, was das Buch wohl stärker ausspielt. Dafür gibt es schon früh einige magische Spezialeffekte, wenn sich für Bos (und unsere) Augen die Statuen und Brunnenfiguren der Lagunenstadt in Bewegung setzen.

Richtig fantastisch und ein wenig albern wird es dann im letzten Drittel und das Happy End ist womöglich ein bisschen zu braves, zu plötzliches Familienidyll… da weiß man aber schon längst, dass der recht bodenständige Blick auf die Welt, den Herr der Diebe im ersten Drittel vorgab, nur sich ständig offenbarende Täuschungen versteckte. Stattdessen pflegt die Geschichte einen leichtfüßigen, gar nur flüchtigen Kontakt mit dem Boden der kargen Realität und entscheidet sich eher für die eilend-fliegenden Schritte eines Diebes über venezianische Dachfirste.

FSK 6, empfohlen ab 8 Jahren

Bei mehreren Anbietern als VoD verfügbar.

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