Killing Time - Zeit zu sterben

Zeittotschläger

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Was tun, wenn's mal wieder ein wenig länger dauert? Diese Frage beschäftigt nicht nur gestrandete Business-Reisende in den Warteräumen der Flughäfen und Bahnhöfe dieser Welt, sondern manchmal eben auch zwei waschechte Profikiller wie im dritten Spielfilm des rumänischen Schauspielers und Regisseurs Florin Piersic Jr.. Statt ihr Opfer zu erledigen und dann wieder ihrer Wege zu ziehen, müssen die beiden Auftragsmörder, die sich dummerweise überhaupt nicht leiden können, auf Geheiß ihres Bosses stundenlang in der Wohnung ihrer Zielperson warten und dort zuerst mal für eine lange Zeit die selbige totschlagen. Das Unternehmen wird alsbald zu einer echten Geduldsprobe – und das gilt nicht nur für die beiden Ganoven, sondern in mindestens ebenso großem Maße für den Zuschauer. Denn was sich auf den ersten Blick liest wie eine ziemlich coole Idee, die man sich auch gut aus der Feder Quentin Tarantinos vorstellen könnte, erweist sich in ihrer Umsetzung als zähes Kammerspiel, das erst viel zu spät die Kurve weg von der nervigen Geschwätzigkeit bekommt.
Dabei beginnt der Film zunächst recht vielversprechend mit einer Kameraeinstellung auf das eindrucksvolle, gezeichnete Gesicht eines älteren Mannes, der in die Kamera hinein spricht und sich dabei an sein Gegenüber wendet, der nicht im Bild ist. Immer wieder versucht der Mann mit dem Unsichtbaren ins Gespräch zu kommen, doch der ist nicht gerade gesprächig und tut nichts dafür, die Konversation aufrecht zu erhalten. Erst nach einer Weile geht die Kamera dann um den alten Mann herum und schaut ihm über die Schulter, so dass sein Besucher sichtbar wird, ein junger Mann im schwarzen Anzug und mit fettigen Haaren (Florin Piersic Jr.), der offensichtlich im Auftrag eines gewissen Gabone gekommen ist. Dann wird klar, dass das kein normaler Besuch unter Freunden war, denn plötzlich fallen Schüsse: Der junge Mann ist offensichtlich ein Profikiller, der den Auftrag hatte, den Alten aus dem Weg zu räumen.

Dann aber beginnt der Film mit der langen Wartezeit in der Wohnung des nächsten Opfers gehörig auf der Stelle zu treten. Mühsam hangelt sich der Film durch die endlos langen und weitgehend sinnfreien Monologe des Killerkollegen (Cristian Ioan Gutău), der anscheinend unter einer besonders schweren Form der Logorrhoe (des gemeinen Wortdurchfalls) leidet, so dass man sich bald schon wünscht, Killer Nummmer 1 möge schnellstmöglich zur Waffe greifen und dem Plappermaul mit den schlechten Zähne selbige aus dem Gesicht schießen. Weil das aber nicht geschieht, beginnt nun für alle Beteiligten (und hier sind wohlweislich die Zuschauer ausdrücklich mit eingeschlossen) eine lange Leidenszeit, die erst nach rund einer Stunde Laufzeit endet. Dann allerdings hat man sich von diesem Film gedanklich längst schon verabschiedet.

Schmucklos mit der Digitalkamera und minimalstem Aufwand gedreht und mit einer mitunter sehr anstrengenden Tonebene, die vollständig auf Musik verzichtet, hat Killing Time - Zeit zu sterben nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch wenig zu bieten, das fesseln könnte. Auf halbem Weg zwischen studentischem Filmprojekt, vagen Anklängen an die rumänische neue Welle und völlig misslungenen Experimenten erinnert der Film allenfalls daran, wie viel Quentin Tarantino in Reservoir Dogs aus einer im Grunde ähnlichen Situation herauszuholen wusste. Wobei der Vergleich mit dem Film aus Hollywood dem spröden Killerepos eher noch schmeichelt und man sich zum Abschied leise die Frage stellt, was solch ein Quark eigentlich im Kino zu suchen hat. Falls jemand eine Antwort auf diese Frage weiß, lasse er es mich bitte umgehend wissen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/killing-time-zeit-zu-sterben