Five Nights at Freddy's (2023)

Wenn die Puppen erwachen

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Als Player*in ein Restaurant überwachen, dessen Animatronic-Maskottchen nachts aktiv werden und mit Mordlust durch die Gänge streifen – so lautet die einfache Prämisse des Horror-Videospiels Five Nights at Freddy‘s, das nach seiner Veröffentlichung im Jahr 2014 in der Gaming-Community Kultstatus erlangte. Zu einem mittlerweile in alle möglichen Richtungen sprießenden Franchise, das beispielsweise Spin-offs und Romane umfasst, gesellt sich nun auch eine Verfilmung für die große Leinwand. Das, von Gruselfließbandarbeiter Jason Blum und Scott Cawthon, dem Erfinder des Spiels, produzierte Schauerstück hinterlässt allerdings keinen bleibenden Eindruck, da es weder mit seiner Geschichte fesseln kann noch den rückhaltlosen Absprung in schrägen Puppen-Splatter wagt.

Die Hauptrolle in Five Nights at Freddy’s bekleidet mit Josh Hutcherson ein Darsteller, dem man nach seiner Mitwirkung an der ungemein erfolgreichen Tribute-von-Panem-Reihe Mitte der 2010er den Sprung in Hollywoods Eliteklasse zutrauen konnte. Die ganz großen Rollen blieben in der Folgezeit jedoch aus. Vielleicht einfach deshalb, weil er auf der Leinwand stets eher bodenständig daherkommt, ihn kein überlebensgroßes Charisma umweht. Geerdet ist auch seine Performance in der Videospieladaption, die seiner Figur Mike Schmidt ein handfestes Trauma auf den Leib schreibt.

Große Schuldgefühle plagen den jungen Mann, seit er einst bei einem Familienausflug in die Wälder nicht auf seinen Bruder achtgab, der schließlich von einem Unbekannten entführt wurde. Im Hier und Jetzt hat Mike die Vormundschaft für seine kleine Schwester Abby (Piper Rubio), die ihm seine Tante Jane (in Klischeerolle gezwängt: Mary Stuart Masterson) aber mit aller Macht entreißen will. Schließlich könne ihr Neffe dem Mädchen kein stabiles Umfeld zum Aufwachsen bieten. Um das Gegenteil zu beweisen, nimmt Mike eine Stelle als Nachtwächter an, die er kurz zuvor noch abgelehnt hatte.

Einsatzort ist das in den 1980er Jahren vor allem bei Kindern beliebte Lokal und Unterhaltungscenter Freddy Fazbear’s Pizza, das inzwischen längst geschlossen ist und eigentlich dem Erdboden gleichgemacht werden müsste. Da der Besitzer sich allerdings noch nicht trennen kann, gammelt der Schuppen weiter vor sich hin. Dass in der baufälligen Bude noch Leben herrscht, bekommt Mike schon bald zu spüren. Wenn es dunkel wird, schlägt nämlich die Stunde der Maskottchen, die umherwandeln und Jagd auf Störenfriede machen. Ein Herz scheinen die animatronischen Tiere für Abby zu haben. Die örtliche Polizistin Vanessa (Elizabeth Lail), die regelmäßig vorbeischaut, weiß jedoch um die Gefahr der eigenartigen Wesen.

Five Nights at Freddy’s will irgendwie alles auf einmal – und landet genau deswegen fast keinen Treffer. Das Serienkillermotiv wird verknüpft mit ernster Trauerbewältigung, die zum Teil auf einer Traumebene stattfindet. Hinzukommt das Phänomen der Besessenheit, Kammerspielgrusel an einer ausrangierten, oft im Dunkeln liegenden Location und natürlich trashige Mörderpuppen. Was nach einem launigen, wilden, unkonventionellen Mix klingt, erweist sich als künstlich gestreckte, ohne Gespür für echten Schrecken inszenierte, inhaltlich langweilige Angelegenheit.

Elemente des Videospiels – etwa der Blick auf Überwachungsmonitore – kommen zum Einsatz, aber nie in dem Umfang, dass es Fans von den Sitzen reißen dürfte. Das Potenzial des zentralen, verwinkelt-ranzigen Settings schöpfen die Macher*innen um Regisseurin Emma Tammi (The Wind) nicht mit letzter Konsequenz aus und scheuen überdies davor zurück, komplett freizudrehen, obwohl es die Grundidee eigentlich hergeben würde.

Wer einen Splatter-Spaß erwartet, wird das Kino sicherlich enttäuscht verlassen. Skurrile Bilder wie ein blutdurstiger Cupcake, der sich – der Facehugger aus Alien lässt grüßen – auf das Gesicht eines wehrlosen Opfers stürzt, gibt es durchaus. Allerdings geizt der Film mit derartigen Einfällen und bleibt verhältnismäßig zahm. Am Ende, wenn der Oberbösewicht uninspiriert enthüllt wird und erste Vorbereitungen für eine mögliche Fortsetzung anlaufen, steht vor allem eine Frage im Raum: Auf welches Publikum soll dieser Alles-und-nichts-Möchtegernschocker bitteschön zugeschnitten sein.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/five-nights-at-freddys-2023