Heaven’s Gate – Das Tor zum Himmel

Ein legendärer (und unberechtigter) Flop der Filmgeschichte

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Auch wenn die Karwoche zwischen Palmsonntag und der Osternacht hierzulande mittlerweile einiges an ihrer einstigen religiös-gesellschaftlichen Autorität als stille, den Alltag dominierende Tradition im Gedenken an die Leiden und den Tod Jesus Christus eingebüßt hat, zeugt nicht zuletzt auch das Fernsehprogramm zumindest der öffentlich-rechtlichen Sender noch sichtbar von der vormals immensen Bedeutung dieser Trauerzeit und präsentiert reichlich ernsthafte bis tragische Filmkost. Dazu zählt zweifellos auch Michael Ciminos Heaven's Gate – Das Tor zum Himmel aus dem Jahre 1980 vor dem historischen Hintergrund des so bezeichneten Johnson County Wars, der auch im Hinblick auf seine Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte eine markante Kuriosität innerhalb der US-amerikanischen Filmindustrie darstellt.
Wyoming, Johnson County im Jahre 1892: James Averill (Kris Kristofferson), amtierender Sheriff der Region, erfährt von seinem einstigen Studienfreund Billy Irvine (John Hurt), mit dem er vor zwanzig Jahren an der Havard University graduierte und der nun zu den wohlhabenden, mächtigen örtlichen Ranchern gehört, die sich gerade gegen die ums Überleben kämpfenden, mittellosen Einwanderer zuvorderst aus dem Osten Europas zusammenrotten, dass eine Todesliste derjenigen Siedler erstellt wurde, die aufgrund vermehrten Viehdiebstahls nun von dafür angeheuerten Gunmen aus Texas eliminiert werden sollen – und zwar mit Genehmigung der Regierung. Nicht nur, weil sich seine Angebetete Ella Watson (Isabelle Huppert) als Betreiberin des lokalen Vergnügungs-Etablissements den armen Siedlern und geschätzten Kunden verbunden fühlt, setzt Averill nun alles daran, um die Einwanderer rasch zu warnen und die geplanten Morde zu verhindern, was letztlich nach der Vergewaltigung Ellas durch die Schergen der Viehbesitzer in einer unheilvollen, todbringenden Konfrontation zwischen den beiden verhärteten Fronten eskaliert ...

Als opulentes, aufwendig inszeniertes Epos weit jenseits der anberaumten Produktionskosten mit seinen vielschichtigen, filigran eingesetzten Elementen damals innovativer Filmkunst, seinem imposanten Ensemble ganz hervorragender Schauspieler und seiner thematisch so ambivalenten wie brodelnden Brisanz wurde Heaven's Gate – Das Tor zum Himmel seinerzeit in den USA von der Kritik kräftig zerfetzt und verfemt, zumal der finanziell gigantische Flop den Ruin der United Artists Filmgesellschaft herbeiführte, die daraufhin an Metro-Goldwyn-Mayer veräußert wurde. Erst durch spätere positive Resonanzen vorwiegend aus dem europäischen Raum und anschließend verstärkt durch zahlreiche Wiederaufführungen im Rahmen von internationalen Filmfestivals ab Mitte der 2000er Jahre rückte das ausführliche Werk über diesen schattenträchtigen Aspekt der US-amerikanischen Immigrationsgeschichte in einen würdigenden Fokus der weltweiten Filmkritik und gebar mit seinen spektakulären Auswüchsen und Ausprägungen etliche ausführliche Analysen und umfassende kontextuelle Interpretationen.

Doch auch allein als filmische Fiktion für sich betrachtet lohnt sich die Sichtung dieses nicht selten dokumentarisch anmutenden Kultklassikers, der auch repräsentativ für den Niedergang der Ära New Hollywoods steht, allemal: Die multidimensionale Verflechtung der Charaktere und Beziehungen mit reichlich Raum für Sensibilitäten, die effektvoll von Vilmos Zsigmond fotografierten, großartigen Bilder einer verkommenden Sozietät flankiert von der atmosphärischen Filmmusik David Mansfields und nicht zuletzt die thematische Tragik lassen ein eindringliches Drama weit über die Grenzen des Western-Territoriums hinaus entstehen, dessen Melancholie auf ebendiese Weise berührt, die einem gelungenen Film eigen ist.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/heavens-gate-das-tor-zum-himmel