Mortdecai - Der Teilzeitgauner

Gnadenlos retro

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Dass der Erfolg an den Kinokassen keinesfalls in den schauspielerischen Olymp führen muss, dafür ist Johnny Depp mittlerweile einer der besten Beweise. Seine schrägen Auftritte als Captain Jack Sparrow in der Fluch der Karibik-Reihe haben sein Rollenrepertoire zwar in Richtung Komik und Parodie erweitert, doch nun scheint es so, als käme er just aus diesem (komischen) Fach nicht mehr hinaus. Und das gereicht ihm nicht immer zum Vorteil, wie man derzeit bei David Koepps Mortdecai – Der Teilzeitgauner beobachten kann.

Dort gibt Depp den vermutlichen reichlich parfümierten aristokratischen Kunsthändler Charlie Mortedecai, der freilich wie viele seine adligen britischen Kollegen aufgrund seines verschwenderischen und exzentrischen Lebensstils in argen Geldnöten steckt. Acht Millionen Pfund muss er binnen einer Woche auftreiben, um sein Anwesen und vermutlich auch seine verwöhnte Gattin Johanna (Gwyneth Paltrow) nicht zu verlieren. Welch Glück, dass ihm zu Ohren kommt, dass auf ein verschwundenes Goya-Gemälde eine gewaltige Belohnung ausgesetzt wurde, die ihm mit einem Schlag alle Geldsorgen vergessen lassen würde. Also begibt sich Mortdecai gemeinsam mit seinem bumsfidelen Diener Jock Strapp (Paul Bettany) auf die Jagd nach dem Gemälde und dem Glück und muss es dafür mit einigen Gegnern aufnehmen: Russischen Oligarchen, einem amerikanischen Milliardär nebst mannstoller Tochter und einem Agenten des britischen Geheimdienstes (Ewan McGregor), der nebenbei auch ein Auge auf die Gattin des zwirbelbärtigen Bonvivants geworfen hat.

Mortdecai – Der Teilzeitgauner changiert zwischen Satire und ungehemmter Albernheit, zwischen Parodie, Heist Movie und Krimikomödie der ganz alten Machart und erinnert mehr als einmal an ähnlich geartete Filme aus den 1960er und 1970er Jahren. Ganz offensichtlich fungierte Peter Sellers überlebensgroß als Pate und role model für die Figur der Charlie Mortdecai – und dementsprechend groß ist der Schatten, der über Johhny Depps over-the-top-Performance am Rande des Wahnsinns steht. Hier trifft affektierter Kostümquatsch auf Austin Powers-Anleihen mit teilweise fäkalem Humor (einer der running gags des Films ist der Brechreiz, die Mortdecais manikürte Erscheinung bei seiner Gattin auslöst), hier werden Vorbilder wie Stanley Donen und Blake Edwards derart ungeniert kopiert, dass allein das schon Grund für eine satte Klage wegen schamloser Abkupferei wert wäre, würde das Ganze nicht dennoch zumindest das Bemühen um Charme verdeutlichen, das immerhin in einigen Szenen zu dezentem Schmunzeln verleitet.

Dabei entspringt der Film einer Vorlage, die durchaus einiges an Potenzial aufzuweisen hat: Kyril Bonfigliolis autobiographisch geprägte Romantrilogie Don't Point That Thing At Me (1973), Something Nasty In The Woodshed (1976) und After You With The Pistol (1979) (auf deutsch sind die Bücher derzeit leider allenfalls antiquarisch erhältlich) erreichte in Großbritannien teilweise Kultcharakter und findet durchaus eine ganz eigene und eigenwillige Sprache für die Abenteuer seines Antihelden Charlie Mortdecai. Dem anarchistisch-snobistischen Tonfall der Erzählung wird die Adaption aber nur in sehr homöopathischen Maße gerecht.

Wer weiß, vielleicht ist das Ganze ja in 30 bis 40 Jahren so gut abgehangen, dass man es als harmlosen Sonntagnachmittag-Spaß im Fernsehen (sofern es das bis dahin überhaupt noch gibt) goutieren kann. Andererseits: Warum sollte man zu einer schlechten Kopie greifen, wenn die Originale aus der "Blake Edwards Schule für gehobenen Blödsinn" so viel mehr Vergnügen bereiten.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/mortdecai-der-teilzeitgauner