Siberian Education

Ehrliche Gauner

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Was das Irritierendste an einem italienischen Film ist, der eine sibirische Geschichte erzählt und John Malkovich in einer Nebenrolle zu bieten hat? Dass alle Englisch sprechen – und zwar mit ganz, ganz schwerem Akzent. Das trägt nicht zur Authentizität bei, sondern erinnert nur daran, dass man sich inmitten eines Films wiederfindet. Eines Films, der mit der gewählten Sprache Lokalkolorit opfert, um die Vermarktbarkeit zu steigern.
Erzählt wird die Geschichte von zwei Freunden, die als ehrliche, sibirische Kriminelle aufwachsen. Einer der Jungen wird früh festgenommen und sieben Jahre eingesperrt. Als er zurückkommt, setzt er alles daran, sich wieder in die Klan-Gesellschaft einzuleben, doch zwischen den Freunden treten Differenzen auf – beide lieben dieselbe Frau.

Der Film basiert auf dem autobiographischen Buch von Nicolai Lilin, was die Authentizität angeht, gab es jedoch auch zweifelnde Stimmen. Für den Film ist es im Grunde irrelevant, inwieweit die Vorlage der Realität entspricht. Was geboten wird ist ein zwar guter, aber auch holpriger Film, der sowohl in narrativer als auch schauspielerischer Hinsicht nicht auf einer Linie liegt. Einige Elemente sind erstklassig, andere fallen deutlich ab. Gleiches gilt für die Leistungen der Akteure, denen man die Schwierigkeit, in einer anderen denn ihrer Muttersprache zu spielen, nur zu deutlich ansieht.

Die Stärke des Films ist der Einblick in die sibirische Gesellschaft. Oder genauer: das sibirische Verbrechertum. Ähnlich Mario Puzo mit seinem Roman Der Pate zeichnet auch Siberian Education das Bild ehrbarer Krimineller, die nach strengem Kodex und festen Prinzipien leben. Inwieweit diese der Realität entsprechen, mag debattierbar sein, die romantisierende Verklärung des Verbrechertums hilft Siberian Education aber zumindest, die in der Chronologie unausgegorene Erzählweise etwas zu glätten.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/siberian-education