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Darling der Woche

"Right up your Alley": Ein Drohnen-Werbespot erreicht Hollywood

Ein Beitrag von Christian Neffe

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Eine Drohne
Eine Drohne

Als technisches Medium ist die ästhetische Entwicklung des Films seit jeher maßgeblich abhängig von den technologischen Entwicklungen, die für und durch ihn gemacht wurden. Tonfilm, Farbfilm, mobilere Kleinformatkameras, Digitalisierung, 3D — all dies hat das visuelle Erscheinungsbild großer und kleiner Produktionen wesentlich beeinflusst. Zuletzt waren es unter anderem Drohnen, die starken Einzug in die Filmästhetik hielten und nicht nur etwa in Dokumentarfilmen immer populärer werden, um beeindruckende Panoramaaufnahmen zu kreieren. Allerdings sind diese Einstellungen auch immer als offensichtliche „Drone Shots“ erkennbar, oft statisch und behäbig. Nach dem ersten „Wow!“-Effekt stellt sich deshalb gerne mal ästhetische Ernüchterung ein.

Ein neues und, man kann es nicht anders sagen, spektakuläres Video könnte diese Behäbigkeit nun ziemlich aufmischen. Right up your alley heißt der eineinhalbminütige Clip, bestehend aus einer kontinuierlichen Aufnahme, in der es von der Straße hinein in eine Bowling-Halle geht. Die Kamera dreht zwei Runden über die Bahnen, fliegt unter den Kugelhalterungen und durch die Beine eines Spielers hindurch, nach hinten in den Technikraum, durch die Bar, macht noch einen Schlenker in einen angrenzenden Kinosaal, wird schließlich selbst zur Bowlingkugel. Und das alles bei unfassbar hoher Geschwindigkeit.

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Nun ließe sich hier ob der technischen Virtuosität durchaus etwas Trickserei vermuten. Doch weit gefehlt: Right up your alley ist tatsächlich in einer einzigen Einstellung abgedreht worden. Dafür brauchte es zwar zehn Versuche, der letzte aber saß und geht nun viral. Das Video ist als innovativer Werbespot entstanden, mit dem die Lockdown-gebeutelte Bowling-Halle auf sich aufmerksam machen wollte. Das hat schon mal geklappt.

Verantwortlich für das Video zeichnete der Drohnenpilot Jay Christensen, der hier eine Renndrohne zum Einsatz brachte — jene Fluggeräte also, um die sich inzwischen schon eine eigene Randsportart gebildet hat. Und die deshalb auch sehr stabil konstruiert sind, weshalb die Drohne den abschließenden Crash in die Pins auch überlebte.

Für Filmfans ist Right up your alley aber nicht nur wegen des darin zu findenden Zitats aus The Big Lebowski interessant — sondern auch weil Hollywood inzwischen Wind von dem Clip bekommen hat. Darunter etwa James Gunn (Guardians of the Galaxy), der das Video auf Twitter mit dem treffenden Attribut „stupendous“ adelte, oder auch Lee Unkrich (Coco), der den Clip als „one of the most amazing things I’ve ever seen“ bezeichnete. Noch etwas umfangreicher und in die Zukunft blickend äußerte sich Todd Vaziri, Visual-Effects-Designer für gefühlt jeden dritten Blockbuster der letzten 20 Jahre: 

This kind of wonderful photographic innovation adds to the language and vocabulary of cinema. Just beautiful.

Hollywood weiß bestens, was es adaptieren muss, welche Trends es aufgreifen muss, um relevant zu bleiben. Es ist deshalb mehr als wahrscheinlich, dass wir in einigen Jahren ähnlich gelagerte Einstellungen auch in Spielfilmen erleben werden, etwa in dynamischen Actionszenen und Kampfchoreografien oder auch in Establishing Shots. Möglicherweise lässt sich ja sogar ein Martin Scorsese — in einer Art Inspirations-Zirkelschluss - darauf ein, seinen markanten Tracking Shot etwas moderner, peppiger zu gestalten und den nächsten Einmarsch in ein Gangster-Paradies statt mit einer ruhigen Over-Shoulder-Aufnahme auf eine ähnliche Weise wie Right up you alley zu inszenieren. Der Grundstein jedenfalls ist gelegt, die Innovation gemacht, und dass Hollywood sie aufgreifen wird, ist unzweifelhaft. Wenigstens wissen wir diesmal, wo die Idee ursprünglich herkam.

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