Wish (2023)

Die magische Kraft der Träume

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Im 1923 gegründeten Hause Disney legt man Wert auf Tradition. Eine davon ist der Weihnachtsfilm, der pünktlich zur Jahreszeit Kindern mitsamt Eltern und Großeltern bezaubernde Kinostunden bescheren will. Auf die Zeit der Wünsche wirkt schon der Titel der neuen Produktion gut abgestimmt. Unter der Regie von Chris Buck („Die Eiskönigin: Völlig unverfroren", „Die Eiskönigin 2") und Fawn Veerasunthorn nimmt ein fantasievolles Märchen seinen Lauf, in das zeitgemäße Themen und Botschaften eingeflochten sind.

Asha (deutsche Synchronstimme: Patricia Meeden), die 17-jährige Heldin der Geschichte, ist keine echte Prinzessin, wie es sie in vielen früheren Disney-Animationsfilmen gibt. Vielmehr bewirbt sie sich um eine Lehrstelle bei König Magnifico (Alexander Doering), der zugleich ein Zauberer ist. Magnifico verspricht den Bewohnern seines Reichs Rosas, das vor der iberischen Halbinsel liegt, ein sicheres, beschütztes Leben. Der König bekommt von jedem volljährigen Bewohner seinen großen Wunsch ausgehändigt, um ihn sicher zu verwahren. Regelmäßig wählt der König einen der Wünsche aus, um ihn mittels mit seiner Zauberkraft zu erfüllen. Ashas 100-jähriger Großvater hofft, dass der König seinen Wunsch endlich wahr werden lässt. Aber Asha erfährt vom König selbst, dass er den Wunsch des Großvaters niemals in Erfüllung gehen lassen wird, weil er ihn für zu riskant hält.

Völlig schockiert eilt Asha in den nächtlichen Wald und entwickelt ihren eigenen, mächtigen Wunsch: Sie will dem Großvater und auch den anderen Bewohnern ihre Wünsche zurückgeben, damit sie wenigstens selbst versuchen können, sie zu verwirklichen. Denn was sind die Menschen ohne ihre Wünsche, Träume und Ideale? Der 18-jährige Simon, der zu Ashas Freunden zählt, ist ein warnendes Beispiel: Kaum hat er seinen Wunsch abgegeben, wirkt er nur noch müde und kraftlos. Denn die Menschen vergessen den Inhalt ihrer abgegebenen Wünsche sofort. Ashas beseelter, gen Himmel gesungener Appell – traditionsgemäß fehlen Musicalsongs auch diesmal nicht – wird vernommen und ein kleiner, putziger Stern fällt herab und wirbelt um sie herum. Er ist gekommen, um Asha mit seiner magischen Kraft zu helfen. Zunächst verleiht er den Tieren – vom Eichhörnchen bis zum Bären – und sogar Bäumen, die Kraft zu sprechen, und verpasst dem munteren Zicklein Valentino, Ashas Sidekick, eine tiefere neue Sprechstimme. 

Magnifico, der nun allen Grund hat, um seine Macht zu bangen, lässt die Rebellin Asha steckbrieflich suchen. Er verwandelt sich rasch in einen grimmigen Despoten, der Zuflucht bei böser Magie sucht. Einmal ist nun der König nicht die gute väterliche Figur, wie oft in traditionellen Märchen, und eine böse Königin gibt es auch nicht. Die herzensgute Königin Amaya begreift, dass die junge Rebellin und ihre Freunde im Recht sind. Dass die Ruhe und Ordnung, die ein autokratisches System verspricht, auf Kosten der persönlichen Freiheit geht, ist eine wichtige Botschaft. Der Film zeigt, dass auch wohlmeinende Alleinherrscher sich rasch in schlimme Diktatoren verwandeln können und mündige Bürger und Bürgerinnen selbstbestimmt leben wollen.

Das Erzähltempo ist flott und die verschiedenen Märchenmotive werden wie Versatzstücke munter zusammengewürfelt. Gute und böse Zauberei, Sternenstaub und Versteckspiel im Königsschloss münden in einen actionreichen Machtkampf um die Wünsche, die als blaue Kugeln in einer Schlosshalle schweben. Beliebte Zutaten animierter Disneyfilme wie Herz und Humor streut diese Geschichte eher flüchtig, im Vorbeigehen, ein. Bezeichnend ist beispielsweise, dass man nur wenig darüber erfährt, was die einzelnen Menschen sich denn nun konkret gewünscht haben. Aber das leicht konsumierbare Werk hat auch seine Reize, und die liegen vor allem in der visuellen Gestaltung. 

Das märchenhafte Königsschloss verfügt über imposante Wendeltreppen, Hallen und Türme. Viele Szenen spielen sich aber auch draußen im Wald und bei Nacht ab – das Farbspektrum bevorzugt Lila und Grün. Im Halbdunkel entsteht eine zauberhafte Atmosphäre, die wie Aquarellmalerei anmutet. Ashas langes Kleid ist lilafarben, während ihr Antagonist Magnifico sich immer stärker mit neongrüner Zauberkraft umgibt. Der Kampf der Widersacher wirkt durch diese Optik selbst, als wäre er zur Hälfte einem nächtlichen Traum entsprungen. Der Film zeigt zudem eine ethnische diverse Welt – auf der Insel sind praktisch alle einmal als Migranten gelandet. Um aber echten Zauber zu entfalten, hätte sich der unbekümmert abgespulte Wish öfter mal die Zeit nehmen sollen, seine Themen und Figuren zu vertiefen.

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/wish-2023