Wir sind die Besten

Es lebe der Punk!

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Stockholm, 1982. Bobo (Mira Barkhammer) und Klara (Mira Grosin) sind genervt: Von ihren Eltern, die sich streiten und peinlich sind. Von den Mädchen in der Schule, die blonde Haare und Lipgloss tragen und vor allem den Jungs gefallen wollen. Von der Hard-Rock-Band im Jugendzentrum, deren Proben zu laut sind. Bobo und Klara sind anders: Sie wollen die Gesellschaft verändern. Sie interessieren sich für Umweltschutz. Sie haben kurze Haare. Und sie hören Punk. Denn anders als ihre Mitschülerinnen glauben, ist Punk alles andere als tot! Als sie die Gelegenheit bekommen, den Hard-Rockern im Jugendzentrum eins auszuwischen, indem sie ihnen den Probenraum wegschnappen, gründen sie kurzerhand eine Band. Enthusiastisch stürzen sie sich in die Proben und ihren ersten Song – „Wir hassen Sport“ –, dabei ignorieren sie anfangs die Tatsache, dass sie keine Instrumente spielen. Bald haben sie den Text, er ist anspruchsvoll, denn im Gegensatz zu Disco muss man bei Punksongs denken, und fragen Hedvig (Liv LeMoyne), ob sie mitmachen will. Sie ist sehr musikalisch und auch eine Außenseiterin in der Schule, weil sie religiös ist. Zwischen den Mädchen entsteht eine Freundschaft mit allen Höhen und Tiefen, der sich Lukas Moodysson in seinem kurzweiligen Film Wir sind die Besten (Vi är best) widmet.
Im Gegensatz zu vielen anderen Coming-of-Age-Filmen stellt Moodysson drei Mädchen in den Mittelpunkt seines Films und verweigert sich klarer dramaturgischer Höhen und Tiefen. Basierend auf dem Comic Never Goodnight von seiner Frau Coco folgt er den Leben dieser Mädchen, dem kleinen Auf und Ab, ihrer Lebensfreude und ihrem Willen, in der Welt Spuren zu hinterlassen. Klara ist leidenschaftlich und mitreißend, sie liebt es, den Ton anzugeben. Bobo und Hedvig sind ruhiger, nachdenklicher und introvertierter, deshalb gibt es immer mal wieder Schwierigkeiten. Zumal Bobo und Hedvig bereits vernünftiger sind als die impulsive Klara, die aus einem unbekümmerten Selbstbewusstsein heraus handelt, das in Zukunft Probleme bringen könnte.

Lukas Moodysson bleibt stets sehr nah an seinen Protagonistinnen, die von Mira Barkhammer, Mira Grosin und Liv LeMoyne sehr gut gespielt werden. Allerdings verliert er sich bisweilen in seiner Begeisterung für die Hauptfiguren, so dass manche Szenen schlichtweg zu lang sind und das Tempo insgesamt verschleppen. Dadurch erinnert Wir sind die Besten oft an das liebenswürdige Durcheinander von Together!, in dem es Moodysson vor allem um die Zwischentöne (wahl-)familiärer Bindungen ging. Aber Lukas Moodysson hat mit Fucking Åmål und Lilja-4-ever auch zwei bemerkenswerte und außerordentliche Filme über heranwachsende Mädchen, ihre Sorgen und Entscheidungen gedreht – und im Vergleich hierzu fehlt es Wir sind die Besten an Tiefe und Eindringlichkeit. Deshalb ist dieser Film unterhaltsam und liebenswürdig, aber er hinterlässt auch den Eindruck, dass mehr möglich gewesen wäre.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/wir-sind-die-besten