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Darling der Woche

Wicked Witches

Ein Beitrag von Bianka-Isabell Scharmann

Notizen zu den ‚wicked witches‘ von Oz - im Andenken an Margaret Hamilton, die böse Hexe des Westens. 

Meinungen
Drei grüne, wicked Hexen
"Die fantastische Welt von Oz" / "Der Zauberer von Oz" / "Once Upon a Time"

Denkt man an Der Zauberer von Oz (1938), werden nicht nur automatisch Erinnerungen an Judy Garland und ihre melancholisch-schöne Interpretation von ‚Somewhere over the rainbow‘ wachgerufen, sieht man Dorothy nicht nur die Hacken der ruby slippers aneinander schlagen oder sie mit Vogelscheuche, Blechmann und Löwe über die yellow brick road tänzeln: man hört auch die Munchkins „Ding Dong, the witch is dead“ singen, und noch viel wichtiger, das Motiv, mit dem Miss Almira Gulch noch in Kansas eingeführt wird, an dem man sie später in Oz als die ‚wicked witch of the west‘, die böse Hexe des Westens erkennen wird.

 

Margaret Hamilton, MGM und die böse Hexe des Westens

Margaret_Hamilton_1966.jpg
Margaret Hamilton 1966 © Public Domain
via Wikimedia Commons 

Am 16. Mai 1985, also vor 35 Jahren, verstarb Margaret Hamilton, die Schauspielerin, die die so ikonisch gewordene Hexe aus dem Technicolor-Streifen verkörperte. Die Rolle sollte umgekehrt Hamiltons Image nachhaltig prägen. Diese war vor ihrem Engagement erst Lehrerin und spielte sieben Jahre lang Charakterrollen. Auch nach Der Zauberer von Oz blieb Hamilton beim Film und arbeitete sogar bis kurz vor ihrem Tod noch fürs Fernsehen. Doch keine andere Rolle sollte die der ‚wicked witch‘ in den Schatten stellen können. Und mal ganz ehrlich: ist das denn wirklich etwas Schlechtes?

Hamilton ertrug während der Dreharbeiten zum Film so einiges: ihr wurden Verbrennung zweiten und auch dritten Grades aufgrund eines Unfalls zugefügt; das grüne Make-Up bestand aus giftigem Kupfer-Oxid. Trotz allem scheint ihr die Rolle sichtlich Freude bereitet zu haben, eine Spielfreude, die sich überträgt. 

Fast wäre es jedoch gar nicht zu dieser ikonischen Rolle gekommen: Zum einen ist die böse Hexe des Westens in der Buchvorlage nur ein unbedeutender Charakter, ohne Besen und nicht grün; zum anderen sollte der Charakter erst unglaublich glamourös sein. Verkörpert werden sollte sie von Gale Sondergaard, die gerade ihr Filmdebüt in Ein rastloses Leben (1936) gefeiert hatte, was ihr direkt den Oscar als beste Nebendarstellerin bescherte. Es war geplant, sie im Stil von Schneewittchens böser Königin (die ja auch eine Hexe ist) zu inszenieren, in langer Robe samt schwarzer Pailletten Glinda die Show zu stehlen (man findet online sogar Bilder des Tests). Doch als sich MGM dazu entschied, die schöne Böse in eine hässliche zu verwandeln, sagte Sondergaard ab und Hamilton zu. Ob sie das wohl jemals bereut hat? 

 

Zurück in Oz

In 1985 wurde Der Zauberer von Oz mit Oz — eine fantastische Welt (im Englischen Return to Oz, was das Auseinanderhalten der Filme um einiges vereinfacht) fortgesetzt, auf den dann 2013 das Prequel Die fantastische Welt von Oz folgte. Das Sequel aus 1985 ist hier weniger interessant — bietet es zwar mit Mombi (Jean Marsh) eine böse Prinzessin/Hexe, die eine Vorliebe für die Köpfe und wohl auch Schönheit anderer Frauen hat, derer sie sich bemächtigt um sie statt ihres eigenen Hauptes ihren eigenen Körper krönen zu lassen, wartet es jedoch nicht mir einer weiteren Inkarnation der wicked witch auf. 

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Das änderte sich mit dem Prequel, in dem der wicked witch nun auch ein Name verpasst und psychologisiert wurde: Theodora (Mila Kunis) wird von ihren eigenen Kräften übermannt und verwandelt sich aus Herzschmerz und aufgrund der Tatsache, dass sie als Spielball verschiedener Akteur*innen benutzt wird — ihre Schwester (Rachel Weisz), der Zauberer (James Franco) — in die grüne Version ihrer selbst, samt Hakennase und langen Fingernägeln. „Schwester, du bist so hässlich.“ Ein Echo des Ausspruchs Glindas aus Der Zauberer von Oz: „Only bad witches are ugly“. Die Frage ist nur, welches Konzept von Schönheit legen hier die Frauen zugrunde? 

Das Bösesein der Wicked Witch of the West aus Der Zauberer von Oz wurde somit aus seinem Einfach-so-sein herausgelöst und bekam eine Art feministischen Twist: Werden Frauen, die von Männern hintergegangen werden, zu Hexen. Dass das durchaus feministisches Potential hat, ist klar. Nimmt jedoch auch der simplen Böshaftigkeit der originalen wicked witch etwas von ihrer Verve. Denn sind wir mal ehrlich: gut sein, das ist doch eigentlich langweilig. Und entspricht doch viel zu sehr dem, was eine patriarchale Gesellschaft von Frauen erwartet. 

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Unvergessen dürfte auch Zelenas (Rebecca Mader) Musicaleinlage in Once Upon a Time sein, in der sie voller Innbrust ‚wicked always wins‘ schmettert. Und einen wichtigen Unterschied im Englischen zu ‚evil‘ aufmacht — wir übersetzen beide Worte ja gerne mit böse. Aber wickedness, das hat doch irgendwie was schön Grünes, etwas auch hinterhältiges und Gemeines. Und in Zelenas wie auch in Theodoras Inkarnation der grünen Wicked Witch, etwas ungemein Glamouröses. 

 

‚Witches Are Having Their Hour’

Zum Schluss sei noch einmal das feministische Moment angesprochen: Denn Hexen werden schon seit einiger Zeit als feministische Ikonen reklamiert. So formulierte es Pam Grossman gegenüber der New York Times letzten Herbst: 

„The witch is a feminine archetype who has authority over herself. She doesn’t get power in relationship to other people. She has power on her own terms. And because of that she is, I believe, the ultimate feminist icon.“

Hexen sind mächtige Frauen, die einfach auch mal aus Freude an der Boshaftigkeit böse sind. Die nach ihren eigenen Regeln spielen. Und in vollen Zügen wicked sind. 

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