Der letzte Scharfschütze (1976)

John Waynes Abschied von der Leinwand

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Der US-amerikanische Schauspieler John Wayne (1907-1979), geboren als Marion Robert Morisson in Iowa und von seinen Fans auch gern The Duke genannt, spielte im Laufe seiner enorm erfolgreichen Karriere in über 180 Filmen mit, wobei ihm mit stark anwachsender Popularität während der 1940er Jahre die Rolle als aufrechter, oftmals grobschlächtiger Westernheld nicht selten geradezu auf den Leib geschrieben wurde. Der letzte Scharfschütze unter der Regie von Don Siegel von 1976 – im deutschen Sprachraum auch als Der Scharfschütze oder Der Shootist bekannt – stellte den Abschied von der Leinwand für den legendären patriotischen Akteur dar, der damals bereits stark unter Magenkrebs litt und in seinem letzten Film signifikanterweise einen sterbenden Gunman spielt, der seine schwindenden Kräfte zum finalen Showdown sammelt.

Carson City im Januar 1901: Das moderne Städtchen, in dem bereits Automobile in den Straßen unterwegs sind, erreicht gerade die Nachricht vom Tode der britischen Königin Victoria, als der alternde Revolverheld John Bernard Books (John Wayne) dort auftaucht und seinen Arzt Dr. Hostetler (James Stewart) aufsucht, der ihm seinen miserablen Zustand auch prompt bestätigt: Krebs im Endstadium, Lebenszeit auslaufend. Gegen die Schmerzen gibt es Laudanum, und so quartiert sich Books in der Pension der Witwe Mrs. Rogers (Lauren Bacall) ein, um sich auf sein baldiges Ende vorzubereiten. Doch sein Ruf als berüchtigter Gunman holt ihn rasch ein, und als seine Wirtin von ihrem Sohn Gillom (Ron Howard) erfährt, wen sie beherbergt, will sie den Gast am liebsten sofort wieder loswerden, aber der herbeigerufene Marshall Thibido (Harry Morgan) verschafft Books Verständnis bei der Witwe.

Dennoch kommt Books nicht zur Ruhe, denn die einschlägigen, schießfreudigen Ganoven der Gegend wittern mit der Gelegenheit, den einstigen Scharfschützen herauszufordern, ein allzu gutes Renommee, und der Totengräber (John Carradine) bietet bereits ein kostenloses Begräbnis an. Doch wie zu Beginn des Films angekündigt sind es acht Tage, die Books bis zu seinem Tod bleiben, und in dieser Zeit entsteht ein zugeneigtes Verhältnis zu Mrs. Rogers und zu ihrem Sohn Gillom, der schließlich im Auftrag von Books drei seiner alten Feinde in den Saloon zum letzten Duell lädt. So erlebt John Bernard Books im Bewusstsein des nahenden Todes in würdiger Weise seine letzten Tage, und es sind diese von John Wayne mit für ihn ungewöhnlicher Sensibilität verkörperten Szenarien des stilvollen Abschieds, die Der letzte Scharfschütze in doppeltem Sinne zu einem großartigen Finale werden lassen.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/der-letzte-scharfschuetze-1976