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Darling der Woche

Utopie und Realitätseinbruch: Die Bauhausfrauen

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

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Still aus "Bauhausfrauen"
Still aus "Bauhausfrauen"

Vor 100 Jahren wurde in Weimar das Bauhaus gegründet, eine Kunstschule als Sinnbild der Moderne, die Architektur- und Designgeschichte schreiben sollte. Walter Gropius, Lyonel Feininger, Marcel Breuer, Christian Dell… Wie so oft ist das Bauhaus-Kapitel in den meisten Geschichtsbüchern von Männern dominiert.

Schon im Februar nahm sich ein TV-Spielfilm dieses Wahrnehmungsmissstandes an — und erntete skeptische Kritiken. Wohlgemerkt wegen seiner Form, nicht wegen des Inhalts. Verkitschungsbefehl von ganz oben, war Hannah Pilarczyks Kritik über Lotte am Bauhaus im Spiegel betitelt.

Empfehlen möchten wir hingegen eine Dokumentation, die im Programm auf den Spielfilm folgte und aktuell in der ARD-Mediathek sowie auf Youtube zu finden ist. Bauhausfrauen rollt unter der Regie von Susanne Radelhof die Geschichte des Bauhaus noch einmal aus einer ganz neuen Perspektive auf, interviewt Historikerinnen und Nachfahren, macht nie gesehenes Archivmaterial und Tagebucheinträge öffentlich. Der Fokus liegt dabei auf der Textildesignerin Gunta Stölzl, der Designerin Alma Buscher und der Malerin, Designerin, Kunsthandwerkerin und Innenarchitektin Friedl Dicker.

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Ganz besonders wirkungsvoll gelungen ist Bauhausfrauen, weil er die Zulassung zahlreicher Frauen an der Schule, deren Hoffnung auf ein freieren Leben und Selbstverwirklichung zuerst als eine Art gelebte Utopie zeichnet und dann schleichend die Realität Einzug halten lässt: Gropius‘ Feigheit und das Ego der männlichen Bauhaus-Protagonisten, die die Arbeit der Frauen behinderten und sie in die „Frauenklasse“, die Weberei, abzudrängen versuchten, der kippende Zeitgeist und die politischen Umwälzungen ab Ende der 1920er Jahre. Wenn überhaupt etwas, dann zeigt die Dokumentation noch einmal eindrucksvoll, dass die NS-Diktatur auf allen Ebenen eine Katastrophe war.

 

TIPP: Mit Bauhausmädels. A Tribute to Pioneering Women Artists bringt der Taschen Verlag noch in diesem Monat einen opulenten Band heraus, in dem die Bauhausfrauen und ihre Arbeiten ausführlich vorgestellt werden.

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