Happy 50 (2022)

Geburtstagsstress mit Freunden

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Was könnte es Schöneres geben, als zu seinem 50. Geburtstag ein paar Tage mit den besten Freunden zu verbringen? Yves’ (Guillaume de Tonquédec) Freunde haben ihm sogar die Augen verbunden am Flughafen, damit das Geburtstagskind nicht sieht, dass die Reise auf eine griechische Insel geht. Doch der Flug ist ersatzlos gestrichen. Da hat Yves die vermeintlich rettende Idee: Freudestrahlend lädt er alle auf sein geerbtes Landgut in der Bretagne ein. Der miesepetrige Antoine (Lambert Wilson) ahnt gleich, dass das Wetter schlecht sein wird. Das ist aber am Ende noch das kleinste Problem: Wenn gute Freunde zu lange im Wohnzimmer aufeinander hocken, kann es passieren, dass sie sich auf die Nerven gehen. Oder dass unliebsame Enthüllungen purzeln…

Fünf Paare bilden das Ensemble dieser französischen Komödie des Regisseurs Eric Lavaine. Die Männer sind seit 30 Jahren befreundet, haben im Leben Höhen und Tiefen gemeistert. Nun setzt ihnen das Älterwerden zu, was Antoine zur Frage veranlasst, wie viele gesunde Weihnachten ihnen denn noch bevorstünden. Der Reiz dieser Komödie, deren Drehbuch Lavaine zusammen mit Héctor Cabello Reyes verfasst hat, liegt hauptsächlich in den schlagfertigen Dialogen, die das Gruppengeschehen auf leichten Wellen schaukeln lassen. Weit davon entfernt, kritisches Sittenbild zu sein, liefert Happy 50 aber auch keinen billigen Klamauk. Wenn einmal zu dick aufgetragen wird, dann rückt ein ironischer Kommentar das gleich wieder zurecht. 

Mit ihrer unaufgeregten Authentizität – es braucht ja nicht viel, damit man im Kino einem um den Wohnzimmerkamin versammelten Ensemble gerne zuschaut – unterscheidet sich diese Komödie wohltuend von Lavaines voriger, Mamma ante Portas, die im Mai in den deutschen Kinos startet. Die setzt nämlich, als Sequel von Willkommen im Hotel Mama, auf eher dick aufgetragenen Humor, der auf Kosten der Realitätsnähe geht. Lavaine liebt offenbar solche Fortsetzungsfilme, in denen dieselben Charaktere, gespielt von denselben Darstellern, in einer neuen Geschichte ein zweites Mal zusammenkommen. Das probiert er nun auch bei Happy 50 aus. Die meisten Figuren kamen nämlich bereits in Barbecue von 2014 vor. Damals stand Antoine nach einem Herzinfarkt im Mittelpunkt einer mehrtägigen Zusammenkunft der Freunde. Man muss aber Barbecue nicht gesehen haben, um dem Geschehen des Sequels folgen zu können. Jean-Mich (Jérôme Commandeur) lebt nicht mehr wie die anderen in Lyon, sondern hat sich in Costa Rica eine neue Existenz aufgebaut. Nun kehrt er mit einer jungen Frau und mit Kind zur Feier des Tages zurück und handelt sich sofort den Neid von Laurent (Lionel Abelanski) ein. 

Die Probleme, die hier zur Sprache kommen, sind in der Regel gar nicht so gewaltig. Das entspricht durchaus der gutbürgerlichen Realität. Laurent fürchtet, dass Jean-Mich ihm den gruppeninternen Rang abläuft. Baptiste (Franck Dubosc) kommt nicht über die Entdeckung hinweg, dass die Freunde ihn heimlich aus ihrer Tennisgruppe ausgeschlossen haben. Ohnehin ist er schwer gedrückt von der Befürchtung, wegen seines Alters demnächst entlassen zu werden. Antoine nervt derweil alle mit seiner schlechten Laune und der fröhliche Gastgeber Yves langweilt mit seinen stolzen Vorträgen über die keltische Abstammung seiner Familie. Wer regelmäßig französische Filme sieht, wird unter den Schauspielern – vor allem den männlichen – viele bekannte Gesichter erkennen. Ihr souveränes, nie übertriebenes Spiel ist sehr vergnüglich. Lavaine konzentriert sich auf die männlichen Charaktere – die weiblichen Rollen wirken im Vergleich weniger elaboriert, oft sogar aufs Stichwortgeben beschränkt. Bei bloßem Geplänkel aber bleibt es nicht: Antoine – wer sonst – überrascht alle mit seinem Geburtstagsgeschenk, einem von Yves nicht bestellten Test seiner Erbanlagen, der mit der Mär seiner bretonischen Verwurzelung aufräumt. Und das soll noch nicht die letzte Enthüllung sein.

Wenn die malerische bretonische Küstenlandschaft nicht gerade im häufigen Regen versinkt, tafelt die Gesellschaft vor dem Landhaus – französisches Savoir-vivre mit Austern und Langusten. Oder sie besucht ein Trachtenfest mit Tanz. Aber auch die vielen Innenszenen haben ihren Reiz, denn Lavaine fand für den Dreh ein altes, burgähnliches Gemäuer aus Granitsteinen. Liebevoll eingerichtet mit Himmelbetten und Tapeten in laut Yves sehr geschichtsträchtigen Räumen, verfügt das Haus über eine reizvolle Atmosphäre. Wer keine tiefschürfende, sondern schlicht gut gespielte Kinounterhaltung mit fein dosiertem Humor sucht, wird von dieser Komödie nicht enttäuscht sein. 

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/happy-50-2022