G.B.F.

Buntfröhlich und clever

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Das Kastenwesen an US-amerikanischen High Schools bietet schon seit mehreren Dekaden Stoff für Coming-of-Age-Komödien und -Dramen sowie Horrorfilme und Genre-Mixturen aller Art. Stets haben vermeintliche Freaks und Geeks unter bulligen Athleten und hübschen "mean girls" zu leiden; das "Anderssein" wird in den Fluren der High School zum Verhängnis, führt zu Mobbing und Ausgrenzung. Wenn sich die adoleszenten Outsider schließlich zur Wehr setzen, kann dies wiederum komische, aber auch tragische oder grausige Konsequenzen haben.
In Darren Steins G.B.F. liegen die Dinge ein bisschen anders. Zwar gibt es auch hier, an der suburbanen "North Gateway High", drei verzickte Schönheiten, die mit ihrer jeweiligen Clique über das Schulvolk herrschen – doch es kommt zu einer Synthese der auf Konformität bedachten High School-Coolness und der aus uramerikanisch-konservativer Sicht frühestens im College legitimen Abweichung der (Hetero-)Normativität, als ein weitverbreitetes Teen-Magazin verkündet, dass der "G.B.F." ("Gay Best Friend") das ultimative Must-Have für jede junge Trendsetterin ist. Als der introvertierte Comic-Book-Fan Tanner (Michael J. Willett) ungewollt als schwul geoutet wird, konkurrieren daher die mondäne Blondine Fawcett (Sasha Pieterse), die prinzessinnenhafte Mormonin 'Shley (Andrea Bowen) und die afroamerikanische Drama-Club-Diva Caprice (Xosha Roquemore) um Tanners Freundschaft. Der "G.B.F." soll ihnen noch mehr Glanz verleihen und ihnen den begehrten Prom-Queen-Titel sichern. Tanner genießt die plötzliche Beliebtheit, die ihn zugleich vor Angriffen homophober High School-Schlägertypen schützt – er vernachlässigt dadurch jedoch seinen alten Freundeskreis, insbesondere seinen besten Kumpel Brent (Paul Iacono), der sein Coming-Out bisher nicht wagte.

Gewiss: Die Charaktere und das Setting von G.B.F. sind überzeichnet und die bonbonfarbenen Aufnahmen grenzen an Overkill. Aber zum einen ist diese unerhört stilvolle Überdrehtheit von beträchtlichem Unterhaltungswert – und zum anderen werden im Laufe des Geschehens hinter den karikaturesken Gestalten sehr interessante, gar liebenswürdige Figuren sichtbar. Wiewohl der Film nicht an Albernheiten spart, erweist sich das Drehbuch von George Northy als überaus smart. Es illustriert, dass auch eine vermeintliche Toleranz durchaus von (medial erzeugten und verbreiteten) Vorurteilen geprägt ist, wenn Fawcett, 'Shley und Caprice den geouteten Tanner etwa ganz nach *ihren* Vorstellungen eines Schwulen umzumodeln versuchen und das schnieke Trio von jeder Eigenschaft Tanners, die nicht ins vorgefertigte Bild passt, höchst irritiert ist. Während die drei Cliquenanführerinnen ihren "G.B.F." zunächst lediglich als Mode-Accessoire ansehen, entwickeln sich mit dem Fortschreiten der Erzählung recht erstaunliche Beziehungen zwischen den Figuren – was stets mit witzigen Wortwechseln einhergeht. Steins Werk ist in der Schilderung des High School-Wahnsinns weniger fies als die einflussreichen Subgenre-Vertreter Heathers (1988) und Girls Club – Vorsicht bissig! (2004) – und lässt sich deshalb eher als eine Queer-Version von charmanten Eighties-Hits wie Pretty in Pink (1986) oder Ist sie nicht wunderbar? (1987) bezeichnen.

Dass G.B.F. problemlos an den Reiz dieser Kultfilme anknüpfen kann, ist nicht zuletzt den hervorragend miteinander harmonierenden Darstellern zu verdanken, die große Spiellaune und Comedy-Talent demonstrieren. Michael J. Willett gibt den Protagonisten mal schüchtern, mal couragiert und ist dabei außerordentlich sympathisch. In Willetts Szenen mit Paul Iacono (als "Best Buddy" Brent) und Sasha Pieterse (als "Miss Sophisticated" Fawcett) stellt sich zudem eine äußerst stimmige Chemie ein. Andrea Bowen (als 'Shley) und Xosha Roquemore (als Caprice) agieren herrlich "over the top" – indessen diverse bekannte Gesichter in Nebenrollen zum Spaßfaktor beitragen: Natasha Lyonne (aus dem schönen Indie-Werk But I'm a Cheerleader – Weil ich ein Mädchen bin) ist als Pädagogin mit scheußlicher Katzenbluse ebenso zauberhaft wie Rebecca Gayheart (aus Steins 1990er-Teen-Satire Der zuckersüße Tod) als Tanners ernährungsbewusste Stiefmutter. Unbestrittene Höhepunkte sind jedoch die Auftritte von Sitcom-Expertin Megan Mullally, die als Brents bemüht verständnisvolle Mom einen "queer movie marathon" mit ihrem Sohn organisiert und diesen mit ihren freimütigen Kommentaren zu Brokeback Mountain zur Verzweiflung treibt. Ein Fest!

G.B.F. hat Humor und Herz, Intelligenz und Tempo; die begabten jungen Schauspieler und die glänzend aufgelegten Gaststars sorgen dafür, dass der Film den Vergleich mit High School-Movie-Klassikern vergangener Jahrzehnte nicht zu scheuen braucht.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/g-b-f