47 Ronin (2013)

Mit dem Schwert ins Verderben

Eine Filmkritik von Janosch Leuffen

Ein bisschen japanische Kultur gefällig? Für sein Spielfilmdebüt griff Regisseur Carl Rinsch auf die Sage der 47 sogenannten Ronin zurück, die den Tod ihres Herrn rächen. Kleine Brötchen wollte Rinsch bei seinem Erstling allerdings nicht backen und bekam die stattliche Summe von 170 Millionen Dollar sowie Matrix-Star Keanu Reeves zur Verfügung gestellt.

Trotzdem (oder gerade deshalb) lief nicht alles rund. Angeblich seien zahlreiche Drehbuchänderungen und ein nahezu komplett neuer Schnitt notwendig gewesen, um 47 Ronin salonfähig zu machen. Mehrere Startterminverschiebungen später wirbelt Keanu Reeves nun endlich den Säbel in den Kinosälen. Und das Ergebnis kann sich – zumindest auf der visuellen Ebene – durchaus sehen lassen.

Reeves spielt Kai, einen verstoßenen Halbblut-Samurai, der in den Wäldern auf der Flucht vor Dämonen von Lord Asano (Min Tanaka) aufgelesen wird. Im Reich Asanos fristet Kai sein Dasein fortan als Sklave und verliebt sich ausgerechnet in Prinzessin Mika (Ko Shibasaki). Als Asano durch eine Heimtücke des verfeindeten Herrschers Kira getötet wird, schwören die herrenlosen Krieger auf blutige Rache. Doch dafür benötigen sie die Hilfe des gefangen gehaltenen Halbbluts.

Weite Landschaften, malerische Kulissen und farbenprächtige, detailreiche Kostüme stimulieren das Auge des Zuschauers. Kirschblütenbäume zieren die Höfe, weite Roben die Körper der Darsteller. Die Szenerie erzeugt die besten Voraussetzungen für ein unnötigerweise in 3D gedrehtes Historienepos.

In dieser faszinierenden Welt bekämpfen sich trainierte Männer. Keanu Reeves präsentiert sich in guter Form und beweist in den Actionszenen, dass er körperlich fit ist. Auch die Mystery-Elemente sind ansehnlich gelungen. Allen voran die namenlose Hexe (Rinko Kikuchi) setzt ihre Fähigkeiten zum Ärger Kais, aber zur Unterhaltung der Zuschauer ein. Als animierte Drachenschlange wuselt sie durch die Räume und lässt unter anderem computergenerierte Spinnen los.

Doch während sich die Impressionen auf der Leinwand entfalten, bleibt genau das der Erzählung verwehrt. Die Handlung von Fast & Furious-Autor Chris Morgan ist zu dünn, um Spannung oder Emotionen aufbauen zu können. Zwischen all den Schlachten und Jagden bleiben ruhigere Momente, die jeweils den nächsten Kampf einleiten. Die verbotene Liebe zwischen Kai und Mika transportiert kaum Gefühle. Zwischen den beiden Darstellern knistert es einfach nicht.

Da überrascht der finale Akt mit seiner konsequenten und folgerichtigen Ausführung umso mehr. Rinsch geht keine Kompromisse ein und lässt die anzunehmende geschichtliche Entwicklung etwas unerwartet enden. In der heutigen Zeit Hollywoods sind solche Schlussstriche, wie sie 47 Ronin zeigt, keine Selbstverständlichkeit mehr.

Der Newcomer-Regisseur Carl Rinsch beweist inszenatorisches Gespür für große Bilder, Effekte und Schlagabtausche. Sobald die aus dem Drehbuch unausgereiften, zwischenmenschlichen Beziehungen im Vordergrund stehen, wird es problematischer. Deshalb bleibt Rinschs opulentes Fantasy-Rachedrama trotz starker Phasen deutlich hinter seinen Möglichkeiten zurück.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/47-ronin-2013