Hot Seat (2022)

Heather Duke und Martin Riggs retten Brian Flagg!

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Ohne gänzlich in die Nostalgie- und Verklärungsfalle zu stürzen, lässt sich wohl sagen: Viele Filme der 1980er Jahre bereiten (noch immer) verdammt viel Vergnügen. Zum Beispiel die Science-Fiction-Satire „Der Blob“ (1988) über eine extraterrestrische Glibber-Attacke auf eine konservative US-Kleinstadt. Oder das zutiefst schwarzhumorige Teen-Movie „Heathers“ (1988) über den Wahnsinn der Highschool-Hackordnung. Und nicht zuletzt der Buddy-Cop-Actionfilm „Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis“ (1987) über ein gegensätzliches LAPD-Duo.

Es ist davon auszugehen, dass der 1992 geborene, erstaunlich produktive Genre-Regisseur und -Autor James Cullen Bressack diese Werke sehr gut kennt und ihnen (auch) durch die Besetzung seiner neuen Arbeit Hot Seat lustvoll Reverenz erweist. So vereint er hier Kevin Dillon alias Brian Flagg aus Der Blob, Shannen Doherty alias Heather Duke aus Heathers und Mel Gibson alias Martin Riggs aus Lethal Weapon. Ob ein Comeback von Gibson nach diversen Entgleisungen wirklich wünschenswert ist, sei einmal dahingestellt. Umso erfreulicher ist es indes, Dillon und Doherty wiederzusehen.

Dillon – dessen Bruder Matt etwa dank Rumble Fish (1983) oder The House That Jack Built (2018) noch weitaus bekannter ist – avancierte durch seinen Lederjacken-und-Motorrad-Auftritt zu einem typischen Kino-Rebellen in der Tradition von Marlon Brando, feierte später Erfolge mit der HBO-Serie Entourage (2004-2011) und ist seit einiger Zeit im Kosmos der schnell und wohlfeil produzierten B-Pictures angekommen, zu denen gewiss auch Hot Seat gehört.

Bressack und Doherty verbindet wiederum eine langjährige Arbeitsbeziehung und Freundschaft – und das ist womöglich die schönste Geschichte um diesen Film herum. Durch die Teenagerserie Beverly Hills, 90210, in der sie zwischen 1990 und 1994 die anfangs 16-jährige Schülerin Brenda Walsh verkörperte, zählte Doherty zu den größten Jugendidolen der frühen 1990er Jahre. Von den Medien wurde damals unermüdlich ein Bad-Girl-Image der jungen Schauspielerin gezeichnet. Seit ihrer Brustkrebserkrankung, die sie 2015 bekannt gab und die sie bis heute sehr offen und selbstbestimmt auf ihrem Instagram-Account thematisiert, steht Doherty nur noch sporadisch vor der Kamera – und davon einige Male unter Bressacks Regie. Sie kämpfte für ihn schon energisch gegen eine aggressive Neunaugen-Population (in Blood Lake – Killerfische greifen an), verkörperte eine tyrannische Grusel-Mutter (in Bethany) und eine robuste Sicherheitschefin neben Bruce Willis (in Fortress). Stets scheint sie dabei großen Spaß zu haben – und dieser ist ihr auch in Hot Seat deutlich anzusehen. Als permanent kaugummikauende Polizistin Pam Connelly leitet sie einen Einsatz, in dem es um Cyber-Kriminalität, Bombenanschläge und -drohungen geht.

Im Zentrum steht der Ex-Hacker Orlando Friar (Dillon), der inzwischen als IT-Experte tätig ist und an seinem Arbeitsplatz einen anonymen Anruf erhält: „Ganz egal, was passiert, bleib sitzen!“ Wie sich bald herausstellt, ist unter Friars Bürostuhl eine Bombe befestigt. Friar wird dazu gezwungen, einen Cyber-Raub zu begehen und sich zu einem kürzlich verübten Terroranschlag zu bekennen. Neben Connelly wird der Bombentechniker Wallace Reed (Gibson) hinzugezogen.

Als Actionthriller bleibt Hot Seat ein durch und durch generisch erzählter Genre-Beitrag (samt soapigem Familienkonflikt des Protagonisten), dem sein niedriges Budget anzumerken ist. Über weite Strecken ließe sich der Film als „Speed ohne Geschwindigkeit“ beschreiben. Sobald jedoch Doherty mit grimmigem Blick die Lage sondiert oder eine schroffe Bemerkung fallen lässt, macht das Ganze durchaus Laune. „When making a movie I’m always like ‘Every movie always needs Shannen Doherty‘“, hat Bressack im August 2021 auf Twitter geschrieben. Da stimmen wir voll und ganz zu!

Quelle: www.kino-zeit.de/film-kritiken-trailer-streaming/hot-seat-2022