Dumb Money - Schnelles Geld (2023)

The Meming of Life

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

In „The Big Short“ (2015) nutzt Adam McKay die Mittel des Unterhaltungskinos, um von der Blase am US-Immobilienmarkt und der daraus resultierenden Finanzkrise zu erzählen. Die von Christian Bale verkörperte Figur eines Investors und Hedgefondsmanagers basiert dabei auf einer realen Persönlichkeit. Ähnlich geht nun Craig Gillespie in „Dumb Money“ vor. Nach dem Skript von Lauren Schuker Blum und Rebecca Angelo, das sich wiederum auf das Sachbuch The Antisocial Network von Ben Mezrich stützt, schildert der Regisseur, wie der (echte) Finanzanalyst Keith Gill auf Reddit unter dem Pseudonym DeepFuckingValue und auf YouTube als Roaring Kitty in der Zeit um 2020/21 dazu rät, ebenso wie er in die unterbewerteten Aktien der Computerspiel-Einzelhandelskette GameStop zu investieren.

Diverse Hedgefonds hatten mit Leerverkäufen auf den Fall der Aktie gesetzt. Keith löst mit seinen gewitzten Posts und Livestreams jedoch eine unerwartete Welle an Finanzspekulationen von Kleinanleger:innen innerhalb der Community r/wallstreetbets aus. Der Kursanstieg der GameStop-Aktie bewirkt, dass die Hedgefonds-CEOs plötzlich Milliardenverluste erleiden – während Keith und viele User:innen enorme Gewinne erzielen.

Paul Dano erweist sich als Idealbesetzung, um Keiths widersprüchlichen Charakter einzufangen. Wenn er mit Katzen-T-Shirt und rotem Stirnband vor seinen PC-Bildschirmen im Keller sitzt und via Webcam zu seinen Follower:innen spricht, mutet der junge Mann durchaus extrovertiert und kühn an. Zugleich strahlt er etwas sehr Schüchternes und Bodenständiges aus. Die Szenen mit Shailene Woodley als Keiths Ehefrau Caroline sind voller Wärme.

Als Ensemblefilm hat Dumb Money indes einige Schwächen. Die Zeichnung der Figuren ist bewusst zugespitzt und hantiert lustvoll mit Klischees – etwa wenn Seth Rogen, Vincent D’Onofrio und Nick Offerman als superreiche Hedgefonds-Manager zunehmend unter Druck geraten und dabei entsprechend lächerlich daherkommen. Sebastian Stan gerät als Vladimir Tenev, einer der beiden Gründer des Finanzdienstleistungsunternehmens Robinhood, ebenfalls zu einer Figur am Rande der Karikatur. Wirklich stimmige, prägnante Porträts, die diesem Milieu mehr als das Naheliegendste entlocken, entstehen auf diesem Wege letztlich nicht.

Und auch die Darstellung der unterschiedlichen Kleininvestor:innen bleibt eher holzschnittartig. Myha’la Herrold und Talia Ryder als Studentinnenpaar oder Anthony Ramos als Mitarbeiter in einer GameStop-Filiale gehören zu den Leuten, die durch den Aktienanstieg unverhofft an Geld gelangen. Einen tieferen Einblick in ihren Alltag erhalten wir allerdings nicht. Am besten funktioniert dies noch bei der verschuldeten Krankenschwester Jenny, die von America Ferrera empathisch interpretiert wird.

Wenn Dumb Money auf Popmusik und Zeitlupe setzt, um Stimmungen zu erzeugen, hält sich die gestalterische Innovation in Grenzen. Spannend ist jedoch, wie Gillespie die GIF- und Meme-Kultur organisch in das Geschehen einbaut. Die von der COVID-19-Pandemie geprägte Zeit, in der das Leben in vielerlei Hinsicht als Ausnahmesituation wahrgenommen wurde, wird durch die speziellen Kommunikationsformen des Internets sowie durch Nachrichtenbilder treffend erfasst. Alles ist Content, überall herrscht Reizüberflutung. Die im Grunde sehr klassische David-gegen-Goliath-Story wird somit zeitgeschichtlich gekonnt verortet und abgebildet, lässt aber zu wenig Raum, um die meisten Beteiligten darin zu einem interessanten Faktor zu machen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/dumb-money-schnelles-geld-2023