Besser als nix

Pubertäre Party im Leichenschauhaus

Eine Filmkritik von Janosch Leuffen

Hach ja, die Pubertät mit ihren schwierigen Verhaltensmustern. Ihren Eltern gegenüber werden die Teenies grantiger und die berufliche Zukunft ist vielen ein Dorn im Auge. Solche Sachverhalte sind perfekt für Familien- und Coming-of-Age-Dramen, wie im letzten Jahr der großartige Das Leben ist nichts für Feiglinge gezeigt hat. Ute Wielands neue Regiearbeit nach ihrem letzten Kinobeitrag Freche Mädchen 2 schlägt phasenweise in eine ähnliche Kerbe, driftet aber viel zu oft ins Lächerliche ab.
Toms (François Goeske) Leben befindet sich an einem emotionalen Scheideweg. Nach dem Tod seiner Mutter ist der 17-jährige Schüler nahezu auf sich allein gestellt. Sein Vater (Wotan Wilke Möhring), bierbäuchiger Fußballtrainer des Dorfvereins, ertränkt den Frust in Alkohol und kümmert sich nicht um seinen Sohn. Einzig Toms Freund Mike (Jannis Niewöhner) und Berufsberaterin Sarah (Anna Fischer) bieten ihm Halt. So gelangt der schüchterne Junge an einen Ausbildungsplatz in einem Bestattungsunternehmen und wird dadurch gezwungenermaßen mit dem Tod konfrontiert. Toms anfängliche Skepsis gegenüber seinem neuen Job weicht langsam.

Die Grundprämisse der Handlung, die Regisseurin Wieland zusammen mit den Autoren Peer Klehmet (Fünf Freunde-Reihe) und Nina Pourlak aufgeschrieben hat, klingt zunächst gar nicht verkehrt: Ein Jugendlicher Emo lernt durch eine Lehre beim Bestatter das Leben kennen und schätzen. Eine gelungene Metapher, die auf dem Papier Interesse weckt. Mit François Goeske wurde dazu ein authentischer, sympathischer Hauptdarsteller gecastet, der seine Aufgabe mit Bravour meistert. Auch das Zusammenspiel zwischen ihm und Anna Fischer harmoniert.

Doch jetzt kommt das große "ABER". Ute Wieland konnte sich offensichtlich nicht entscheiden, ob sie nun ein handfestes Drama mit ernsten Tönen oder eine schwarze, makabre Komödie mit Klamauk erzählen möchte. Einzelne Momente auf der tragischen Ebene sind für sich alleine gesehen toll. Die Mischung allerdings geht total nach hinten los und lässt den Film als seelen- und herzloses Versatzstück erscheinen, das keine klare Linie findet. Um Logik wird sich dazu wenig gekümmert. Es kann dann schon mal vorkommen, dass eine Tote erst Tage später zum Bestatter kommt, weil’s geschichtlich gerade eben passt. Oder dass Toms erster Ausbildungstag nur 24 Stunden nach seiner Berufsberatung stattfindet.

So verkommt die eigentlich gute Ausgangsidee zum klapprigen Gerüst für lustig gemeinte, aber misslungene Sequenzen. In denen wird beispielsweise eine Party im Leichenschauhaus gefeiert, weil das Opfer das bestimmt so gewollt hätte. Oder es kommt zu einer abstrusen Leichenverwechslung bei einer Beerdigung. Solche völlig übertriebenen und realitätsfernen, zudem teils schlecht geschnittenen Einschübe nehmen im Verlauf leider Überhand und lassen das eigentliche Jugenddrama zunehmend in den Hintergrund rücken. Das hat zur Folge, dass den Zuschauer der Werdegang und das persönliche Wohl Toms irgendwann einfach kalt lassen.

Besser als nix hätte ein intensives Stück mit einem engagierten und glaubwürdigen Protagonisten werden können. Wieland verpasst diese Chance jedoch und setzt stattdessen vermehrt auf irrsinnige Ungereimtheiten und fehlplatzierte Kalauer. Leider wirkt das Gesamtprodukt dadurch so, als hätte sich die Regisseurin nach der Fertigstellung selbst gedacht: "Na ja, besser als nix."

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/besser-als-nix