Trash Detective

Der Dumme ist der Ehrliche

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Mit Trash Detective ist es so eine Sache. Der Film ist eigentlich nicht gut. Aber irgendwie doch cool. Denn er fühlt sich so an, als habe Regisseur Maximilian Buck einfach mal gemacht. Und das ist nicht das Schlechteste, was man bei seinem Filmakademieabschluss- und Langfilmdebüt machen kann: Hingehen. Drehen. Sehen, was rauskommt. Und das klappt, wenn man eine wirklich krasse Hauptfigur hat, die von einem rauen Schauspieler zweifelhaften Charme erhält (Rudolf Waldemar Brem gibt alles, ein alter Fassbinder-Darsteller!); wenn man sich wenig schert um Logik, dafür mehr darum, dass eine Menge passiert; und wenn man alle Sprachregler auf Schwäbisch setzt.
Uwe Krollhass (Rudolf Waldemar Brem) ist ein Dämon, wenn er betrunken ist. Das ist er fast immer, aber manchmal noch mehr als sonst. Dann grapscht er nach den Weibern, dann belästigt er alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, dann flucht und schimpft er und prügelt sich herum. Am liebsten mit seinem Erzfeind, dem örtlichen Millionär Berger (Karl Knaup), der mit seinem Rollladenladen groß geworden ist. Am nächsten Tag hat Uwe dann alles vergessen und deshalb auch kein schlechtes Gewissen. Der Dorfwirt ist sein bester Freund, aus geschäftlichen Gründen. Doch dann ist nach dem Dorffest Susi (Luzie Buck) verschwunden, angehende Miss Süddeutschland und Bergers Tochter. Und Uwe meint sich zu erinnern, im Suff eine blutbesudelte Susi in einem Auto im nächtlichen Wald gesehen zu haben. Aber wer glaubt ihm schon? Wenn er selbst sich nicht richtig glauben kann. Wenn sich dann aber jeder gegen den Suffkopp wendet, muss man eben selbst ermitteln; zumal ja wohl klar ist, dass der Berger dahintersteckt.

Jetzt ist das mit solchen Regionalkrimis noch so eine Sache. Die Feld-, Wald- und Wiesen-Lokalstory ist halt – von Bayern bis zur Nordsee – nach allgemein üblichen Spielregeln immer und grundsätzlich mit irgendwelchen skurrilen Gestalten gesegnet, die skurrile Dinge tun und dabei in skurrile Mordfälle verwickelt werden. Weil sie vor allem davon lebt, dass sich die Bewohner des Handlungsortes köstlich amüsieren, einmal wegen des Wiedererkennungswertes, zweitens aber auch wegen des beruhigenden Wissens, dass in der Wirklichkeit dann doch alles ach so beschaulich ist. Diesen Pfad geht auch Maximilian Buck – aber: Er geht weiter. Weil sein Film in den richtigen Momenten heftig wird, in der Sprache seines Protagonisten, der alle möglichen F-Wörter in seinem täglichen aktiven Sprachschatz hat, aber auch sonst grobschlächtig schimpft; im Umgang mit ihm, wenn Uwe mal fast das Bein abgesägt wird. Zudem ist dieser derbe Säufer nicht zimperlich, wenn es um das Leben der anderen geht. Eine solche Figur: Sie ist nicht kompatibel mit der harmlosen Nettigkeit, die Regionalgeschichten und -filme sonst ausstrahlen; ja: sie würde in ihrer verzweifelten Verlorenheit beinahe einem Simon Brenner zur Ehre gereichen. Schon gar nicht wandelt Trash Detective auf den Spuren von Filmen wie Die Kirche bleibt im Dorf, dem großen Schwaben-Kinoerfolg der letzten Jahre, in dem eine platte Romeo-und-Julia-Geschichte durch möglichst viele putzige Beschimpfungen aufgelockert wird. Nein: Putzig ist in Trash Detective nichts, eher ranzig, und so muss es sein in einer Story über einen verzweifelten Loser, der im Ort mal so richtig aufräumt.

Freilich: Die Probleme in der Handlungsdramaturgie bleiben. Viel zu lange verharren wir in einem Schaukampf zwischen dem versoffenen Uwe und dem arroganten Berger, dabei gerät das Verschwinden des Mädchens aus dem Blickfeld, das eigentlich das emotionale Zentrum des Films sein sollte. So etwas aber gibt es nicht: emotionale Einfindung oder emotionale Spannung. Weil alle im Film bloß Typen sind, zu denen man kaum Bezug bekommt. Das ist selbst für einen Regionalkrimi der anderen Art zuwenig. Manche Figuren wissen auch mehr, als sie wissen dürften; manche Handlungsvolten gehen holterdiepolter vor sich, anderes dümpelt dahin. Dann kommen wieder Knaller: Ein neuer Spruch oder ein SM-Keller im Metzgershaus, in dem diverse Lustfolterinstrumente vorgeführt werden. Um dann eben doch wieder irgendwo steckenzubleiben, weil es ja nun doch seltsam ist, dass in diesem kleinen Kaff der Dorfsäufer nicht gefunden wird, wenn alle ihn suchen. Dass die Auflösung der Whodunit-Story schlussendlich nicht wirklich zum vorangegangenen Rest passt, kann man sich fast schon denken.

Nein, gut ist der Film nicht. Aber schön krass. Das ist mal was. Und wer im Schwäbischen weg will von der Schwabentümelei, der dürfte hier gut aufgehoben sein.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/trash-detective