Hirschen - Da machst was mit!

Ein etwas anderer Heimatfilm

Eine Filmkritik von Peter Osteried

"Intuitives Filmemachen" nennt Regisseur George Inci den Ansatz, wie er sein Werk Hirschen Wirklichkeit werden ließ. Im Endeffekt ist das ein Euphemismus, der nur darüber hinwegtäuschen soll, dass praktisch kaum Budget vorhanden war. Man arbeitet mit dem, was da ist: Dorfbewohner, die keine Schauspieler sind, natürliches Licht und ein überlanges Drehbuch.
Ein Hirsch mit goldenem Geweih hat dem Dorf einst Wohlstand gebracht. Darum hat man den Ort Hirschen getauft. Nun macht die einzige Fabrik im Ort jedoch dicht, die Zeit des Wohlstands ist vorbei. Die meisten Dorfbewohner suchen das Weite, ein paar Unverdrossene bleiben jedoch. Als es auf der Straße zu einem Unfall kommt, weil ein Hirsch dem Fahrer ins Auto läuft, hat einer der Dörfler die zündende Idee. Das lässt sich doch ausbauen. So ein Unfall, der hat schon was. Das Auto muss repariert werden, die Leute müssen irgendwo wohnen, konsumieren werden sie wohl auch. Aber da man Hirsche schwerlich zwingen kann, im richtigen Moment über die Straße zu laufen, nehmen es ein paar der Dorfbewohner auf sich, selbst ins Hirschkostüm zu schlüpfen.

In Österreich, wo Hirschen bereits letztes Jahr seine Premiere feierte, gab es einige mehr als wohlwollende Kritiken, die die Skurrilität, aber auch die Frechheit des Stoffes und die "wahren Lachstürme", so der Osttiroler Bote, gelobt haben. Den Lokalpatriotismus mag man den Kollegen vergeben, das überschäumend humorige Werk, als das Hirschen gepriesen wird, ist dem Regisseur nämlich wirklich nicht gelungen – und das nach 16 Jahren, die er an diesem Projekt gebastelt hat.

Das Problem ist, dass Hirschen sich nicht wie ein richtiger Film anfühlt. Er erinnert vielmehr an die Gehversuche von Amateuren, die auch ohne Geld versuchen, große Ideen auf die Leinwand zu bringen. Inci mag von der Authentizität schwärmen, die blitzt aber auch nur gelegentlich auf. Denn mehrheitlich hat er die Dorfbewohner seines Drehorts vor die Kamera gezerrt. Wenn die ihre Texte herunterleiern, dann klingt das eben auch so. Schauspiel ist etwas anderes, Authentizität auch. Wenn hier gesprochen wird, klingt das mehrheitlich gestelzt.

Aber das ist nur eines der Probleme von Hirschen. Das mäandernde Skript ist ebenfalls ein Hindernis. Hier werden Gags endlos lange ausgewalzt, so etwa die Szene mit den Problemen mit dem Sarg bei der Beerdigung des Pfarrers. Worüber man zuerst schmunzelt, wird schnell enervierend, wenn Inci einfach nicht zum Punkt kommen will. Er überstrapaziert, wodurch sich Humor ins Gegenteil verkehrt.

Die Geschichte selbst mag man als skurril ansehen, sie ist aber eigentlich nur albern. Das Kostüm der Möchtegern-Hirsche ist natürlich peinlich, die Idee, Leute mit Pannen ins Dorf zu locken auch nicht gerade originell. Das hat man vor nicht langer Zeit im bayerischen Film Hinterdupfing gesehen, der ähnliche Probleme wie Hirschen aufweist. Wer sich auf Hirschen einlässt, muss hart im Nehmen sein, dem Chic von Amateurproduktionen etwas abgewinnen und einen Score, der hauptsächlich aus Ziehharmonika und Zither besteht, reizvoll finden können.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/hirschen-da-machst-was-mit