Rio Grande (1950)

John Fords Klassiker

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Nach dem großen Fluss, der in den Rocky Mountains entspringt, durch New Mexico und Texas nach Mexiko führt und in den Golf von Mexiko mündet, hat John Ford den dritten und letzten Teil seiner Kavallerie-Trilogie von 1950 nach Bis zum letzten Mann / Fort Apache (1948) und Der Teufelshauptmann / She Wore a Yellow Ribbon (1949) benannt. In allen drei Filmen spielt Western-Legende John Wayne die Hauptrolle des aufrechten, einsamen Offiziers, der sich gegen alle Widerstände durchsetzt, doch in Rio Grande ist es zuvorderst eine hübsche Frau, die gegen ihn antritt, so dass dieser Western zu einem zwischenmenschlichen Drama gerät.

Texas im Jahre 1879: Das Fort unter der Führung von Oberstleutnant Kirby Yorke (John Wayne) steckt in schweren kämpferischen Auseinandersetzungen mit den Apachen, als Yorkes Sohn Jefferson (Claude Jarman Jr.) zur Ausbildung dorthin geschickt wird. Nachdem sich seine Frau Kathleen (Maureen O’Hara) vor fünfzehn Jahren von ihm getrennt hat, weil Yorke während des Bürgerkriegs auf Befehl der Regierung die Plantage Bridesdale aus ihrem Familienbesitz zerstören ließ, hat der Vater seinen Sohn nicht mehr gesehen, und nun nimmt er ihn so pflichtbewusst wie schonungslos unter seine rauhen Fittiche.

Doch Mutter Kathleen will unbedingt vermeiden, dass Jefferson unter dem Einfluss seines Vaters womöglich seine Haltungen und Werte übernimmt, und so reist sie an den Rio Grande in Texas, um ihren Sohn nach Hause zu holen, zumal sie in diesem gefährlichen Krisengebiet um sein Leben fürchtet. So ereignet sich im Fort eine für Yorke unerwartete Wiederbegegnung mit seiner ebenso schönen wie stolzen Frau, die sogar anbietet, zu ihm zurückzukehren, wenn er Jefferson ziehen lässt, wobei der ehrgeizige Junge selbst sich nur allzu gern als Held beweisen will. Es entspinnt sich ein zutiefst emotionales familiäres Gerangel im Kriegsgebiet ...

Nicht ohne humoristische, und vor allem auch gesangsträchtige Einlagen der Sons of the Pioneers stellt Rio Grande nach einer Erzählung von James Warner Bellah eine recht kuriose Mischung aus klassischen Western-Elementen und hintergründigem Familiendrama dar, das John Wayne, umgeben von einem engagiert aufspielenden Ensemble – zuvorderst die charismatische Maureen O’Hara – als Mann im Spannungsfeld zwischen Pflicht, Heldentum und gut versteckten menschlichen Empfindungen präsentiert. Ein dramaturgisch nicht immer stimmiger Klassiker, der allerdings durch seinen kruden Charme noch immer sehenswert ist.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/rio-grande-1950