Bibi & Tina (2013)

Die Techno-Hexe auf dem Musical-Reiterhof

Eine Filmkritik von Janosch Leuffen

"Das sind Bibi und Tina auf Amadeus und Sabrina" – so schallt es seit 23 Jahren durch deutsche Kinderzimmer. Der Ableger der erfolgreichen Bibi Blocksberg-Hörspiele, in denen die kleine Hexe und ihre beste Freundin auf einem Reiterhof für Chaos sorgen, umfasst mittlerweile über 70 Ausgaben. Grund genug, den beiden Teenagern endlich eine eigene Kinoadaption zu spendieren.

Das inszenatorische Zepter nahm dafür Detlev Buck in die Hand. Er schickt die beiden Hauptfiguren in die Sommerferien auf dem Martinshof. Tina und Bibi wollen die Zeit nutzen, um ihre beiden Gäule Amadeus und Sabrina für das bevorstehende Pferderennen auf Schloss Falkenstein zu trainieren. Das harmonische Zusammensein wird aber früh von der adligen Sophia gestört, die im Schloss untergebracht ist. Sie soll Alex, Sohn des Grafen und Freund von Tina, dazu überreden, auf ein englisches Internat zu gehen. Und dann tritt plötzlich auch noch der zwielichtige Hans Kakmann auf den Plan, der es auf ein Fohlen des Martinhofs abgesehen hat.

Wenn der Widersacher Kakmann heißt, ist das wegweisend für den gesamten Humor, der in Bibi & Tina Einzug hält. Viel zu lachen gibt es wahrlich nicht, dafür sind die Charaktere zu sehr überzeichnet. Neben Kakmann (gespielt von Charly Hübner) sind es vor allem Graf Falko (Michael Maertens) und die junge Sophia (Ruby O. Fee), die wie ein comicartiges Relief wirken. Das Kostüm sah es vor, Fee in extrem knappe Kleidchen zu stecken und mit ihrer Attitüde den leichten Ruf einer Dorfdirne aufzubauen. Ob das in einem Kinderfilm wirklich sein muss, ist fraglich.

Auf Realismus legt Buck keinen Wert. Bibi trägt beispielsweise jeden Tag die gleichen Klamotten. Klar, das ist in der Vorlage nicht anders, hinterlässt in der Filmversion aber einen merkwürdigen Eindruck. Lina Larissa Strahl, die im letzten Jahr die KiKa-Castingshow "Dein Song" gewann und hier ihre erste Rolle überhaupt spielt, erweist sich dagegen als Glücksgriff. Unbeschwert und strahlend reitet sie mit Schauspielkollegin Lisa-Marie Koroll durch die Felder. Die Freundinnen dienen der Zielgruppe als Identifikationsfiguren. Sie sprechen über Jungs, lieben Pferde und stellen Blödsinn an. Auch wenn Buck im Presseheft davon spricht, dass Bibi & Tina keine reine Mädchengeschichte sei, werden Jungs mit der Verfilmung weitaus weniger anfangen können.

Detlev Buck liefert nach Die Vermessung der Welt ein überraschend plattes und ideenloses Werk ab. Seine künstlerischen Einfälle beschränken sich auf (nicht immer schlüssige) Zeitlupenaufnahmen von Pferdehufen und lachenden Kindern. Die Geschichte ist lahm in Szene gesetzt und den besten Gag hebt sich der Regisseur für den Schlusspunkt auf. Den wiederum werden die kleinen Zuschauer nicht verstehen.

Die Adaption entpuppt sich phasenweise als Musical. Der Introsong wurde angepasst und erklingt in einem rockig-poppigen Gewand. Auftretende Konflikte zwischen den Protagonisten werden oftmals weggesungen. Peter Plate, Ex-Mitglied der deutschen Popband Rosenstolz, komponierte die Lieder, die sich zwischen zeitgemäßen Dancefloor-Klängen und gitarrenlastigen Melodien bewegen. Vor allem der flotte "Up, Up, Up (Nobody’s perfect)" hat das Zeug zum Teenie-Ohrwurm. Dennoch mutet es seltsam an, Bibi Blocksberg plötzlich mit Autotune-Effekt singen zu hören.

Bibi & Tina entfaltet seinen tatsächlichen Zauber nur dann, wenn die blonde Titelheldin auf ihre magischen Fähigkeiten zurückgreift und Pickel von Person zu Person oder sich selbst in ein Ballerina-Outfit hext. Wer sich seine aufgebaute Illusion also nicht zerstören lassen möchte, sollte lieber nochmal die Kassetten hören und die eigene Fantasie spielen lassen.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/bibi-tina-2013