Maxilari

Der Komfort eines Kissens

Eine Filmkritik von Falk Straub

Die Qualität eines Films hängt nicht von der Höhe seines Budgets ab. Auch mit begrenzten Mitteln ist kluges Kino möglich. In Maxilari (griechisch für "Kissen") beschränkt sich Regisseur Konstantinos Kakogiannis aus Kostengründen auf einen Handlungsort und entspinnt einen politischen wie philosophischen Diskurs.
Drei Freunde campen am Strand. Abseits der Großstadt wollen sie für eine kurze Zeit den Sorgen ihres Alltags entfliehen, die Natur und das Beisammensein genießen. Die gute Atmosphäre hält jedoch nicht lange. Hitzige Diskussionen über Kultur, Politik, Philosophie, Komfort und Konformismus bestimmen den Aufenthalt. Zu unterschiedlich sind die Ansichten der drei zur Gesellschaft. Als ihre Freundinnen hinzustoßen, verschärft sich die Lage. Die Stimmung lädt sich auch sexuell auf.

In Konstantinos Kakogiannis' Drama sind die Gespräche entscheidend, denn der Aktionsradius der Protagonisten bleibt überschaubar. Schnell wird deutlich, wie sehr Gewohnheiten auch fernab der Zivilisation das Zusammenleben bestimmen. So führen die sechs Freunde selbst am Strand ein geordnetes und von Tagesabläufen vorgeformtes Leben. Einen Ausbruch aus dieser Routine bilden die Gedankenexperimente, die sie in ihren Diskussionen spinnen.

Der Aufenthalt am Strand kann folglich als Metapher auf das Zusammenleben an sich verstanden werden, wie so vieles in Maxilari symbolisch aufgeladen ist. Das titelgebende Kissen etwa steht stellvertretend für einen Komfort, an den sich die Protagonisten gewöhnt haben und den sie nicht mehr aufgeben wollen. Auf einer übergeordneten Ebene stellt der Film dadurch auch immer die Frage, was die (europäischen) Staaten nach der Finanzkrise 2008 bereit sind, von ihren Errungenschaften – seien diese politischer oder monetärer Natur – zu opfern.

Die sechs Freunde stehen dementsprechend für Griechenland. Hier zeichnet Kakogiannis ein ambivalentes Bild. Seine Figuren sind ob ihrer Zukunft zutiefst verunsichert, hin- und hergerissen zwischen Emigration und ihren heimischen Wurzeln. Ihre Reizbarkeit und Erregung machen es den Zuschauern manchmal schwer, dem Drama zu folgen. Denn der Chor der Stimmen und Meinungen ist so vielfältig und schnell, dass ein Nichtmuttersprachler mit der Geschwindigkeit der Untertitel kaum Schritt halten kann.

Die größte Schwäche ist jedoch die erzählerische Offenheit des Films. Eine Antwort auf die aufgeworfenen Fragen vermag Maxilari nicht zu geben. Im Prinzip nichts, das zu bemängeln wäre, überlässt der Film es auf diese Weise doch jedem Zuschauer selbst, sich die Fragen für das eigene Leben zu beantworten. Für einen solch offenen Diskurs über die Lage der Zivilisation, der letztlich nur verschiedene Lösungen durchspielt, aber keine davon favorisiert, ist Maxilari aber entschieden zu lang. Trotz einer Spieldauer von moderaten 88 Minuten wirken die Diskussionen schnell ermüdend, drehen sich die Protagonisten zu häufig im Kreis. Und auch ihre Positionen gewinnen dem seit sieben Jahren nicht enden wollenden Krisengerede keine neuen Facetten ab.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/maxilari