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Darling der Woche

Emanzipation für Aschenbrödel

Ein Beitrag von Katrin Doerksen

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Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild

Hach, Aschenbrödel, die schöne Geschichte, das Happy End, die tolle Musik, alle Jahre wieder… Alles richtig, aber wer genau hinschaut, dem dürfte auch ziemlich schnell auffallen, dass unser aller liebstes Weihnachtsmärchen zugleich auch ein kleines emanzipatorisches Meisterwerk ist.

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel, 1973 unter der Regie von Václav Vorlíček und mit Libuse Safránkova in der Hauptrolle bei Schloss Moritzburg entstanden, erzählt in abgewandelter Version das Märchen vom Aschenputtel, das mithilfe dreier Zaubernüsse den Prinzen für sich gewinnt. Und da sind wir auch schon beim springenden Punkt — nicht nur der Prinz (Pavel Trávnícek) ist im Film ein echter Trottel. Schaut man sich so in der winterlichen Aschenbrödelwelt um, dann haben eigentlich sämtliche männliche Figuren nicht allzu viel zu melden.

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Da ist zum Beispiel der wohlgenährte König (verkörpert vom 2018 verstorbenen Rolf Hoppe), der mit seinem aufbrausenden Temperament alles noch viel vertrackter machen würde, säße nicht neben ihm die kluge Gemahlin (Karin Lesch) in makelloser Haltung. Sie erinnert ihn an seine Pflichten ebenso wie an seine eigenen Unzulänglichkeiten während seiner Jugendzeit. Da dürfte Herr König dem einfältigen Sohnemann ziemlich geähnelt haben. Es ist nicht umsonst ein Running Gag des Films, dass das Prinzchen gemeinsam mit seinen Freunden in einem fort dem Geschichtslehrer davon läuft. Wer braucht schon Bildung, wenn er Strumpfhosen und dazu bald eine glänzend polierte Krone trägt?

Das rächt sich spätestens, als er mit Aschenbrödels Rätsel konfrontiert wird. Zu diesem Zeitpunkt haben wir sie als unscheinbare Dienstmagd gesehen, die ihre königlichen Verfolger zu Pferd locker abhängt. Wir haben sie verkleidet als adrette Jägerin gesehen, die besser schießt als der versammelte männliche Hofstaat. Und nun steht sie im silbergewirkten Kleid mit Schleppe ihrem Prinzen auf dem königlichen Ball gegenüber und wirft sich ihm trotzdem nicht so ohne Weiteres an den Hals.

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel; Copyright: WDR
Drei Haselnüsse für Aschenbrödel; Copyright: WDR

So bleibt dem Prinzen nichts anderes übrig als statt der grauen Zellen sein Pferd in Gang zu setzen und im stumpfen Ausschlussverfahren allen Frauen des benachbarten Hofes den verlorenen Schuh überzuhelfen. Apropos: Mit Carola Braunbock ist auch der Bösewicht des Films von imposanter Weiblichkeit besetzt. Mit der bösen Stiefmutter ist zwar nicht gut Kirschen essen, aber immerhin schmeißt die Frau einen ganzen Hof mit Dutzenden Angestellten. Und sie schafft es einen riesigen Ballonhut zu tragen, gleichzeitig eine Fackel in der Hand zu halten und dabei nicht abzuheben.

Aber zurück zum Punkt: Ohne es zu beabsichtigen ist das Aschenbrödel der 1973er DEFA-Version zu einer queeren Filmheldin geworden, bei der man es fast ein bisschen schade findet, dass der Prinz am Ende doch noch das Rätsel löst und sie in die Ehe mit ihm einwilligt. Dass ihm allerdings selbst noch in der letzten Einstellung des Films die Rolle zukommt, hinter seiner künftigen Gattin herzureiten - das passt dann wieder.

  • Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild
    Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild

    Auf diesem Hof haben Männer nur etwas zu melden, wenn sie zufällig gerade in die Stadt fahren und Stoffe und Schmuck mitbringen können.

  • Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild
    Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild

    In der royalen Familie sieht das nicht anders aus. Der Sohn ist bildungsscheu, der Vater hat es nicht so mit der Kommunikation. Zum Glück hat wenigstens die Königin den Durchblick.

  • Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild
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    Und der Preis für den schwungvollsten Tanz, der den Prinz buchstäblich von den Füßen reißt, geht an Klein Röschen!

  • Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild
    Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild

    Weil der Prinz nicht allzu helle ist, fällt er beinahe auf die List seiner künftigen Schwiegermutter herein.

  • Drei Haselnüsse für Aschenbrödel - Bild
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    Aber am Ende kommt die beste Reiterin von Moritzburg (selbst im Damensattel!) doch noch herbei und holt sich ihren Schuh zurück.

Und hier die diesjährigen Sendetermine von Drei Haselnüsse für Aschenbrödel

  •  Sonntag, 20. Dezember, 12:05 Uhr: BR
  •  Sonntag, 20. Dezember, 14:15 Uhr: ONE
  •  Sonntag, 20. Dezember, 15:05 Uhr: NDR
  •  Donnerstag, 24. Dezember, 12:15 Uhr: Das Erste
  •  Donnerstag, 24. Dezember, 16:05 Uhr: NDR
  •  Donnerstag, 24. Dezember, 18:50 Uhr: ONE
  •  Donnerstag, 24. Dezember, 20:15 Uhr: WDR
  •  Donnerstag, 24. Dezember, 22:30 Uhr: SWR
  •  Donnerstag, 24. Dezember, 23:15 Uhr: RBB
  •  Freitag, 25. Dezember, 11:25 Uhr: Das Erste
  •  Freitag, 25. Dezember, 20:15 Uhr: NDR
  •  Samstag, 26. Dezember, 16:05 Uhr: MDR
  •  Samstag, 26. Dezember, 16:40 Uhr: ONE
  •  Sonntag, 27. Dezember, 12:00 Uhr: KiKA
  •  Freitag, 1. Januar, 16:30 Uhr: RBB
  •  Mittwoch, 6. Januar, 08:05 Uhr: BR

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