Picknick mit Bären (2015)

Ausbüchsen vor dem Ende

Eine Filmkritik von Andreas Günther

Genau genommen streift Picknick mit Bären nur mit einem kurzen, fast scheuen Blick die filmische Vergangenheit des Hauptdarstellers Robert Redford. Dennoch liegt unverkennbar das Flair seiner langen Karriere über der Seniorenkomödie von zwei alten Wandersmännern, die die Überschätzung ihrer Kräfte auf einer einige tausend Meilen langen Strecke zu spüren bekommen.

Picknick mit Bären beruht auf einem autobiographischen Buch des Reiseschriftstellers und Bestsellerautors Bill Bryson, der spätestens seit Eine Geschichte von fast allem auch in Deutschland sehr bekannt ist. Robert Redford soll Bryson verkörpern. Zwar übernimmt er dessen spöttische Aphorismen, gibt sich aber keine Mühe, dem Vorbild äußerlich zu gleichen. Der mittlerweile 79-jährige ewige Blondschopf zieht es vor, sich selbst zu spielen.

Bryson war gerade Ende vierzig, als er die Buchvorlage zu Picknick mit Bären verfasste. Der Film aber handelt von dem alten Mann, der Redford inzwischen ist. Seinen Bryson plagen Ängste, demnächst wie die Bekannten ins Gab zu gleiten, die um ihn herum wegsterben. Auf einem einsamen Spaziergang nach einer Beerdigung kreuzt er den Appalachian Trail, einen Wanderweg von gut 3.500 Kilometern die amerikanische Ostküste entlang. Redfords Bryson wittert die Chance, vor dem Gang in die Kiste nochmal auszubüchsen.

Seine Frau Catherine (Emma Thompson) warnt ihn nicht nur, dass er sich auf ein gefährliches Abenteuer einlässt, sie besteht auch darauf, dass er keineswegs allein geht. Doch den einzigen Begleiter, den Bryson finden kann, ist sein alter Kumpel Katz (Nick Nolte), alkoholkrank, auf der Flucht vor Gläubigern und eigentlich nicht in der Lage, einen Fuß vor den anderen zu setzen.

Auf ihrem Marsch treffen sie nervige junge Leute, sie beweisen Mut, als sie Grizzlybären verscheuchen (die es in der Gegend, wo der Film spielt, eigentlich nicht gibt), rutschen auf allzu glitschigen Steinen im Flussbett aus, so dass sie mit nassen Füßen am anderen Ufer ankommen, und regelmäßig geht ihnen die Puste aus. Katz sorgt mit einer übergewichtigen Geliebten für einen amourösen Schwank. Redfords Bryson lässt sich indes von Mary Steenburgen als Motel-Geschäftsführerin anhimmeln.

Dieses Männergespann verlangt Nachsicht. Aber auch der bemühte Humor. Er erscheint als Greisenwehwehchen von Robert Redford, der unablässig laviert. Ständig ist er im Begriff, den Naturburschen von vor vierzig Jahren zu mimen, als er der Bandit Sundance Kid war, Skifahrer in Schussfahrt und Trapper in Jeremiah Johnson. Ebenso oft zügelt er sich. Es fehlt weniger die Kraft als das diabolische Funkeln und die leise Ironie von damals, die sich Redford nicht mehr zutraut. Als Bryson und Katz vom Pfad auf einen Felsvorsprung abrutschen, befinden sie sich in derselben Lage wie einst Redford mit Paul Newman in Butch Cassidy and the Sundance Kid. Doch an einen Sprung in den reißenden Fluss tief unten ist diesmal nicht zu denken. Es bleibt bei einem einzigen flüchtigen Blick der Kamera auf das glitzernde Wasser.
 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/picknick-mit-baeren-2015