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Darling der Woche

SparkShorts - Disneys kleiner Hort der Kreativität

Ein Beitrag von Christian Neffe

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Bild aus "A Spark Story"
Foto aus "A Spark Story". Im Bild: Louis Gonzales, Regisseur von "Nona"

Als filmischer Großkonzern hat man es wirklich nicht leicht. Ständig muss man sich von Kritiker*innen anhören, man würde nur auf den Profit schielen, gestreamlinte Werke ins Kino bringen, seine Vormachtstellung am Markt missbrauchen und Kreativität dem Profit unterordnen. Was also dagegen tun? Ganz einfach: Ein Projekt auf die Beine stellen, das all dem zuwiderläuft und Nachwuchsfilmschaffende unterstützt sowie ihnen viele Freiheiten lässt. Image-Problem gelöst — oder zumindest ein symbolisches Zeichen gesetzt.

Spaß und Spott beiseite. Dass Disney sein früheres Image als Hort der zeichentricktechnischen Kreativität dank immergleicher Marvel-Produktionen, der jüngsten Star-Wars-Trilogie oder Realfilm-Remakes und -Premakes von Klassikern wie König der Löwen oder 101 Dalmatiner längst eingebüßt hat, ist unzweifelhaft und die Kritik daran berechtigt. Wäre da nicht — quasi als letzte Bastion des künstlerischen Freiraums — Pixar, die zuletzt mit Soul und Luca mal wieder überzeugen konnten. Doch auch deren Spielfilmproduktionen stehen, selbst wenn sie nicht im Kino, sondern nur auf Disney+ erscheinen, unter einem gewissen Erfolgsdruck. Allzu unkonventionell darf der Stil also nicht sein, und auch das Thema und dessen Aufbereitung müssen eine jüngere Zielgruppe ansprechen und im Idealfall dem Disney’schen Konstrukt von der idealen, heteronormativen Familien entsprechen.

Auftritt des bereits erwähntes Programms, das insbesondere den jüngeren Studiomitgliedern Raum zum Experimentieren lässt: SparkShorts. Dem haben wir eine ganze Handvoll kreativer Kurzfilme der vergangenen Jahre zu verdanken — und es werden in nächster Zeit noch mehr werden. Das Projekt steckt einen klaren, aber offenen Rahmen ab: Die Filmemacher*innen, die zuvor vor allem als Animationkünstler*innen bei Pixar aktiv waren, dürfen ein Team zusammenzustellen, sammeln damit erstmals Erfahrung in einer Führungsrolle und bekommen sechs Monate Zeit, um einen Animationskurzfilm zu produzieren. Dabei haben sie in der Regel Kontrolle sowohl über Regie als auch Drehbuch. Weitere Regeln gibt es, zumindest wenn man Aussagen seitens Disney glaubt, nicht.

Das hat uns in der Vergangenen solch wunderbare Filme wie Purl beschert, in dem es um toxische Männlichkeit am Arbeitsplatz geht, oder auch Out, den ersten Pixar-/Disney-Streifen mit einem homosexuellen Protagonisten. Dem kann man natürlich erneut mit dem Zynismus-Hammer begegnen: Warum braucht es für Letzteres erst ein solches Projekt, und dann kommt dabei nur ein Kurzfilm heraus, während explizit queere Figuren in Disneys Filmen nach wie vor durch Abwesenheit glänzen? Und überhaupt: Ist das nicht nur ein, wie erwähnt, reines Image-Projekt? Dafür da, neuen Content für Disney+ zu liefern, ein paar Oscar-Nominierungen einzustreichen und sich auf die Schultern klopfen zu können?

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Ohne Zweifel, all das kann man am SparkShorts-Programm monieren — oder aber es ganz puristisch als kreativen Freiraum begreifen, für neue Ideen, für die Nachwuchspflege, als Möglichkeit, andere Animationsstile (siehe Kitbull oder Burrow) auszuprobieren, neue Themen anzugehen, die im Disney-Kosmos bisher fehlten (siehe Out) oder ein eher erwachsenes Publikum ansprechen (siehe Purl). Und damit neue Impulse zu setzen und alte Formen aufzubrechen. Die Tatsache, dass sämtliche SparkShorts-Produktionen, zumindest bisher, frei verfügbar auf YouTube sind, entkräftigt zudem zumindest den „Content für D+“-Vorwurf.

Es sieht jedenfalls danach aus, als wolle der Micky-Maus-Konzern noch lange nicht damit aufhören. Im September sollen bereits zwei neue SparkShort-Filme erscheinen, Fast erwachsen und Nona heißen sie, ergänzt durch die Dokumentation A Spark Story, die Einblick in das Programm gibt, das innerhalb des durchkommerzialisierten Disney-Imperiums zumindest einen Hort, eine kleine Oase der Kreativität und Offenheit darstellt. Den kann man mit Zynismus natürlich einreißen — oder aber durch zumindest ein wenig positive Anerkennung dafür sorgen, dass das Projekt in Zukunft auch außerhalb der Kurzfilme hoffentlich Früchte trägt.

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