Krampus

Weihnachten ist der Horror

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Alle Jahre wieder: Weihnachten. Ob es ein Fluch oder ein Segen ist, ist manchmal schwer zu sagen. Selbst die uralten Weihnachtsbräuche zeigen sich in dieser Frage uneinig. Da bringt der Heilige Nikolaus die Geschenke, aber in seinem Schlepptau ist auch der Krampus, eine Schreckensgestalt mit Hörnern und Klauen, die die Unartigen und Undankbaren bestraft. Jene Gestalt, die vor allem in den Ostalpen zu Hause ist, hat es nun mit Krampus in einen amerikanischen Weihnachts-Horror-Film geschafft. Das Ergebnis ist verwirrend.
Weihnachten bei einer amerikanischen Durchschnittsfamilie (Adam Scott und Toni Collette als Eltern) mit zwei Kindern, der nörgeligen Teenagerin Megan (Stefania LaVie Owen) und dem vorpubertären Max (Emjay Anthony), der zwar weiß, dass es den Sankt Nikolaus (bzw. Weihnachtsmann) nicht gibt, aber trotzdem noch nicht so ganz die Hoffnung verloren hat. Das liegt vor allem an seiner österreichischen Großmutter, für die Weihnachten eine ernstzunehmende Sache ist, Nikolaus und Krampus inklusive. Doch nachdem die nervige Verwandtschaft eingetroffen ist, die Eltern keine Zeit für ihn haben und die Schwester lieber bei ihrem Freund wäre, verliert Max die Geduld, zerreißt seine Weihnachtswunschliste und wirft sie hasserfüllt aus dem Fenster. Sofort formt sich ein Unwetter, das die Familie von der Außenwelt und dem Stromnetz abschneidet, und plötzlich wird einer nach dem anderen angegriffen und verschleppt. Die übrigen entsetzten Familienmitglieder merken schnell, dass sie es mit etwas Übernatürlichem zu tun haben, die Oma klärt schließlich auf, dass es sich um den Krampus handelt, der sie alle holen kommt. Und was tut ein guter Amerikaner in solch einem Moment? Er holt die Waffen.

Krampus ist ein hochgradig eigenartiges filmisches Gewächs. Das liegt vor allem daran, dass der Film nicht weiß, was er sein will: Eine gruselige Weihnachtskomödie für die ganze Familie oder doch lieber ein blutiger Slasher für Erwachsene? Wo Filme wie Die Gremlins noch eine gute Balance zwischen Horror und Spaß, zwischen "nur für Erwachsene" und "für Kinder geeignet" hielten, vermag Krampus sich gar nicht zu entscheiden. So beginnt der Film mit einer herrlichen Fahrt durch ein Einkaufszentrum, in dem sich Menschen in Zeitlupe gegenseitig fertig machen, um Geschenke zu bekommen, und setzt damit einen wunderbar sarkastischen Ton; doch dieser schlägt bald um. Erst bietet er eine Runde Familienfilm, dann versinkt er plötzlich in Chaos und Horror, nur um dann wieder zwischen witzigen Momenten und Kindern, die von riesigen Clowns gefressen werden, zu changieren. Und spätestens, wenn die Knarren rausgeholt werden, ist man als Zuschauer vollends verwirrt.

An dieser Stelle müsste man wohl konstatieren, dass Krampus eine Fehlleistung ist, passt er doch in kein Genre oder gar nur in eine grobe Richtung. Doch auf seltsame Weise ist dieser Film hinreißend. Auch Tage später beschäftigt er das Gemüt — vor allem mit der Frage, was man von diesem Werk halten soll. Genau diese krude Komposition aus Antagonismen, amerikanisierter Ostalpen-Tradition, einer Oma, die in der deutschen Synchronfassung den eigenartigsten Dialekt der deutschsprachigen Filmgeschichte von sich gibt (ihn einmal gar vergisst und auf feinstem Hochdeutsch palavert), ja, das fordert das Stromlinien geprägte Cineasten-Hirn schon heraus. Krampus ist an jeder Ecke sperrig und falsch. So falsch, dass er schon wieder gut ist.

Und dabei macht er noch einige – wahrscheinlich ungewollte – gesellschaftskritische Bemerkungen. Zwar ist der Film so konfiguriert, dass er die übliche Weihnachtsbotschaft schickt: Familien müssen zusammenhalten, christliche Werte aufrechterhalten und Nächstenliebe praktizieren. Doch all diese Dinge sind reine spinnerte Oberfläche, wenn es hart auf hart kommt. All das nutzt einem eben nichts, wenn der Krampus vor der Tür steht. Dann ist es dahin mit dem Christentum, mit dem Betteln nach weiteren Chancen. Der Krampus nivelliert alle Privilegien, er ist der Gleichmacher im Angesicht des Todes, dem selbst heulende Kinderaugen nichts ausmachen. Er richtet so harsch wie gerecht. Da helfen auch keine Knarren mehr.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/krampus