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Couch-Perle: Myanmar Diaries

Ein Beitrag von Joachim Kurz

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Filmstill zu Myanmar Diaries (2022)
Myanmar Diaries - Flaschenpost aus Myanmar (2022) von The Myanmar Film Collective

Etwas mehr als zwei Jahre liegen die Geschehnisse zurück, von denen Myanmar Diaries berichtet: Am 1. Februar 2021 übernahm das Militär in Myanmar unter der Führung von General Min Aung Hlaing gewaltsam die Macht und setzte damit der demokratisch gewählten Regierung unter Aung San Suu Kyi ein jähes und brutales Ende. Als Grund für den Staatsstreich gab das Militär angeblichen Wahlbetrug an. Ín der Folge des Umsturzes kam es zu landesweiten Protesten, die die Generäle mit äußerster Brutalität niederschlugen. Bis zum Januar 2023 saßen noch mehr als 13.000 Menschen wegen der Proteste in Haft, mehr als 2.700 Protestierende wurden nach Angaben der Menschenrechtsorganisation AAPP ermordet.

Bereits ein Jahr nach dem Putsch war auf der Berlinale 2022 der hybride Dokumentarfilm Myanmar Diaries — Flaschenpost aus Myanmar zu sehen. In ihm haben zehn anonym bleibende burmesische Filmschaffende, die zu ihrem eigenen Schutz als The Myanmar Film Collective auftreten, Aufnahmen von Bürgerjournalist*innen und Aktivist*innen zusammengestellt, die einen erschütternden und bewegenden Einblick in das Herz eines Volkes geben, das seine Freiheit und Demokratie nicht so einfach in die Hände skrupelloser Militärs geben will, die das Land immer wieder mit Terror überziehen. Und obwohl man aus Schutz vor den Machthabern fast nie Gesichter sieht, gelingt es diesem 70-minütigen Film dennoch, die Verzweiflung der Menschen in Myanmar, aber auch ihre Kreativität und ihren Mut sicht- und begreifbar zu machen – mit teilweise ganz einfachen künstlerischen Mitteln, die dennoch eine ungeheure Wirkung entfalten. So sehen wir beispielsweise immer wieder eine junge Frau von hinten an einem Keyboard sitzend und Klavier üben. Dazu hören wir ihre Stimme, die davon spricht, sich einen Schmetterling tätowieren zu lassen, wenn es denn endlich gelungen ist, die Freiheit zu erringen. Dann ist das Keyboard verwaist, wir sehen nur noch die Noten und begreifen schlagartig, dass sie bei den Protesten umgekommen sein muss. Der Schmetterling aber, von dem sie träumte, lebt in animierter Form fort.

Immer wieder finden die Macher*innen des Films Erzählfiguren wie diese und zeigen mit einfachsten Mitteln die Hartnäckigkeit und auch die Schönheit des Widerstands gegen ein mörderisches Regime. Der unter schwierigsten Bedingungen und größter Gefahr realisierte Film feierte am 13. Februar 2022 seine Weltpremiere bei der Berlinale in der Sektion Panorama und wurde mit dem Preis als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Er ist ein Fanal für all die Aktivist*innen überall auf der Welt, die Film und Kino als Waffe gegen Terror und Willkür begreifen. Ein Film, der trotz aller Grausamkeit Mut macht, dass eine andere Welt möglich ist. 

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Der Film ist derzeit und noch bis zum nächsten Jahr in der Mediathek von ARTE zu sehen – und zwar hier.

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