Die Architekten (1990)

Montag, 6. Oktober 2014, MDR, 23:40 Uhr

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Anlässlich der Ereignisse, die als friedliche Revolution in der DDR und schließlich als Wende bezeichnet werden, die sich in diesen Tagen zum 25. Mal jähren, gibt es im deutschen Fernsehprogramm neben einigen Dokumentationen und Diskussionen auch zahlreiche Spielfilme, die sich mit diesem Themenbereich der Geschichte hierzulande beschäftigen. Die Dreharbeiten zum Drama Die Architekten von Peter Kahane (Bis zum Horizont und weiter, 1999, Die rote Zora, 2007) ab Oktober 1989 fanden damals inmitten der gesellschaftspolitischen Umbrüche statt, so dass der regimekritische DEFA-Film erst 1990 beim letzten Nationalen Spielfilmfestival der ehemaligen DDR uraufgeführt und dort mit dem Spezialpreis der Jury prämiert wurde, aber bei seinem folgenden Kinostart nur wenig Resonanz seitens der Zuschauer erfuhr.

Der Architekt Daniel Brenner (Kurt Naumann), der sein Studium mit Auszeichnung abgeschlossen hat und voll innovativer Ideen steckt, hat die Lebensmitte erreicht, ohne dass sich bei kleinen, unliebsamen Projekten der gewünschte berufliche Erfolg einstellt. Dann aber erhält Brenner doch noch den Auftrag für ein gleichermaßen großes wie wichtiges Projekt: In einer Berliner Trabantenstadt soll ein attraktives kulturelles Zentrum entstehen, und die Bedingung Brenners, sich dafür seine Mitarbeiter selbst auszuwählen, wird akzeptiert. So macht sich der Architekt auf, ehemalige Studienkollegen für die Mitarbeit zu gewinnen, doch diese Mission gestaltet sich zunächst wenig ergiebig, denn diejenigen, die nicht in den Westen umgesiedelt sind, zeigen auf Grund ihrer unerfreulichen Lebensgeschichten keine Motivation für seine Pläne.

Doch Brenner ist besessen von seinem Projekt und findet letztlich doch noch engagierte Mitstreiter, die er in einem siebenköpfigen Kollektiv vereint, das nun im Geiste frischer Ideen mit den umfangreichen Planungen beginnt. Allerdings sind die Widerstände seitens der staatlichen Vorgaben derart massiv, dass sich im Verlauf der Zusammenarbeit die Gruppe der Engagierten stetig reduziert und Brenner schließlich wieder zum erbitterten Einzelkämpfer gegen die Windmühlen der Bürokratie gerät, während seine Frau Wanda (Rita Feldmeier) sich gefühlsmäßig umorientiert und mit ihrer Tochter die DDR verlässt. Trotz erheblicher von oben verordneter Abweichungen von seinen ursprünglichen Entwürfen hält der zunehmend verzweifelte Architekt an der Realisierung des Projekts fest, dessen Bau nun beginnen soll, während sich die Welt um ihn herum rasant verändert ...

Insbesondere Filme, die sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Phänomenen beschäftigen, bewegen sich hinsichtlich der fortlaufenden Dynamik ihrer Thematik nicht selten auf einem schmalen Grat, der mitunter von den historischen Ereignissen – erfreulich oder nicht – aus der Balance geschubst werden kann. In diesem Sinne erscheint Die Architekten einerseits wie ein während seiner Entwicklung überholtes Drama einer wirren Zwischenzeit, die bald den Fokus von Gesellschaft und Öffentlichkeit in ganz andere, neue Bahnen lenkt. Andererseits erwidern diese prägnanten Entstehungsumstände auch auf markante Weise die Tragik des Dargestellten, die auf einen persönlichen wie politischen Zusammenbruch zusteuert, der heute als Wende gefeiert wird. Auf Grund dieser Hintergründe und nicht zuletzt wegen seiner eindringlichen dramaturgischen Dichte ist dieser Film ein sehenswertes Dokument der damaligen emotionalen, kognitiven und soziopolitischen Entwicklungen aus städtebaulicher Perspektive, die so wie hier nur selten im Rahmen von fiktiven Stoffen zum Tragen kommt und deren historisch-kulturelle Bedeutung in diesen Zusammenhängen im Allgemeinen viel zu wenig Raum erhält.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/die-architekten-1990