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Klassiker mit Kindern: Animal Farm – Aufstand der Tiere

Ein Beitrag von Rochus Wolff

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Animal Farm (Special Edition) von Joy Batchelor
Animal Farm (Special Edition) von Joy Batchelor

In dieser Rubrik will ich in den kommenden Wochen jeweils zum Wochenende in die Kiste der Filmgeschichte greifen um (mehr oder minder große) Klassiker hervorzuheben – und zu schauen, ob und ab wann sie sich auch mit Kindern anschauen lassen. (Spoiler Alert: In den meisten Fällen ist das super.)

Es gibt zahlreiche Missverständnisse um diesen Film. Der traumatisierendste natürlich ist, dass er, da er ein Animationsfilm sei, auch für Kinder gedacht sei. Dabei ist die gelegentlich an die zeitgenössischen Disney-Filme erinnernde Ästhetik allenfalls eine Art trojanisches Pferd, mit dem der nicht nur politische, sondern auch durchaus satirisch-ätzende, ungedämpfte Inhalt leichter den Sehnerv hinunterrinnen soll.

Die Tiere schmeißen Bauer Jones vom Hof, der nur noch trinkt und Tiere schlägt, sich um ihr Wohl und das des Hofes aber nicht mehr kümmert. Unter Anleitung der Schweine wird eine prosperierende Farm daraus, bis der machthungrige Eber Napoleon seinen Rivalen Schneeball vertreibt. Der hatte auf Bildung und Fortschritt für alle gesetzt, Napoleon hingegen fördert die seinen, also die Schweine und ihre Wachhunde, bis schließlich, das kennt man ja, der Grundsatz „Alle Tiere sind gleich“ ergänzt wird um „aber einige sind gleicher.“

George Orwell hat Animal Farm noch während des Zweiten Weltkrieges geschrieben, erschienen ist es dann 1945 – und der Film von Joy Batchelor und John Halas neun Jahre später, nachdem dem Vernehmen nach die CIA die Filmrechte gekauft hatte, um sich den Stoff für antikommunistische Propaganda zunutze zu machen.

Dass daraus mit Animal Farm – Aufstand der Tiere ein so sensationeller, sensationell bestürzender Film geworden ist, liegt daran, dass auch das ein Missverständnis ist: Natürlich zeichnet Orwell, selbst ein überzeugter Linker, hier das Absinken des sozialistischen Experiments in die Gräuel und Ungerechtigkeiten des Stalinismus nach. Aber die Verlogenheit, die Propaganda des unterwürfigen Quieker, all das passt auf alle Diktaturen, Oligarchien, Ausbeutungssysteme – egal, welcher politische Stempel draufklebt.

Deshalb ist es eine gute Idee, den Film keinen kleinen Kindern zu zeigen, die Boxers Abschiebung zum Abdecker traumatisieren muss, ohne dass sie die Gründe verstehen; aber unseren Heranwachsenden dann eben doch, damit sie – auch wenn der Ruf „Genosse“ ihnen fremd sein mag – in Napoleons Gehabe und Getöne die Stalins, Hitlers, Trumps, die Verführer in Vergangenheit und Gegenwart wiedererkennen mögen.

FSK 6, empfohlen ab 12 Jahren

Auf mehreren Plattformen als VoD verfügbar.

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