Nach dem großen Erfolg des ersten eigenen Minions Film (zuvor waren diese nur Nebencharaktere in den Ich – Einfach unverbesserlich Filmen) aus 2015, kam Ende Juni 2022 der zweite Teil in die Kinos. Die Zahlen vom ersten Wochenende nach Kinostart bestätigen das große Interesse an einem weiteren Film mit den kleinen, gelben Wesen als Protagonisten. Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss ist der erfolgreichste 4. Juli-Kinostart aller Zeiten, nachdem er am Wochenende in den USA und Kanada über 125 Millionen Dollar eingespielt hat.

Zugegeben, das Franchise hat viele Fans, aber bei diesen Rekordzahlen muss noch etwas anderes dahinterstecken. Zusätzliche Aufmerksamkeit bekam der Film durch den Gentleminion-Trend, was sich schnell zu einem viralen Phänomen entwickelte. Auf der Social-Media-App TikTok sammeln sich seit dem Kinostart immer mehr Videos an, die Kinobesuche von Gruppen von Jugendlichen dokumentieren, die sich selbst als The Gentleminions bezeichnen. In Anzügen verkleidet gehen die Gruppen in Vorstellungen und sitzen mit gespreizten Fingern (die charakteristische Geste des Superschurken Gru) in den Sälen. So harmlos bleibt es aber nicht immer. Kinos aus UK berichten von Randalen und Störungen während der Screenings. Gäste, die von diesem Trend nichts mitbekommen haben, waren entsetzt und verlangten ihr Geld zurück. Einige Kinos reagierten daraufhin mit Eintrittsverboten bei größeren Gruppen von Jugendlichen in Anzügen.

Doch warum eigentlich „Gentleminions“?

Die partizipative Kraft von Memes wurde schon so einige Male bewiesen, man denke nur an die ALS Ice Bucket Challenge, Harlem Shake oder Pokémon Go. Ein Trend trifft auf eine große Masse und alle wollen daran teilnehmen. Daraus resultieren tausende von Videos, die sich durch Hashtags weltweit verbreiten oder ganze Ansammlungen von Menschen treffen sich an bestimmten Orten, um gemeinsam Pokémons zu fangen. Warum nun genau die Kinovorstellungen von Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss Fokus eines Trends geworden sind, lässt sich folgendermaßen erklären.

Seit 2010, als der erste Ich – Einfach unverbesserlich Film in die Kinos kam, sind die Minions hinter uns her. Sie verfolgten uns lange auf Schritt und Tritt. Marketingplatzierungen auf Lebensmitteln, Unmengen von Merchandise in Form von Kleidung, Spielzeug und Co. sowie digitale Grußkarten und Memes sind lange Zeit täglich auf der Straße und im Internet zu sehen gewesen. Nun war es einige Zeit ruhig um sie. Hauptgrund dafür war die Verschiebung des Filmstarts durch die COVID-19 Pandemie. Der letzte Film dieses Franchises war Ich — Einfach unverbesserlich 3 und kam 2017 in die Kinos. Die Kinder, die diesen Film gesehen haben, sind jetzt Teenager, und freuen sich wohl tatsächlich über den Start des lang ersehnten Films. Den Kinobesuch mit einem schicken Outfit zu zelebrieren, wäre demnach eine logische Erklärung.

Man muss aber auch bedenken, dass in diesen fünf Jahren die Kinder auch zum Teil erwachsen geworden sind. Was bedeuten kann, dass eine kindliche Begeisterung für die Minions schnell in eine pubertäre Abneigung umschwingen kann. Über das frühere Verhalten wird sich lustig gemacht und man versucht den Kinobesuch ins Lächerliche zu ziehen. Demnach stehen die Anzüge für ein Merkmal der Adoleszenz. Der Kinobesuch wird Mittel zum Zweck und dient einer Parodie.

Im Grunde führen beide Motivationen dazu, dass derzeit viele Menschen Minions – Auf der Suche nach dem Mini-Boss in den Kinos sehen, was für die Kinos sehr lukrativ ist und auch zukünftig für volle Säle sorgen könnte. Einige Filme haben es den Minions schon vorgemacht.

Man denke nur an den Film The Room: ein Riesenflop, der dank ganzjähriger Vorführungen, bei denen die Zuschauer schrien und johlten und mit Plastikbesteck nach der Leinwand warfen, schließlich doch noch Gewinne einbrachte. Gemeinsame Sing-A-Long Vorstellungen zu Die Eiskönigin oder auch die partizipativen Erlebnisse bei Screenings von The Rocky Horror Picture Show. Die Kinos könnten daraus ihren Nutzen ziehen. Beispielsweise wären spezielle Gentleminion-Vorstellungen eine Möglichkeit, bei denen das junge Publikum direkt angesprochen wird und das Verkleiden aktiv gefördert wird. Somit werden auch keine anderen Gäste bei ihrem Kinobesuch gestört.

Gentleminions in Deutschland?

Wir haben bei den deutschen Kinoketten nachgefragt und wollten wissen, inwieweit sich der Trend auch hier in den Kinosälen bemerkbar macht. CineStar Geschäftsführer Oliver Fock meldete uns zurück:

„Flashmobs oder ähnliche Aktionen kommen immer mal wieder in unseren Kinos vor. Alles was den Kinobesuch als Gemeinschaftserlebnis aufwertet, freut uns sehr. Bisher hatten wir keinen Grund, uns über solche Aktionen zu ärgern. Jede Aktion rund um einen Filmstart beflügelt die Besucherzahlen und führt zu einer positiven Mundpropaganda. Der Filmstart der Minions kommt pünktlich zum Ferienstart in vielen Bundesländern und wirkt sich daher auch bei uns sehr positiv auf die Besucherzahlen aus.“

Die Welt der Memes scheint immer eine Überraschung auf Lager zu haben, man sollte diese nur früh genug erkennen und sich zu Nutzen machen. Wenn dieser Trend zu vollen Kinosälen führt, freuen wir uns umso mehr.