Drachenzähmen leicht gemacht 2 (2014)

Reifung zum Mann

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

2010 sorgte der schwungvoll inszenierte und gewitzt erzählte Animationsfilm Drachenzähmen leicht gemacht für reichlich Furore. Die Kritiken fielen wohlwollend bis überschwänglich aus. Und auch das Publikum konnte sich für die recht freie Adaption der gleichnamigen Kinderbuchreihe von Cressida Cowell erwärmen. Fast 500 Millionen Dollar spülte der Streifen aus dem Hause DreamWorks weltweit in die Kinokassen, weshalb eine Fortsetzung (inzwischen als Trilogie angelegt) nicht wirklich verwundern muss. Gespannt sein durfte man allerdings, wie die Macher die Geschichte rund um den cleveren, aber schmächtigen Wikinger-Teenager Hicks (Originalstimme: Jay Baruchel) weiterspinnen würden. Schließlich scheinen am Ende von Drachenzähmen leicht gemacht alle Konflikte beigelegt. Dean DeBlois, der dieses Mal alleine Regie und Drehbuch übernahm, hat sich für einen deutlichen Zeitsprung entschieden. Und damit den Eintritt seines jungen Helden in eine neue Lebensphase, die abermals mit Identitätsproblemen behaftet ist.

Fünf Jahre sind vergangen, seitdem der wissbegierige Hicks seinen Vater Haudrauf (Gerard Butler) und dessen Untertanen, die Bewohner der Insel Berk, überzeugt hat, dass die stets verhassten Drachen keine gefährlichen Kreaturen, sondern liebenswerte Tiere sind. Mensch und Feuerspeier leben mittlerweile friedlich zusammen. Während das Volk mit Begeisterung Drachenrennen veranstaltet und sich so seine freie Zeit vertreibt, zieht es den Sohn des Clanchefs immer wieder in die Ferne. Auf dem Rücken seines treuen Freundes Ohnezahn fliegt Hicks durch die Welt, ständig auf der Suche nach unbekannten Gebieten, die er in seine Landkarten eintragen kann. Entdeckergeist und Neugierde treiben ihn weiter an, auch wenn er fast kein Teenager mehr ist. Sondern ein junger Mann, den Haudrauf schon jetzt als Nachfolger inthronisieren will. Ein Wunsch, mit dem sich Hicks überhaupt nicht anfreunden kann, da er sich für die Rolle des Anführers gänzlich ungeeignet hält. Bei einem seiner Ausflüge trifft er schließlich auf eine Bande von Drachenjägern und erfährt, dass der größenwahnsinnige Drago (Djimon Hounsou) eine Armee aus Feuerspeiern abrichtet, um den Frieden zu zerstören.

Schon im ersten Teil spielt der Konflikt zwischen Vater und Sohn ein tragende Rolle, wobei der stets belächelte Hicks dort verzweifelt um Anerkennung kämpft. Anfangs traut dem linkischen Jungen niemand etwas zu. Er wird verspottet und von Haudrauf verstoßen, weil er dessen kernigen Ansprüchen nicht genügt. Nachdem die Weitsicht des Teenagers allerdings zum Frieden zwischen Wikingern und Drachen geführt hat, ist alles anders. Der Vater platzt vor Stolz und sieht in seinem Sohn einen geborenen Anführer, der so schnell wie möglich die nächste Stufe Richtung Erwachsenenwelt nehmen soll. Hicks hingegen ist sichtlich verunsichert, glaubt, seine wahre Bestimmung noch nicht gefunden zu haben, und bricht daher regelmäßig zu neuen Reisen auf. Eine handfeste Identitätskrise, die eine unerwartete Wendung erfährt, als er auf die geheimnisvolle Drachenflüsterin Valka (Cate Blanchett) trifft, die sich Dragos finsteren Plänen couragiert entgegenstellen will.

Die emotionale Tiefe, die den Vorgänger auszeichnet, schlägt sich auch im Sequel nieder, konkurriert hier allerdings mit Ingredienzien, die leider viele Fortsetzungsfilme dominieren. Handlung und Gefahren werden derart aufgebläht, dass ruhige Momente zwischen den Figuren unweigerlich in den Hintergrund treten. Auch wenn DeBlois lange Zeit ein halbwegs überzeugender Spagat gelingt, gehen im letzten Drittel die Pferde mit ihm durch. Alles läuft auf eine monumentale Schlacht hinaus, die deutliche Anleihen bei bekannten Fantasy-Epen nimmt und dementsprechend martialisch gerät. Spätestens hier lässt Drachenzähmen leicht gemacht 2 das Feingefühl des ersten Teils hinter sich, was angesichts der eingeschlagenen Erzählrichtung – der Protagonist muss Verantwortung übernehmen – zwar konsequent erscheint, kleine Zuschauer allerdings nachhaltig verschrecken könnte. Etwas weniger Spektakel und Lärm hätten dem Vergnügen an dieser Stelle sicher keinen Abbruch getan. Schade ist auch, dass die als mutig und weise etablierte Valka zum Ende hin eine Beobachterrolle einnehmen muss. Alle Augen sind auf Hicks gerichtet, den der Film etwas pathetisch als Erlöserfigur stilisiert.

Nichtsdestotrotz darf sich der Zuschauer auf die Rückkehr liebenswerter Nebenfiguren freuen, die wie Grobian (Craig Ferguson) immer wieder humorvolle Töne anschlagen. Absolut bemerkenswert sind einmal mehr die detailverliebten, authentisch daherkommenden Animationen. Obwohl unzählige Drachen auftauchen, trägt jedes Tier individuelle Züge. Das Mienenspiel der Charaktere kommt realistischen Darstellungen erstaunlich nahe. Und die rasanten Flugmanöver reißen den Betrachter im wahrsten Sinne des Wortes mit, ohne allzu hektisch auszufallen. Keine Frage, optisch lassen DeBlois und sein Team (zu dem auch der mehrfach Oscar-nominierte Kameramann Roger Deakins als visueller Berater gehörte) ihrer Kreativität freien Lauf – eine annehmbare Entschädigung für die inhaltlichen Übersteigerungen.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/drachenzaehmen-leicht-gemacht-2-2014