Der Teufelsgeiger

Rockstar - vergeigt

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Wenn der einzige Grund, jemanden für eine Rolle zu engagieren, der ist, dass er in derselben Profession wie die Hauptfigur Erfolge feierte, dann ist Vorsicht geboten. Schon Max Schmeling fiel mit Boxer Henry Maske auf die Nase. Bei Der Teufelsgeiger ist es nun Stargeiger David Garrett, der sich als Paganini versucht. Er ist besser als erwartet, zumindest mimisch, stimmlich ist es einschläfernd, Paganinis monotonen Worten zu folgen.
Paganini ist ein virtuoser Geigenspieler, aber der große Ruhm lässt auf sich warten. Bis Urbani (Jared Harris) in Paganinis Leben tritt und einen Handel offeriert, der ihn erst im Jenseits etwas kosten wird, und den Teufelsgeiger innerhalb weniger Wochen zum Star macht. Aber aller Reichtum ist vergänglich, da Paganini alles verspielt. Da trifft es sich gut, dass John Watson den Geiger nach London holen will. In der größten aller europäischen Metropolen soll Paganini das Publikum verzücken – doch zuallererst ist es Paganini selbst, der der Verzückung erliegt. Er verliebt sich in Watsons Tochter Charlotte.

Bernard Rose, Autor und Regisseur in Personalunion, ist klug genug, Garrett mit einem starken Ensemble zu umgeben. Bisweilen stellt sich dadurch aber auch der Eindruck ein, dass Paganini in seiner eigenen Geschichte nur eine Nebenfigur ist. Der Ansatz, den Geigenvirtuosen als Rockstar seiner Zeit zu zeigen, ihn in der Tat zum ersten Rockstar aller Zeiten zu machen, ist ein durchaus interessanter, taugt aber letztlich auch nicht zu mehr, als Rose die Gelegenheit zu geben, zu zeigen, dass kreischende Fans auch schon vor 200 Jahren ob ihres Idols in Ohnmacht gefallen sind. Der Teufelsgeiger kratzt immer wieder daran, eine treffende Aussage zum Verhältnis Künstler und Rezipient machen zu wollen, kommt aber letzen Endes nie zum Punkt.

Der Film selbst ist weniger als Biopic gestaltet, sondern konzentriert sich vor allem auf die Phase, in der Paganini sich verliebte. Was vorher kam und nachher geschah, wird nur noch gestreift, in einer Art Rahmen, der jedoch an Bedeutungslosigkeit leidet, vor allem aber am Ende daran schwächelt, dass Paganini älter geworden sein soll, man es Garretts Gesicht aber nicht ansieht.

Es heißt, der Geiger hätte seine Seele dem Teufel verkauft, um derart virtuos spielen zu können. Damit spielt auch der Film, der Jared Harris als Paganinis Diener Urbani zu einer faustischen Figur werden lässt. Richtig sicher ist sich Rose aber nie, ob er die Bühne der Realität verlassen und in die Welt des Phantastischen eintauchen lassen will. Der improvisierende Harris mag versucht haben, seinem Regisseur zu helfen, als er mit der Textzeile "Ich bin nicht der Teufel, aber ich diene dem Teufel und Ihr seid mein Gebieter" aufkam. Dem entgegen steht jedoch der letzte Moment in Paganinis Leben, der zu zementieren scheint, was Urbani wirklich war oder ist. Eines ist auf jeden Fall unzweifelhaft: Harris ist der wahre Mittelpunkt des Films, er spielt mit solch maliziöser Zurückhaltung, dass es eine Wonne ist. Urbani ist der Strippenzieher, der Manipulator, derjenige, der Paganini über sich selbst erhebt und auch ebenso zu Fall bringt.

Der Teufelsgeiger ist aufwendig gestaltetes, nicht besonders akkurates Historienkino, das zu sehr ins Melodramatische abrutscht. Eine Künstlerbiographie wird hier zu wenig mehr als einer handelsüblichen Romanze, akzentuiert nur von einer Teufelei, die vielleicht gar keine ist. Das alles ist gediegen, nicht besonders spannend, aber nett anzusehen. Wirklich zum Leben erwacht Der Teufelsgeiger aber auch nur, wenn Garrett das tut, was er am besten kann: Der Geige wahrhaft himmlische Töne entlocken. Bleibt nur, dem Künstler zu wünschen, dass es ihm besser als Paganini ergehen möge …

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/der-teufelsgeiger