Das Dschungelbuch (2016)

Der Wald wird lebendig

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Rudyard Kiplings Roman wurde schon häufig verfilmt, in erster Linie denkt man aber an den Zeichentrickfilm aus den Walt Disney Studios, der auch das letzte Projekt war, an dem der Erfinder von Micky Maus selbst beteiligt war. Da man bei Disney schon seit einer ganzen Weile Stoffe neu auflegt bzw. fortsetzt, die als Zeichentrickfilm zu beliebten Klassikern geworden sind, bot sich auch Das Dschungelbuch an. Es ist eine Gratwanderung, die hier vollzogen wird.
Der kleine Menschenjunge Mowgli wächst bei den Wölfen auf, doch er ist in Gefahr, denn der Tiger Shir Khan, der einen ausgesprochenen Hass auf Menschen hat, will ihn töten. Darum beschließt Mowgli, das Rudel zu verlassen. Sein Freund, der Panther Baghira, will ihn zu einer Siedlung der Menschen bringen, doch auf dem Weg werden sie getrennt. Während Mowgli neue Freunde und Abenteuer erlebt, wendet sich der böse Tiger gegen Mowglis Rudel ...

Jon Favreaus Film orientiert sich an dem Disney-Zeichentrickfilm – mitunter sogar ein bisschen zu sehr. Wo es innerhalb der Geschichte durchaus noch sinnig ist, eine Szene einzubauen, bei der Mowgli und der Bär Balu ihren berühmten Song Probier’s mal mit Gemütlichkeit singen, funktionieren die Anlehen bei King Louie – übrigens im Original ganz herrlich von Christopher Walken gesprochen – gar nicht. Dass er inmitten einer dramatischen Szene singt, mag als Verbeugung vor dem Zeichentrick-Klassiker angehen, untergräbt aber die Wirkung der durchaus intensiven Sequenz. Dieser Moment sticht wie ein rostiger Nagel hervor, da Das Dschungelbuch ansonsten sehr ernsthaft und dramatisch gestaltet ist.

Daher gibt es Momente, die dem Frohsinn verpflichtet sind und gute Lachern haben, der ernste Unterbau wird aber nie aufgegeben. Die Charakterisierung von Shir Khan ist ein bisschen zu schwach geraten, seine Schreckensherrschaft über den Dschungel wird aber zumindest glaubwürdig gestaltet. Hier nähert sich Favreaus Film mehr dem Roman als dem Zeichentrickfilm an. Wo Shir Khan in letzterem noch eine süffisante Art und Weise hatte, ist der Tiger des Realfilms ein bösartiger Killer, der aus Lust heraus tötet. Ein paar der Kämpfe sind dabei durchaus intensiv, was insbesondere fürs Finale gilt. Bis dahin gelingt es aber, auch bei Konflikten und Kämpfen nie so in die Vollen zu gehen, dass man ein junges Publikum verschrecken würde.

Ein Film wie dieser steht natürlich mit den Effekten. Die sind makellos. Das Dschungelbuch hat man in dieser Form noch nie gesehen, die Tiere des Dschungels erwachen wirklich zum Leben, vom kleinsten bis zum größten Lebewesen. Das ist eine beachtliche Leistung, die Respekt abnötigt und die Messlatte hochsteckt – für Andy Serkis, der 2017 mit Jungle Book: Origins dieselbe Geschichte mit ähnlich beeindruckender Starbesetzung noch mal erzählt.

Im Deutschen sind Armin Rohde, Joachim Krol, Ben Becker, Heike Makatsch, Jessica Schwarz, Justus von Dohnanyi und Christian Berkel zu hören. Das Original tönt dann doch noch etwas starlastiger: Idris Elba, Bill Murray, Christopher Walken, Scarlett Johansson und Ben Kingsley leihen den Tieren ihre Stimme.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/das-dschungelbuch-2016